Tiffany Duo Band 128
„Den Text konnte ich nicht verstehen. Aber die Melodie ist sehr hübsch."
„Danke."
„Stammen sowohl der Text als auch die Noten von Ihnen? Ich dachte, dafür wären zwei unterschiedliche Fachleute zuständig."
„Ja, das ist meistens der Fall. Ich habe immer beides übernommen.". Lissas Züge wurden so weich, dass Evan der Atem stockte.
„Die McNabbs schenkten mir ein Akkordeon, als ich noch ein Kind war. Die Jahre, die ich darauf spielte und meine eigenen Verse dazu sang, gehören zu den schönsten Erinnerungen meines Lebens. Später wechselte ich zur Gitarre und zum Keyboard. Aber tief im Herzen hänge ich immer noch an der alten Ziehharmonika."
Evans Bedürfnis, Lissa zu helfen, wurde immer stärker. „Sie haben mehrere Male die McNabbs erwähnt. Mir scheint, es sind sehr nette Menschen."
„Das stimmt. Sie zogen mich auf, seit ich vier Jahre alt war."
„Was war mit Ihren Eltern?"
„Meine Mutter starb bei einem Autounfall. Und mein Vater ..." Sie zuckte achtlos die Schultern. „Er verschwand ein Jahr später."
Lächelnd beschrieb Lissa das Ehepaar, bei dem sie aufgewachsen war, „Die McNabbs gaben mir all die Liebe, die jedes Kind braucht. Sie brachten mir bei, welche Freude man aus dem Glauben und der Musik ziehen kann. Ich blieb bei ihnen, bis ich sechzehn war."
Bis Jonah „Doc" Dawes auftauchte.
Sharons Bericht über den Mann, der sich Missy Maries Karriere angenommen hatte, war kurz und präzise. Der Manager hatte sich eine goldene Nase mit der vertrauensseligen jungen Sängerin verdient und unglaubliche fünfzig Prozent ihrer Gagen als Provision eingestrichen. Außerdem hatte er sie derart in Flitter gekleidet, dass es für eine Tanzgruppe am Broadway gereicht hätte. Nach Ansicht der unvermeidlichen Klatschreporter aus Hollywood war Doc am Ende weit mehr als ihr Geschäftspartner gewesen.
Evan wurde es ganz elend bei diesem Gedanken. Kein Wunder, dass Lissa ihren Argwohn wie einen Schutzschild vor sich her trug. Erst hatte ihr Vater sie verlassen. Anschließend war der schleimige Dawes in ihr Leben getreten und hatte sie verführt.
Und jetzt ...
Jetzt war ein geschickter stellvertretender Bezirksstaatsanwalt in Paradise gelandet und versuchte, ihr genau dasselbe anzutun.
Evan stand entschlossen auf. „Hören Sie, ich habe noch etwas Zeit, bis Charlie mein Motorrad fertig hat. Ich werde mir seinen Transporter ausleihen, nach LaGrange fahren und dort ein bisschen herumschnüffeln. Vielleicht finde ich ja heraus, was Sie gestern in Angst und Schrecken versetzt hat."
„Das ist nicht nötig!" fuhr Lissa auf.
„Ich weiß. Aber ich möchte es trotzdem gern tun. In ein paar Stunden bin ich zurück."
„Müssen Sie nicht nach Hause?" fragte sie steif.
Lächelnd dachte Evan an die Aufforderungen seines Chefs, seiner Sekretärin und der zunehmend ungeduldigen Carrie Northcutt.
„Ich werde erst am späten Nachmittag wieder nach San Diego zurückfahren."
7
Evan war schon den halben Hügel hinab, als Lissas gesunder Menschenverstand wieder einsetzte. Das Letzte, was sie gebrauchen konnte, war ein stellvertretender Bezirksstaatsanwalt, der in LaGrange Fragen über sie stellte und die Neugier der Leute weckte.
Entschlossen riss sie die Wagentür auf und eilte ihm nach.
„Warten Sie, Evan!"
Er blickte sich erstaunt um. Kurz darauf hatte Lissa ihn eingeholt.
„Sie sind fremd in dieser Gegend und werden mehr Fragen als Antworten erhalten."
Um seine Mundwinkel zuckte es. „Ich habe einige Erfahrung darin, Menschen Informationen zu entlocken, ohne dass es ihnen besonders auffällt."
„Wenn Sie meinen ..."sagte sie zweifelnd. „lch weiß es sehr zu schätzen, dass Sie mir helfen möchten. Aber..."
„Kommen Sie einfach mit."
„Wie bitte?"
„Fahren Sie mit nach LaGrange. Dann können Sie mir die Stadt zeigen, und ich kann die Reaktion der Leute beobachten, während wir unsere Fragen stellen."
Die Vorstellung, noch mehr Zeit mit Evan zu verbringen, gefiel ihr nicht. Energisch schüttelte Lissa den Kopf.
„Lassen Sie den Plan einfach fallen. Sie haben bestimmt Wichtigeres zu tun, als an einem Sonnabendmorgen durch eine heiße, staubige Stadt zu schlendern."
„Im Moment fällt mir nichts ein", antwortete er fröhlich. „Wir können ebenso gut Ihren Pick-up nehmen. Holen Sie Ihre Schlüssel und Ihre Sonnenbrille. Dann machen wir uns auf den Weg."
Wie schafft der Kerl das bloß? überlegte Lissa zwei Stunden später. Wie, zum Teufel, gelingt es Evan, auf völlig fremde
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