Tiffany Duo Band 128
eigene Begegnung mit dem Gesetz zu viele Narben hinter lassen hatte, war sie nicht bereit, über die Vor- und Nachteile solch eines harten Standpunkts mit Evan zu reden. Noch weniger gefiel ihr, dass er vorschlug, zu der Billardhalle zu fahren und nachzusehen, ob der stellvertretende Sheriff noch dort war. Sie bedauerte längst, ihn in ihre Probleme hineingezogen zu haben, und schüttelte den Kopf. „Wir verschwenden nur unsere Zeit. Ich möchte nach Paradise zurück."
„Ich glaube, ein Gespräch mit dem Mann könnte sich lohnen."
„Trotzdem würde ich lieber darauf verzichten.” Der Sheriff könnte sie erkennen und sich fragen, was eine Frau aus dem kleinen, verschlafenen Paradise mit einem stellvertretenden U.S.-Bezirksstaatsanwalt zu tun hatte. Evan würde sich zwar nicht als solcher vorstellen. Doch sie fürchtete, dass die Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden sich wie Musiker oder Sänger automatisch erkannten.
„Geben Sie mir fünfzehn Minuten, um mit dem Sheriff zu reden. Dann fahren wir zurück."
Lissa blies die Luft so heftig aus, dass ihre Ponyfransen hochflogen. „Meinetwegen, fünfzehn Minuten. Ich hole inzwischen meine Post ab und tanke den Wagen auf."
Evan hütete sich, ihr Geld für das Benzin anzubieten. Er setzte seine Sonnenbrille wieder auf und sah zu, wie sie zu ihrem verrosteten weißen Pick-up ging. Die heiße Luft flimmerte über dem Asphalt und hüllte sie in schillernde Wellen. In ihrem mintgrünen ärmellosen Top und dem dünnen Rock wirkte sie trotz der sengenden Sonne kühl und gepflegt.
Lissa ging ihm immer stärker unter die Haut. Je mehr Zeit er in ihrer Gesellschaft verbrachte, desto weniger konnte er sich von ihr trennen. Er zerbrach sich den Kopf, wie er den Ausflug nach LaGrange verlängern könnte, und ging zur Billardhalle hinüber.
Der stellvertretende Sheriff saß lässig auf einem Barhocker und hatte die Ellbogen auf die vom Alter geschwärzte Kieferntheke gestützt. Sein kräftiger Bauch ließ darauf schließen, dass er den Mahlzeiten regelmäßig zu stark zusprach. Da er jedoch ein Glas Eistee in der Hand hielt und kein Bier, war er Evan sofort sympathisch. „Art Ortega" stand auf seinem Namensschild.
Evan bestellte dasselbe Getränk wie der Sheriff, kletterte ebenfalls auf einen Hocker und betrachtete den Raum. Billardkugeln schlugen auf den mit Filz bezogenen Tischen aneinander. Rauchkringel stiegen von Zigaretten auf. Im Fernseher auf einem hohen Regal in der Ecke lief ein Stockcar-Rennen.
Es war ein Raum mit der gleichen Einrichtung und den gleichen Gerüchen wie in jener Billardhalle, in der die Henderson-Brüder manchen Wettstreit mit den Ranchgehilfen ausgetragen hatten. Evan fühlte sich hier auf Anhieb wohl. Obwohl die Uhr weitertickte, blieb er ruhig sitzen und wartete.
„Ich glaube, ich habe Sie noch nie in LaGrange gesehen", sagte der Sheriff endlich.
„Ich bin gestern hier durchgefahren und bekam zehn Kilometer weiter südlich Probleme mit meinem Motorrad." Evan trank einen großen Schluck Tee. „Deshalb schlage ich mir die Zeit tot, bis meine Harley repariert ist."
„Wer kümmert sich um Ihre Maschine?"
„Charlie Haines in Paradise."
„Charlie ist ein guter Mann. Wenn er sagt, dass er Ihr Motorrad reparieren kann, schafft er es auch." Der Sheriff sah ihn neugierig an. „Wie sind Sie nach LaGrange gekommen, wenn Ihre Harley in Paradise steht?"
„Ich bin mit Lissa James gefahren."
Das Interesse in Ortegas dunklen Augen verstärkte sich. „Ist das nicht die hübsche Blondine, die manchmal Orgel in der evangelischen Kirche spielt, wenn Avis Thornton es wegen seiner Arthritis nicht kann?"
„Ja, das ist sie", antwortete Evan leichthin.
Aus der zwanglosen Unterhaltung, die nun folgte, schloss er, dass der Sheriff „die hübsche Blondine" bisher nicht mit Missy Marie in Verbindung gebracht hatte. Wenn nicht einmal Art Ortega, Jill Jefferson oder der Pfarrer der evangelischen Kirche Verdacht geschöpft hatten, war ziemlich sicher, dass die anderen Einwohner von LaGrange ebenfalls keine Ahnung hatten.
Beruhigt und gleichzeitig ein wenig enttäuscht, weil er die Quelle von Lissas Unbehagen nicht aufspüren konnte, verließ Evan die Billardhalle einige Minuten später. Mit einem raschen Blick die Straße entlang stellte er fest, dass der Pick-up an der Tankstelle vor dem Gemischtwarenladen stand. Lissa mühte sich mit gerötetem Gesicht mit dem Stutzen ab. Ein grauhaariger Angestellter kam in dem Moment heraus, als Evan den
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