Tiffany exklusiv Band 0018
nicht antwortete, wandte er sich ihr zu. „Was gibt es?“
Sie konnte ihre Neugierde nicht länger bezähmen. „Ich habe gerade überlegt, ob du meine Frage beantworten wirst.“
„Welche Frage.“ Jake blickte wieder zu den Sternen hinauf.
Er wusste sehr gut, was sie meinte. Trotzdem wiederholte sie: „Hat deine Tante dich großgezogen?“
Vier Wellen liefen zu ihren Füßen aus, bevor Jake seufzte. „Willst du das wirklich alles hören?“
„Aber sicher.“ Es überraschte sie, wie gern sie mehr über diesen Mann herausfinden wollte.
„Die Anfangsjahre überspringe ich. Die waren völlig durchschnittlich. Schule, aufgeschlagene Knie, Pfadfinder. Meine Eltern waren miteinander glücklich. Ich habe nie sonderlich darauf geachtet und dachte, das würde immer so weitergehen. Sie arbeiteten viel gemeinsam in der Bar. Manchmal habe ich sie begleitet, die Serviettenhalter gefüllt oder mit Mixstäbchen gespielt.“
Er sah sie prüfend an, ob sie sich langweilte.
„Dann wurde Dad eingezogen und nach Vietnam geschickt. Er schien ewig wegzubleiben. Ich habe Mom so oft gefragt, wie lange es noch bis zu seiner Rückkehr dauert, bis sie mir endlich einen eigenen Kalender gab. Darauf musste ich das Ende seiner Dienstzeit einzeichnen und dann rückwärts zählen. Ich strich jeden Tag durch, der verging.“
Er setze sich auf und schlang die Arme um die Knie. Catherine rührte sich nicht.
„Es waren noch achtundzwanzig Tage übrig, als Mom sagte, ich sollte noch einmal sechs Monate hinzufügen … und vielleicht sogar mehr. Sie fand nicht den Mut, mir den Grund zu nennen. Damals arbeitete sie ständig … sagte sie zumindest“, fügte er zynisch hinzu. „Tante Helen hat mir schließlich die Wahrheit eröffnet.“
Catherine setzte sich langsam auf und legte ihm zögernd die Hand auf den Rücken. Als er sie nicht abschüttelte, streichelte sie über seine warme Haut und drückte die Wange an seinen verkrampften Arm.
„Er kam erst nach fast einem Jahr nach Hause.“ Seine Stimme brach. Er wandte das Gesicht ab. „Acht Monate später war meine Mutter fort. Sie hinterließ nicht einmal eine Nachricht und verabschiedete sich auch nicht. Sie ging einfach weg.“ Er saß völlig still da und starrte auf das Meer hinaus.
Catherine brachte kein Wort hervor, obwohl sie etwas sagen wollte, um seinen Schmerz zu mildern. Die Narben waren offenbar so tief, dass sie vielleicht nie heilten.
Endlich wandte er sich ihr zu und betrachtete lange ihr Gesicht. „Und so lebte ich fortan bei meiner Tante.“
„Und dein Vater?“, fragte sie zögernd.
Endlich lächelte er wieder. „Er ist sagenhaft. Nach allem, was er durchgemacht hat, ist er tatsächlich glücklich.“
Sie vergaß ihren Entschluss, Jake nach der Rückkehr nicht wiederzusehen. „Ich würde ihn gern einmal kennenlernen.“
Er drückte ihre Hand. „Das hast du bereits.“
8. KAPITEL
„Sarge ist dein Vater?“ Catherine dachte an den Mann im Rollstuhl, den sie im Alley Cat kennengelernt hatte.
„Genau.“ Jake ließ sich zurücksinken und blickte in den Himmel.
Catherine rollte sich neben ihm auf den Bauch.
„Ich wünschte, ich hätte ihn in dem Jahr besuchen können, das er im Krankenhaus verbracht hat“, sagte Jake. „Aber er war in Kalifornien, und ich war auf der Schule in Michigan. Nachdem Tante Helen mir das von seinen … seinen Beinen erzählt hat, zeichnete ich lustige Cartoons für ihn. Sobald er mir antworten konnte, schrieb er, dass die Bilder an den Wänden neben seinem Bett hingen und ihm sehr halfen.“
Catherine fühlte eine Träne über ihre Wange rollen, wischte sie jedoch nicht weg, um die Stimmung nicht zu zerstören. Sie war sicher, dass Jake noch nie über diese Dinge gesprochen hatte.
„Er war sehr still, als er heimkam, saß nur in seinem Rollstuhl und starrte ins Leere. Manchmal ertappte ich ihn dabei, wie er meine Mutter traurig und nachdenklich betrachtete. Rückblickend vermute ich, dass er wahrscheinlich schon lange vorher wusste, dass sie ihn verlassen würde. Sie war eine sehr schöne Frau …“ Er presste die Lippen kurz aufeinander. „Sie verlangte viel und hatte nur wenig zu geben.“
Durch diesen einen Satz erfuhr Catherine mehr über Jake Alley als in der ganzen Woche. Sie rutschte näher, drückte die Wange an seine Schulter und legte einen Arm über seine Brust, die sich unter seinen Atemzügen hob und senkte. Eine Welle schlug an den Strand, und der warme Schaum glitt bis zu ihren Knien hoch und wieder
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