Tiffany Exklusiv Band 06
gewesen, fremde Männer anzustarren. Ihre Hormone waren wieder vollkommen unter Kontrolle.
„Ich nehme alles zurück, was ich gestern Abend über Rob gesagt habe. Er ist anscheinend doch kein Langweiler, sondern ein Schläfer.“
„Ein Schläfer?“, wiederholte Georgia.
„Du weißt schon, jemand, der vorher ganz unauffällig ist und plötzlich und unerwartet zum Leben erwacht.“ Toni wackelte mit den Brauen.
„Aha.“
„Wann wirst du wieder von ihm hören?“
„Ich habe ihm gesagt, dass er mich heute anrufen soll.“
Toni schlürfte ihren Kaffee und meinte: „Hoffen wir, dass ihn das Tageslicht nicht in einen Spießer zurückverwandelt.“
Georgias Lächeln erstarb. „Was soll das heißen?“
Toni rümpfte die Nase und machte ein unschuldiges Gesicht. „Nichts weiter.“
„Von wegen. Was meinst du damit?“
Toni seufzte. „Ich rede von Reue. Ich habe mich gefragt, ob es mit dem Telefonsex wie mit dem richtigen Sex ist. Einer von drei Männern bereut am nächsten Morgen, was er getan hat.“
Zweifel trübten Georgias gute Laune. „Du meinst, er hat es letzte Nacht genossen, aber heute Morgen respektiert er mich nicht mehr?“
Toni warf ihren halb leeren Becher in den Mülleimer und rieb sich die Hände zum Zeichen dafür, dass die Sache für sie erledigt war. „Vergiss, dass ich etwas gesagt habe.“
Georgias Miene verfinsterte sich. „Ich werde es versuchen.“
Toni wechselte das Thema. „Wann hast du Feierabend?“
„Ich gehe um drei.“
„Mach dir keine Sorgen. Er wird dich schon anrufen.“
Georgia verdrängte ihre nagenden Zweifel und stürzte sich in das Chaos dieses Nachmittags. Jede Schwester in einer Notaufnahme erlebte gelegentlich einen Tag, an dem sie ihre Entscheidung, Krankenschwester zu werden, infrage stellte. Und ein solcher Tag war heute für Georgia. Als Teenager hatte sie davon geträumt, Kranke zu heilen – ihre Wunden und damit auch ihre Seelen. Aber solche Vorstellungen erschienen ihr heute lächerlich angesichts der Magen-Darm-Grippen, Lebensmittelvergiftungen, Stichwunden und weiterer, noch weniger appetitlicher Leiden. Heute gab es keine dramatischen Lebensrettungsaktionen. Sie gab der Hitze die Schuld an der gestiegenen Gereiztheit. Jeder Patient schien ihre Geduld heute auf die Probe zu stellen, meckerte über die Wartezeit oder kritisierte die Behandlung. Im Lauf ihrer Schicht wurde Georgias Angst größer. Und je größer ihre Angst wurde, desto mehr schwand ihr Selbstbewusstsein. Und je geringer ihr Selbstbewusstsein wurde, desto verunsicherter wurde sie wegen ihres Vorstoßes in die Welt der sexuell Anspruchsvollen.
Was, wenn Toni recht hatte und Rob von ihrer Dreistigkeit irritiert war? Wie sollte sie ihm dann jemals wieder gegenübertreten? Sie hatte etwas mehr Schwung in ihre Beziehung bringen wollen. Aber vielleicht war es für ihn zu viel gewesen? Da seine Beratertätigkeit mit Reisen verbunden war und sie selbst in wechselnden Schichten arbeitete, telefonierten sie tagsüber fast nie miteinander. Doch sobald sie die Stechuhr betätigt hatte, würde sie eine Ausnahme machen und ihn anrufen, um seine Reaktion zu testen.
„Du pfeifst? Das muss ja eine tolle Nacht gewesen sein.“
Ken wickelte das Papier von seinem Hamburger auf den Knien ab, da jeder Quadratzentimeter seines Schreibtisches mit Papieren bedeckt war, und sah zu seinem Partner auf. „Vergiss deine schmutzigen Gedanken, Owen. Ich habe gut geschlafen, das ist alles. Ich wusste schon gar nicht mehr, wie das ist.“
Der ältere Mann grinste und fuhr mit vollem Mund fort: „Was, keine heiße Nummer, die dich die ganze Nacht wach gehalten hat?“
Eine falsche heiße Nummer, dachte Ken. „Mann, du stellst zu viele Fragen.“
„Die typische Berufskrankheit eines Polizisten“, erwiderte Owen unbeeindruckt. „Seit Wochen beklagst du dich über deine Schlaflosigkeit, aber ich glaube, du hast dir die Nächte einfach mit Frauen und Partys um die Ohren geschlagen.“
„Mein Leben ist nicht halb so aufregend, wie du die Leute glauben machst.“
„Na ja, dann hattest du wahrscheinlich einen Nebenjob nachts.“
„Owen, ich hatte keinen Nebenjob.“ Es sei denn, er würde für das Lösen von Kreuzworträtseln in den frühen Morgenstunden bezahlt werden.
„Falls du nämlich mehr Geld brauchst, um deinen Lebensstil zu finanzieren: die Unternehmen in der Stadt suchen händeringend Cops, die nach Feierabend den Verkehr regeln. Wenn du mich fragst, sollte die Stadt ein paar Ampeln
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