Tiffany Exklusiv Band 06
den Fall dem Pflichtverteidiger zu überlassen. In diesem Fall wäre Eddie wohl tatsächlich nicht um ein paar Tage Gefängnis herumgekommen. Das konnte sie unter keinen Umständen zulassen.
„Nein, so schlimm wird es nicht werden.“ Ihre Stimme klang ganz fest. „Möglicherweise verurteilt der Richter Sie zu einer Bewährungsstrafe oder gemeinnütziger Arbeit, aber auch nur, wenn es überhaupt zu einer Anklageerhebung kommt.“
„Was geschieht heute?“, fragte Morgan.
„Heute ist nur die erste Anhörung“, erklärte sie kurz und wandte sich dann wieder Eddie zu. „Der Richter wird Sie fragen, worauf Sie plädieren, und dann werden Sie ‚nicht schuldig‘ antworten.“
Eddie traute sich nicht, sie direkt anzusehen, und starrte stattdessen auf seine blank polierten Schuhe. „Aber ich hab’ es doch getan“, flüsterte er so leise, dass sie ihn kaum verstehen konnte.
„Das geht schon in Ordnung, aber ich möchte, dass Sie das niemandem außer mir erzählen.“ Sie wartete, bis Eddie nickte, und fuhr dann fort: „Ich möchte, dass Sie auf ‚nicht schuldig‘ plädieren, damit ich Zeit bekomme, eine Verteidigung für Sie aufzubauen. Damit kann ich den Staatsanwalt dazu bewegen, den Fall ganz fallen zu lassen oder die Anklage zumindest abzuschwächen.“
„Verteidigung?“, wiederholte Morgan ungläubig und fuhr sich mit einer Hand durch das pechschwarze Haar. „Meinen Sie, dass das nötig sein wird?“
„Möglich ist alles. Genaueres kann ich Ihnen erst sagen, wenn ich mit Eddie darüber gesprochen habe, was an diesem Abend tatsächlich vorgefallen ist.“ Sie legte beruhigend ihre Hand auf Morgans Unterarm und versuchte, nicht auf die elektrische Spannung zu achten, die diese Berührung verursachte. „Es war schon sehr hilfreich, dass Sie den Schaden bezahlt haben. Das nimmt der Anklage die Spitze, und ich werde das Gericht hoffentlich dazu bringen, die anderen Anklagepunkte fallen zu lassen.“
„Können Sie das wirklich für mich tun?“ Man konnte die neu erwachte Hoffnung in Eddies Stimme hören.
„Das wird sich zeigen. Aber wir müssen uns noch über diesen Abend unterhalten. Wo könnten wir nachher ungestört reden?“
„In meinem Büro“, schlug Morgan vor. „Heute am späten Nachmittag.“
Jill schüttelte den Kopf. „Das geht nicht. Da muss …“
„Entschuldige uns bitte für eine Minute, Eddie.“ Morgan nahm sie am Arm und zog sie beiseite.
„Vertreten Sie meinen Angestellten nun oder nicht?“
Der herrische Klang seiner Stimme war neu für Jill. „Ja, sicher. Aber das bedeutet nicht, dass Sie …“
„Ich würde es begrüßen, wenn Sie sich mit ihm in meinem Büro treffen würden.“ Seine plötzliche Entschlossenheit überraschte sie nicht. Sie gehörte genauso zu seinem Wesen wie seine starke sexuelle Anziehungskraft.
„Aber ich kann nicht einsehen …“
„Ich brauche ihn unbedingt für die Arbeit. Heute noch, Jill. Er wird heute Nachmittag um 16.30 Uhr in meinem Büro sein. Reden Sie da mit ihm, und der ganze Spuk wird dann hoffentlich in ein paar Tagen vorüber sein.“
„Das ist nicht so einfach, wie Sie annehmen“, entgegnete sie. Nick hatte ihr unmissverständlich klar gemacht, dass ihre eigentliche Arbeit nicht unter diesem Fall leiden durfte.
„Sie sagten …“
„Ich weiß, was ich gesagt habe.“ Sie sprach jetzt bewusst etwas leiser. „Eddie hat große Angst, und ich versuche nur, ihn zu beruhigen.“ Sie lächelte ihrem Schützling zu. „Es hängt alles davon ab, wer die Vorverhandlung leitet. Wenn wir es mit einem alten Hasen zu tun haben, dann können wir uns vielleicht darauf verständigen, die Anklage wegen Geringfügigkeit niederzuschlagen. Aber wenn das ein junger, unerfahrener Typ ist, der sich hier seine Lorbeeren verdienen will …“
Verdammt, dachte Morgan stirnrunzelnd. Er war eigentlich davon ausgegangen, dass die Sache mit dem heutigen Tage ausgestanden sein würde, aber wenn Jill recht hatte, konnte sich das alles noch hinziehen.
„Es gibt Schlimmeres.“ Jill ließ ihn stehen und ging zu Eddie zurück. Morgan sah ihr nach und betrachtete angeregt ihren schwingenden Gang. Leider trug sie heute schwarze Pumps, die vorn geschlossen waren.
Sie sagte etwas zu Eddie, sah auf ihre Uhr, drehte sich noch einmal kurz zu ihm um und ging in den Gerichtssaal.
Morgan folgte den beiden und fand noch einen freien Platz direkt hinter Jill und Eddie. Sie hatte ihr Haar wieder zu einer höchst komplizierten Frisur aufgesteckt, sodass er
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