Tiffany Extra Band 01
darauf sah er die Lichter des Learjets, der Richtung Osten startete. Chloe war auf dem Weg nach New York, und er und Tess hatten kein Transportmittel mehr. Sie saßen auf der Insel fest, zumindest für diese Nacht.
Fassungslos starrte Tess auf die SMS, die sie beim Einschalten des Handys empfangen hatte. Las sie noch einmal, weil sie es nicht glauben konnte.
Jeffrey Beale gab auf der Party heute Abend seine Verlobung mit Denise Simpson-Graves bekannt. Ruf mich so bald wie möglich an.
Die Nachricht hatte Alison ihr vor gut einer Stunde geschickt. Jeffrey war verlobt? Mit einer Frau, von der sie noch nie gehört hatte? Wie konnte das sein? Wahrscheinlich war der Inhalt der SMS durch die Entfernung verstümmelt. Sie schüttelte das Handy. Aber da stand es immer noch schwarz auf weiß: Jeffrey hatte sich mit einer anderen verlobt.
Die Gefühle, die in ihr tobten, waren eine Mischung aus Schock und Wut. War das die Ankündigung, von der er gesprochen hatte? Wie konnte sie nur so dumm gewesen sein? Wie war sie bloß auf die Idee gekommen, sie bekäme den Verlobungsring?
Sicher, niemand wusste von ihrer Beziehung zu Jeffrey. Aber sie hätte niemals gedacht, dass er wegen einer anderen Frau daraus so ein Geheimnis machte. Plötzlich fügten sich die kleinen Puzzleteilchen für Tess zusammen. Wahrscheinlich hatte er gar nicht gewusst, dass sie zu der Party eingeladen war. Wahrscheinlich hatte sie die Einladung von den Eltern bekommen. Nicht Jeffrey hatte sie als seine angehende Verlobte eingeladen, sondern seine Eltern – als Managerin der Ranch.
Sie holte tief Luft und simste nur ein Wort zurück: „Danke“. Hoffentlich empfing Alison die Nachricht sofort.
Tatsächlich, kurz darauf vibrierte das Handy, zeigte eine SMS an: „Bist du ok?“
„Mir geht’s gut“, textete Tess und fügte noch ein Smiley hinzu. „Mir geht’s gut“, wiederholte sie in Gedanken. War es denn nicht das, was sie wollte? Vor ein paar Minuten hatte sie sich verpflichtet gefühlt, sofort heimzukehren. Und davor hatte dieser Lügner und Betrüger Jeffrey Beale sie bewahrt. Zum Glück! Sie mochte sich gar nicht vorstellen, wie ungeheuer demütigend es gewesen wäre, wenn sie tatsächlich auf die Party gegangen wäre.
„Ist alles in Ordnung?“
Bei Dereks Worten fuhr sie herum. „Ja, alles bestens!“ Ihre Stimme zitterte leicht. „Aber trotzdem könnte ich noch einen Punsch vertragen. Oder sechs oder sieben.“
„Ich dachte, ich sollte dich nach Hause bringen.“
Langsam ging sie auf ihn zu, den Blick fest auf ihn gerichtet. Als sie vor ihm stand, schlang sie ihm die Arme um den Nacken und küsste ihn – lange und intensiv. Kein Grund mehr für scheue Zurückhaltung. Endlich konnte sie alle Hemmungen über Bord werfen und den Kurztrip genießen.
Jetzt wusste sie, warum sie mit Derek und nicht zu der Party gegangen war. Tief in ihrem Herzen hatte sie schon in diesem Moment an Jeffrey und seinen Motiven gezweifelt. Ganz unbewusst war sie ihrem Instinkt gefolgt – Gott sei Dank!
„Wir sind doch gerade erst angekommen. Warum sollte ich schon wieder gehen wollen?“ Scheinbar achtlos warf sie ihr Handy auf die Liege, setzte sich und nahm Derek den Punsch aus der Hand. „Ich bin in Feierlaune!“
„Trink nicht zu schnell, sonst steigt er dir zu Kopf“, warnte er.
„Genau das hoffe ich!“, sagte sie mit einem Seufzer. Sekundenlang musterte sie Derek. „Du bist wirklich ein toller Mann“, murmelte sie und starrte wie gebannt auf seinen schön geschwungenen Mund.
„Danke“, entgegnete er grinsend. „Und du bist eine tolle Frau!“
Ein leichtes Schwindelgefühl überkam sie, sie lehnte sich an ihn und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Glaubst du, ich bin hübscher als Denise Simpson-Graves?“
„Ich kenne Denise Simpson-Graves nicht.“
„Ich auch nicht.“
„Aber meine Antwort lautet Ja.“
Mit den Fingerspitzen fuhr sie zärtlich über seine Unterlippe. „Vielleicht solltest du mich noch einmal küssen?“ Wenn es um ihre eigenen Bedürfnisse ging, war sie Männern gegenüber nie besonders mutig gewesen. Aber an diesem Ort, fernab der realen Welt, konnte sie das ganz gewöhnliche Mädchen, das sie war, ausblenden. Hier und jetzt war sie eine aufregende Frau, der es mühelos gelang, einen Mann wie Derek zu verführen.
Vielleicht war es die laue Meeresbrise. Oder das Mondlicht, das auf dem Wasser glitzerte. Vielleicht war es der Adrenalinstoß, den diese unglaubliche Demütigung ausgelöst hatte. Egal
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