Tiffany Extra Band 2 (German Edition)
ging zu meiden, während sie geschäftlich in einer neuen Branche allmählich Fuß fasste.
Mit etwas Glück würde es eine Weile dauern, bis der Skandal von damals mit ihr in Verbindung gebracht werden würde. Bis dahin hatte sich ihre Karriere hoffentlich so gut entwickelt, dass sie das unvermeidlich folgende Mediengewitter einigermaßen unbeschadet überstehen konnte.
Vor ihr lag noch ein weiter Weg. Aber vor allem musste sie endlich dieses Boot finden.
„Das muss es sein“, murmelte sie, als sie sah, dass auf einem der beiden Segler Licht brannte. Sicherlich wartete Chase schon auf sie. Doch bevor sie an Bord ging, wählte sie die Nummer ihrer Assistentin.
„Josie, bitte sag mir, dass du heil angekommen bist!“ Marlena machte sich gar nicht erst die Mühe, sich mit Namen zu melden.
„Ja, das bin ich. Und du solltest um diese Uhrzeit eigentlich nicht mehr arbeiten.“ Insgeheim war Josie allerdings froh, Marlenas Stimme zu hören. Es war eine große Hilfe, jemanden zu haben, der sie vom Büro aus unterstützte, wenn sie unterwegs war.
„Das musst du gerade sagen. Hast du überhaupt schon mal in deinem Leben Urlaub gemacht?“
Josie grinste. Das Bild der hart arbeitenden Frau gefiel ihr wesentlich besser als die Einstellung ihrer Eltern, mit der sie aufgewachsen war: dass man nur etwas wert war, wenn man nicht arbeitete.
„Du hast ja recht. Eine kleine Auszeit würde mir guttun. Vielleicht im nächsten Jahr.“
Während Josie sprach, machte sie einen Schritt an Bord der eleganten Jacht. Den Blick fest auf den rutschigen Holzboden gerichtet, lief sie vorsichtig in Richtung Niedergang, wie die Treppe, die unter Deck führt, im Segeljargon genannt wird. Sie fröstelte noch immer von dem kühlen Wind, der vom Meer her wehte. Sicher war es unter Deck wärmer.
„Ich schicke dir eine SMS, wenn ich hier fertig bin. Dann sprechen wir morgen früh, okay?“
„So machen wir’s. Viel Glück!“
Josie legte auf und nahm ihr Handy, um sich damit den Weg zum Kontrollcenter der Jacht zu leuchten, wo sich neben der Treppe auch ein Funkgerät und etliche Bildschirme befanden.
Behutsam stieg sie die engen Stufen hinunter. Eine schwache Glühbirne brannte über der Arbeitsplatte in der Kombüse und tauchte die gesamte Kajüte in ein dämmriges Licht.
Die Einrichtung war überraschend schlicht. Funktional vermutlich. Doch die Atmosphäre gefiel ihr. So viel Understatement hätte sie Mr Großmaul gar nicht zugetraut. Nun ja, wahrscheinlich hatte er sie engagiert, um alles mit teuren Seidenstoffen und Mahagoni auszustatten.
Josie ließ ihre Tasche mit den Stoffmusterproben und den Bildbänden, die sie zur Inspiration mitgebracht hatte, auf einen kleinen Tisch fallen, neben dem sich rechts und links zwei schmale Holzbänke befanden. Genau in dem Augenblick, als sie sich setzen wollte, schlug eine Welle besonders hart gegen das Boot. Sie taumelte vorwärts. Schlagartig wurde ihr übel.
Verdammt. Vielleicht sollte sie doch eine der Tabletten gegen Seekrankheit nehmen, die sie vorsorglich eingepackt hatte.
Im Alter von sieben Jahren war ihr auf einer Bootsfahrt mit ihren Eltern nach Catalina, einer kleinen Insel vor der Küste Kaliforniens, so schlecht geworden, dass sie die ganze Zeit über gefleht hatte, es möge bald vorüber sein. Seitdem hatte sie sich nicht mehr an Bord eines Schiffes gewagt.
Das Medikament würde sie zwar noch müder machen, als sie ohnehin schon war, aber das war immer noch besser, als in der Gegenwart von Chase seekrank zu werden.
Entschlossen schluckte Josie zwei Tabletten und holte ihre Unterlagen aus der Tasche. Vielleicht kamen ihr beim Betrachten der Stoffmuster und Bilder ein paar Gestaltungsideen, die sie mit Chase besprechen konnte, sobald er endlich hier aufkreuzte. Außerdem würde es sie sicher davon abhalten einzuschlafen.
Doch als sie merkte, dass sie nun schon bestimmt zum zehnten Mal denselben Satz über elfenbeinfarbenes Segeltuch las, wurde ihr klar, wie erschöpft sie war.
Seit heute Morgen hatte sie sich um Gäste, potentielle Kunden und die Presse gekümmert, die alle zum Tag der offenen Tür gekommen waren, den sie gestern noch bis spät in die Nacht vorbereitet hatte. Danach die Fahrt im Dunkeln nach Chatham. Jetzt war sie vollkommen erledigt.
Zum Glück hatte sie sowieso kein Privatleben, sonst könnte sie dieses Tempo niemals durchhalten. Und wie lange ihr letztes Date her war, daran konnte sie sich nicht mal mehr erinnern. Dabei war heißer, verschwitzter,
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