Tiffany Lieben & Lachen Band 0006 (German Edition)
Was ihn störte war eher, dass sie so … so überaus selbstständig war.
Sie pfiff erneut.
Und sie war außerdem zu laut.
Er schnippte ein bisschen trockene Rinde von der oberen Gatterstange, während sie warteten. Der Wind strich durch die kahlen Äste der Pappeln. Logan spürte, wie die Kälte langsam durch seine Uniform kroch und fragte sich, was Hamilton Greystone wohl gerade tat. Wahrscheinlich saß er am Kaminfeuer und aß leckere Krebse, den Cognacschwenker immer in Reichweite.
“Wie weit ist es bis zu Ihnen nach Hause?”, fragte er und bewegte seine Finger, damit sie nicht erfroren.
“Wir brauchen eine halbe Stunde, wenn wir am Fluss entlangreiten.”
“Und wenn die Pferde nicht kommen?”
“Dann dauert es länger.”
Ihre Gelassenheit ärgerte ihn. Sie hatte vielleicht nichts Besseres zu tun, als hier in der Kälte herumzustehen und Witze zu machen, aber auf ihn wartete Arbeit. Je eher er das Gold wieder auftrieb, desto eher konnte er hier abhauen. Auf Nimmerwiedersehen.
Melina wandte ihm den Kopf zu, und er konnte im Mondlicht ihr Gesicht unter der Pelzmütze erkennen. Sie lächelte, was ihre Sommersprossen auf den Wangen betonte. Abgesehen davon, dass das hier kein Date war, fiel ihm ein, dass er noch nie mit einer sommersprossigen Frau ausgegangen war. Sie sah irgendwie süß aus.
“Hören Sie das?”, fragte sie.
Die eine Hälfte von ihm lauschte. Die andere Hälfte fragte sich, ob er den Verstand verloren hatte. Hier stand er in der Wildnis, war halb erfroren, und dachte über süße Sommersprossen nach.
“Sie kommen”, verkündete Melina fröhlich.
Er zwang sich, genauer hinzuhören. Zuerst war es mehr ein Vibrieren als ein Geräusch, doch dann wurde der Hufschlag auf dem schneebedeckten Boden deutlicher. Er spähte hinaus auf die vom Mond beleuchtete Koppel. Ziemlich große Pferde galoppierten im stiebenden Schnee auf sie zu.
Er wünschte, er hätte wenigstens als Kind mal auf einem Pony gesessen. Dann rüttelte er ein bisschen an einer der altersschwachen Gatterstangen und hoffte, dass die Biester früh genug bremsen würden. So wie es aussah, stürmten sie geradewegs in die Freiheit.
Vielleicht war dieser ganze Trip nach Yukon ein Fehler gewesen. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, sein ganzes Arbeitsleben lang bloß Inspektor zu sein. Was kümmerte ihn schon das Hohngelächter seiner Familie? Immerhin würde er leben.
Logan zählte sieben Pferde. Das machte mindestens achtundzwanzig Hufe, die über den Boden donnerten.
Gebrochene Rippen und eine Gehirnerschütterung würden seiner Karriere nicht unbedingt nützen. Kurz überlegte er, ob seine Dienststelle es wohl übernehmen würde, dass man ihn wenigstens nach Ottawa ins Krankenhaus brachte, oder ob sie ihn hier vermodern lassen würden.
Die Mähnen und Schweife der Pferde schimmerten. Weiße Dampfwolken stiegen von ihren Nüstern auf.
Logan spürte den Impuls, sich sofort in Sicherheit zu bringen. Doch er konnte Melina in der Gefahr nicht allein lassen. Sie mochte selbstständiger sein als Valerie, aber den Pferden war sie nicht gewachsen. Deshalb blieb Logan am Fleck, fest entschlossen, Melina aus der Gefahrenzone zu reißen, wenn es erforderlich war.
“Ich nehme an, Sie kennen die Tiere?” Er machte sich bereit, Melina zu packen.
“Wir wurden einander vorgestellt.” Sie wirkte völlig unbeeindruckt von der Kraft und der Geschwindigkeit der Pferde. Logan überlegte, ob das eine Frage ihrer Intelligenz war.
“Anscheinend mögen Sie sie”, bemerkte er, denn die Biester wirkten extrem erfreut.
“Sie denken, ich bringe ihnen Futter.”
Na klasse, dachte Logan. Wenn sie merken, dass unsere Hände leer sind, fressen sie uns bei lebendigem Leib. “Werden sie ungemütlich, wenn sie merken, dass wir nichts dabeihaben?”
Sie warf ihm einen verwunderten Blick zu. “Sie werden’s überleben.”
Die Pferde galoppierten mit unverminderter Geschwindigkeit heran, als ob der Zaun nicht existiere. Logan fasste Melina automatisch um die Taille, um sie gegebenenfalls zu Boden zu ziehen und sie mit seinem Körper zu schützen.
“Was soll das?”, fragte Melina verblüfft. Die Pferde stoppten haarscharf vor dem Gatter.
“Ist Ihnen kalt?”, fragte er, krampfhaft nach einer Ausrede für sein Verhalten suchend. Er musste sich erst darauf einstellen, dass die Gefahr plötzlich nicht mehr vorhanden schien.
“Natürlich ist mir kalt. Wir haben mindestens fünfzehn Grad minus. Hallo, Stuvey.” Sie langte über den
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