Tiffany Valentinsband Band 1
führten Beziehungen quer durch die USA. Er kannte einen Typ aus New York, dessen Frau in LA arbeitete. Also warum sollte man nicht auch eine Beziehung zwischen der Erde und Elatyria führen können?
Beziehung? Wach auf!
Aber er war längst wach. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben so richtig.
„Sehe ich das wirklich?“, fragte sie wie benommen.
„Was siehst du?“
„Sieh zu dem Berghang.“
Er folgte ihrem Blick zu einem Berg, dessen gezackte Silhouette er in der Ferne nur schwer ausmachen konnte. Es war bewölkt und ziemlich diesig, sodass er kaum etwas erkennen konnte, aber als die Wolken weiterzogen, erblickte schließlich auch er, wovon sie sprach.
„Das ist ein Drache“, flüsterte sie.
Es war nicht schwer zu erkennen, was sie meinte. Die Felsen am Horizont sahen aus wie ein Drache, der den Kopf in den Nacken geworfen und die Flügel weit ausgebreitet hatte. Wenn es bewölkter gewesen oder sie schon näher dran gewesen wären, hätten sie es vermutlich gar nicht gesehen. Jetzt jedenfalls war es eindeutig.
Ashlynn riss ihre Tasche an sich und zog die Kartenteile heraus. Er wusste, wonach sie suchte, noch ehe sie mit dem Finger darauf tippen konnte.
„Die Drachenhöhle“, sagte er aufgeregt.
„Ich dachte immer, dass das nur symbolisch gemeint wäre; man weiß doch, dass Drachen nicht in der Nähe vom Meer leben.“
Raine verdrehte die Augen. „Natürlich, jeder weiß das.“
„Also nahm ich an, der Kartenmacher hätte den Weg absichtlich möglichst gefährlich dargestellt, um Leute mit üblen Absichten abzuschrecken.“
Hmmm. Üble Absichten. Was mochte das heißen?
Er jedenfalls hatte keine üblen Absichten. Er wollte nur eine oder zwei Handvoll Diamanten und Rubine. Und vielleicht einen goldenen Kelch, um sie darin zu transportieren.
Er war kein Grabräuber, auch wenn manche Leute das anders sahen. Das hatte er gar nicht nötig. Er wusste genau, dass hier, wie auch auf der Erde, zehn Prozent Finderlohn üblich waren. Wenn also er und Ashlynn dieses vergessene Land entdeckten, würden sie beide von jedem Monarchen dieser Welt belohnt werden, ganz gleich, ob in dem Schloss Schätze verborgen waren oder nicht.
Außerdem wollte er tief in seinem Innersten, dass sie Erfolg hatte. Wollte, dass ihr Traum wahr würde. Ashlynn verdiente es, ihr Schloss zu finden und sich in diesen ganzen Archäologen- und Historikerkram zu stürzen.
„Wenn das wirklich der Drache von der Karte ist, dann ist der Eingang zu dem geheimen Pfad genau in seinem Maul“, sagte sie.
Das bedeutete, dass sie nichts weiter tun mussten, als auf diesen Berg zu klettern, in die dunkle Höhle zu gehen und sich dem zu stellen, was immer sie dort erwartete. Und zu hoffen, dass sie nicht von etwas erwischt wurden, dass echte Reißzähne besaß. Ob Drache oder sonst etwas.
Plötzlich überwog seine Abenteuerlust sein Verlangen nach einem Bad. Er steckte die Seife zurück, hängte sich die Tasche über seine Schulter und griff nach Ashlynns Hand. „Bereit?“
„Mehr als du dir vorstellen kannst!“
Sie lächelten sich an und, obwohl er schon ganz zappelig war, strich er ihr mit beiden Händen durchs Haar und neigte ihren Kopf ein wenig zurück. „Ich freu’ mich für dich“, sagte er, ehe er sie küsste.
Anschließend sah sie mit verträumtem Blick zu ihm auf. „Danke. Und, Raine? Ich bin froh, dass du hier bist.“
„Ich auch.“ Er zwinkerte ihr zu und legte einen Arm um ihre Schultern. „Gehen wir den Drachen bezwingen.“
6. KAPITEL
Es war nur gut, dass Raine mit ihr gekommen war.
Nicht wegen irgendwelcher Drachen – es gab hier keine. Obwohl Ashlynn hätte schwören können, dass sie, als sie in die Höhle gegangen und den Pfad gefunden hatten, etwas Glitzerndes gesehen hatte, das durchaus die Panzerschuppen einer urtümlichen, längst schon dahingeschiedenen Kreatur sein mochte.
Das eigentliche Problem war die tückische Windung in dem Pfad. Wäre sie alleine gewesen, hätte sie sie vielleicht gar nicht bemerkt und wäre einfach weitergegangen, vor allem, da der Weg in einer großen Schleife wieder zu seinem Anfang zurückzuführen schien. Raine jedoch war sich ganz sicher, was er auf dem fehlenden Kartenstück gesehen hatte, und gemessen an dem dornigen Dickicht, durch das sie sich ihren Weg schlagen mussten, hatte er wohl recht. Die Hecke war genau so, wie in der Sage beschrieben – zugewachsen und undurchdringlich, heimtückisch und ineinander verwoben. Sie würde jeden entmutigen
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