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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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Sie hatten Pflegekinder? Das ist ja schön. Ich habe Menschen schon immer bewundert, die Gutes tun; ich würde auch gerne Gutes tun, aber mein Mann ist nicht dafür, Geld an Wohltätigkeitsorganisationen zu spenden oder so was. Na ja, liebe deinen Nächsten wie dich selbst …«

3
    Eine schlechte Angewohnheit
    Nachdem wir drei Montage und Freitage nacheinander zu Peter gegangen, gegen zehn Uhr angekommen und bis ungefähr halb fünf geblieben waren, damit wir noch vor Poppa zu Hause eintrafen, stellte ich mich vor Peter und begann, auf eine bestimmte Weise mit meinem Haar zu spielen, die Poppa immer auf die Palme brachte. Dabei löste ich einzelne Strähnen heraus, wickelte und verdrehte sie. Manchmal hatte ich mich dabei so sehr vergessen, dass das Haar zu unentwirrbaren Knoten verfilzte, die Mommy nicht mehr herauskämmen konnte und wollte. Wir waren im Garten, Mommy lag gemütlich in einem Liegestuhl, ich stand neben der Vogeltränke. Gerade noch hatte ich mit Paws Ball gespielt.
    Sofort sagte meine Mutter: »Ach, mein Mann und ich versuchen schon lange, ihr das abzugewöhnen. Wir haben es Margaux schon hundert Mal gesagt. Aber mein Mann mäkelt unablässig an ihr herum. Es ist nur eine nervöse Angewohnheit, so wie Fingernägelkauen.«
    »Himmel noch mal, sie ist doch erst sieben! Ich finde es niedlich, wenn sie das macht. Sie ist frei und glücklich dabei. Ich verstehe einfach nicht, warum Erwachsene Kinder immer unter Druck setzen müssen.« Mommy zuckte mit den Schultern, und Peter sagte: »Margaux, mach das doch noch mal! Du bist frei in diesem Garten, lass dich treiben, tu einfach, was du willst. Na los, du bist frei, spiel mit deinem Haar!«
    Aber ich wollte nicht mehr. Obwohl Peter beteuerte, er würde es genießen, wenn ich vor ihm mit meinem Haar spielte, löste es plötzlich noch stärkere Schamgefühle aus, als wenn mein Vater mich deswegen schimpfte. Das Einzige, was ich an Peter nicht mochte, war, dass er manchmal nicht locker ließ. Deshalb versuchte ich, ihn abzulenken, indem ich mich auf seinen Schoß warf und ihn dadurch fast aus dem Liegestuhl kippte.
    »Sei vorsichtig!«, schimpfte Mommy. »Du weißt doch, dass Peter einen schlimmen Rücken hat.«
    Doch Peter wurde nicht böse, sondern fing an, mich zu kitzeln. Irgendwann kam Ricky in den Garten, und Peter gab ihm den Gartenschlauch, damit er mich nass spritzen konnte. Er jagte uns beide herum, bis es Ricky langweilig wurde und er ging. Die Stunden verflogen, und lange Schatten fielen auf den Garten. Nach einer Weile sagte meine Mutter, wir müssten bald zum Abendessen nach Hause. Peter meinte: »Wir könnten doch ein bisschen grillen! Du hast gesagt, freitags gibt es bei euch nur Reste, oder?«
    »Ja, freitags geht er nach der Arbeit immer in die Kneipe«, sagte Mommy, und Peter schüttelte den Kopf.
    Als Peter auf dem Grill Würstchen briet, kam Inès mit einem Pappteller in den Garten, auf dem ein Sandwich lag. »Willst du lieber ein Würstchen?«, fragte Peter.
    »Nee, ich habe Weizenbrot mit Oliven«, sagte Inès und legte sich mit einem Buch auf ein geblümtes Handtuch. Dort las sie und knabberte dabei an ihrem Sandwich herum. »Ich habe den Jungs auch was gemacht«, sagte sie. Sie nannte ihre Söhne immer »die Jungs«.
    Später stand Inès auf, um zu telefonieren, und ließ ihr kaum angerührtes Sandwich auf dem Handtuch zurück. Wir aßen Grillwürstchen, dazu Bohnen und kaltes Schweinefleisch aus der Dose. Auf dem Heimweg erzählte meine Mutter, sie sei an Inès vorbeigegangen und hätte gesehen, dass das Sandwich von winzigen braunen Ameisen übersät gewesen war; scheinbar hatte Inès hineingebissen, ohne es zu merken.
    »Sie ist eine Träumerin, genau wie du«, sagte Mommy.
    ***
    Manchmal hatte meine Mutter Spaß daran, Peter wütend darüber zu machen, wie schrecklich Poppa war. In letzter Zeit hatte ich ihr dabei geholfen, und eines Freitags aßen wir drei zu Mittag im Blimpie auf der Bergenline Avenue und machten uns dabei über Poppa lustig. Mommy aß Roggenbaguette mit Thunfisch, Peter und ich teilten uns ein mit Öl und Essig getränktes italienisches Landbrot mit Salami und Provolone. Da fing Mommy an, von Poppas Tick mit dem Küchenschrank zu erzählen.
    »Alles in seinem Schrank ist säuberlich geordnet, jeder Stift muss ordentlich daliegen, daneben ein perfekt gefaltetes Taschentuch, das er angeblich aus Madrid hat. Und er hat Streichholzschachteln aus den Ländern, in denen er mit der Armee gewesen ist, alle akkurat

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