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Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger

Titel: Tiger, Tiger - Fragoso, M: Tiger, Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaux Fragoso
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aufgestapelt. Einmal kletterte Margaux, da war sie drei – sie kann ja manchmal ein richtiger kleiner Teufel sein –, sie kletterte auf die Arbeitsfläche, öffnete den Schrank und brachte alles durcheinander. Als er nach Hause kam – und ich wusste ja nicht, was sie getan hatte –, warf er einen Blick in den Schrank und holte seinen Gürtel aus dem Schlafzimmer. Ich wusste, wie viel Angst Margaux vor seinem Gürtel hat, und stellte mich dazwischen, so dass er schließlich mich damit schlug, aber immerhin hat er Margaux nichts getan. Außerdem hat er, Peter, du glaubst es nicht, er hat ein Paar richtiger Nunchakus im Haus. Kennst du sonst noch jemanden, der solche Dreschflegel zu Hause hat? Er macht Tricks damit, um Eindruck zu schinden, so ein Angeber ist er.«
    Mitten im Blimpie ahmte ich vor Peter und Mommy Poppas beste Kunststücke mit dem Nunchaku nach, bis sie vor Lachen heulten. Als ich Poppa am Abend sah, fühlte ich mich ein wenig schuldig. Ich wusste, dass er diese Tricks nur aufführte, um mich zu unterhalten und zu überzeugen, dass er uns schützen konnte, falls jemand bei uns einbrechen sollte.
    ***
    Poppa, Mommy und ich saßen in einem Restaurant in Westchester unter einem großen bunten Sonnenschirm. Auf dem Weg nach City Island machte Poppa hier gerne Pause und aß eine Portion Muscheln; zum Mittagessen würden wir dann bei Tony am Meer Hummer oder frittierte Venusmuscheln aus weiß-roten Pappschalen essen. Bei Tony gab es Videospiele, so dass ich ständig zu Poppa rannte, damit er mir die Vierteldollarstücke aus seiner Hosentasche gab. Er trank Heineken, rauchte Zigarre und unterhielt sich mit Mommy. Zu Hause sprach er nicht viel mit ihr, sondern schrie sie nur an, doch wenn wir in einem Restaurant aßen, hatte er alles Mögliche mit ihr zu besprechen. Vielleicht mochte er die Wohnung einfach nicht, oder er war am Wochenende schlichtweg besser drauf, weil er nicht arbeiten musste. Aus welchem Grund auch immer: Wenn wir ausgingen, konnte er sehr nett zu meiner Mutter sein, gab ihr Piña Coladas ohne Rum aus (wegen ihrer Medikamente durfte sie keinen Alkohol trinken) und kaufte ihr ihre Leibspeise: gebratene Shrimps in Sauce Tartar mit Krautsalat. Dennoch behandelte er sie wie ein kleines Kind, band ihr eine Papierserviette als Lätzchen um den Hals und wischte ihr sogar den Mund ab, was ihr offenbar zu gefallen schien, auch wenn sie sich bei Peter oft beschwerte: »Ich kann es nicht ausstehen, wenn er mich behandelt, als wäre ich seine Tochter und nicht seine Frau.«
    Was Mommy wohl auch immer gemacht haben musste, war, Poppa mit Lob zu überschütten: »O Louie, du kochst wie in einem Fünf-Sterne-Restaurant!« oder »Louie, zeig mir doch noch mal das Bild von dir in San Juan! Darauf siehst du aus wie Robert Redford.« Das fiel mir erst jetzt auf, weil sie Peter gegenüber ganz anders von Poppa sprach. Poppa liebte Komplimente. Zu Hause gab es ein Spiel zwischen uns, das hieß: »Erzähl mir von deinem Poppa-pa!« Dabei kuschelte ich mich an ihn und zählte alles auf, was ein Mädchen an seinem Vater toll findet: dass er der größte und schönste Mann ist, der klügste und der beste. Doch in Poppas Augen war ich so oft nicht die Beste.
    Als wir in dem Lokal saßen, musste ich mich vergessen haben, denn ich begann, wieder mit meinem Haar zu spielen, und Poppa sagte: »Sieh dir das an! Sie macht sich zum Gespött der Leute. Dieses Kind hat kein Verständnis für nichts. Weder fürs Leben, noch für mich oder sonst irgendwas.« Die letzten Worte sagte er nicht zornig, sondern voller Bedauern. Eine Weile war er still, fast nachdenklich. Dann ging es weiter: »Es gibt nichts Schlimmeres als eine schlechte Angewohnheit. Eine schlechte Angewohnheit«, wiederholte er mit Blick auf Mommy. »Hast du irgendeine Idee, wie man ihr diese schlechte Angewohnheit wieder abgewöhnen kann? Diese Angewohnheit, die …«
    Schnell unterbrach Mommy seinen Vortrag, der gerade Fahrt anzunehmen begann, denn sie wusste – wir beide wussten –, dass es lange dauerte, bis er aufhörte, wenn er erst einmal in Fahrt gekommen war. »Sie lässt es bestimmt von allein wieder sein. Dr. Gurney sagt immer, manche Kinder sind nervöser als andere, deshalb sollen wir uns keine Gedanken machen über so eine Kleinigkeit, dass Margaux mit ihrem Haar spielt. Er meint sogar, Nägelkauen sei schlimmer, wir könnten froh sein, dass sie nicht zu der Sorte gehört, davon bekäme man oft Niednägel und Entzündungen. Und P…«, fuhr

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