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Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie

Titel: Tigerlilie - Paul, I: Tigerlilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivy Paul
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und deshalb sollte sich Anna in England als seine Gemahlin ausgeben. Sie knirschte mit den Zähnen. Dieser Schuft. Hätte sie nur ein zweites Mal zugeschlagen.
    Anna ging entschlossen zur Garderobe und zog sich an. Sie konnte diesen Christopher Drysdale nicht ausstehen. Nicht das kleinste bisschen!
    „Miss Anna? Wollt Ihr ausgehen?“ Caítlín erschien in der Tür.
    Anna sah auf. „Ja, ich gehe hinüber zu Mrs. Hopplewhite und frage, ob sie Lust auf einen Spaziergang im Hyde Park hat.“
     
    Kurz darauf liefen die beiden Freundinnen eine Allee entlang. In einigem Abstand folgte ihnen Margret, Sophies Zofe. Die Luft roch frisch und klar, und die Kutschen, die durch die Straßen gelenkt wurden, waren zumeist offene Gespanne, in denen Menschen saßen, die das herrliche Wetter ausnutzten und sichtlich genossen. Angesichts dieser gelösten Atmosphäre fiel es Anna nicht schwer, ihren Groll zu vergessen. Sophie plapperte fröhlich und trug ihren Teil dazu bei, dass Anna von ihren Sorgen abgelenkt wurde.
    Sie erreichten den Park und sahen, dass sie nicht die Einzigen gewesen waren, die der Einfall mit dem Spaziergang in die Grünanlage getrieben hatte. Kindermädchen in ihren dunklen Uniformen schoben Kinderwägen über die Wege. Ihre älteren Schützlinge rannten voraus und lachten hell. Über die weitläufigen Wiesen galoppierten ein paar junge Leute auf Reitpferden, und auf den vorgesehenen Routen fuhren Einspänner.
    Anna und Sophie steuerten eine freie Parkbank an und setzten sich.  Anna reckte ihr Gesicht gen Himmel und ließ sich die Sonne auf die Nase scheinen.
    „Anna, hast du keine Angst vor Sommersprossen?“, fragte Sophie.
    Verwirrt sah sie ihre Freundin an. „Sommersprossen? Hatte ich je welche?“ Obwohl Anna rotes Haar besaß, war ihre Haut milchweiß und makellos. Sie bräunte nie, sodass ihr Gesicht von jener transparenten Blässe war, die die Gesellschaft modisch fand.
    „Wen haben wir denn da?“, erklang eine Männerstimme hinter den beiden.
    Anna wandte sich um und erkannte Victor Tilney, Lord Winchester. Bei ihm waren Lady Winchester und, zu Annas Leidwesen, Christopher Drysdale. Sie begrüßten einander, und Lord Winchester stellte Sophie Christopher vor. Christophers Miene blieb ausdruckslos, nur das Glitzern seiner Augen deutete an, dass ihre Begegnung auf größeres Interesse stieß, als er zeigte.
    „Der Earl of Munthorpe ist Ihr Onkel, nicht wahr, Miss Drysdale?“, wandte sich Eleanor Tilney an Anna. Ihre braunen Augen musterten sie prüfend.
    „Ja, Lady Winchester, mein Stiefonkel, wenn man es genau nimmt“, erklärte Anna höflich.
    Lady Winchester sah zu Christopher, der sich den Anschein jovialen Interesses gab.
    „Sagen Sie, Miss Drysdale, Sie waren noch nie Gast auf unserem Landsitz, nicht?“, erkundigte sich Eleanor freundlich. Ihre Blicke wanderten zwischen Christopher und Anna hin und her.
    „Nein, ich hatte noch nie die Ehre, eingeladen zu werden“, antwortete Anna.
    Eleanor neigte den Kopf und wandte sich an ihren Gatten. „Wir sollten unsere Gästeliste durchgehen. Ich denke, ein paar Änderungen wären durchaus von Vorteil.“
    Victor tätschelte ihre Hand. „Wie es dir beliebt, Eleanor, was immer dir beliebt.“
    Das Ehepaar und Christopher verabschiedeten sich von Anna und Sophie, und die beiden blickten ihnen hinterher, bis sie garantiert außer Hörweite waren.
    Sophie zupfte Anna aufgeregt an ihrem Ärmel. „Eine Einladung auf den Landsitz, weißt du, was das bedeutet? Dorthin werden ausschließlich die Freunde der Winchesters eingeladen. Meine Güte, Anna, du wirst zur begehrtesten Dame der Saison.“
    „Himmel, bloß nicht“, wehrte sie ab.
    Das fehlte noch, dass sie von Verehrern bestürmt wurde. „Außerdem, wie kommst du auf die Idee, sie lüden mich ein? Lady Winchester hat davon gesprochen, ihre Gästeliste durchzusehen. Also beruhige dich, Sophie, solange keine Einladung in meiner Post ist, mache ich mir darüber keine Gedanken.“ Anna wedelte mit ihrer Hand herum, zur Untermalung ihrer Ausführungen.
    Leider ließ sich Sophie nicht beirren und redete während der ganzen Zeit von der Einladung der Winchesters.
     
    Seufzend betrat Anna ihr Haus. Sie legte Parasol, Handschuhe und Schute ab und klingelte nach Caítlín.
    „Sei so gut und bring mir eine Kanne heißen Tee.“
    „Sehr wohl, Miss Anna.“ Das Dienstmädchen knickste.
    Innerhalb kürzester Zeit servierte sie Anna den gewünschten Tee und auf einem separaten Tablett die Post des Tages.

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