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Tijuana Blues

Tijuana Blues

Titel: Tijuana Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Trujillo Muñoz
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Rückseite stand ›Fotos Alameda‹ und das Datum: 1954. Dann nahm er das von Kerouac. Es war aus dem Jahr 1952. Sie nützten ihm nichts. Schließlich blieb er bei dem Foto mit dem Gangsterduo hängen. Die hätten Burroughs durchaus die Drogen beschaffen können. Ohne dass sie dafür extra jemanden hätten anheuern müssen.
    Morgado nahm sein Handy und wählte die Nummer des Kunsttischlers. Die Fragen drängten sich in seinem Kopf wie summende Wespen in ihrem Nest. »Habe ich dich auch nicht geweckt, Güero?«
    »Nein, Herr Rechtsanwalt. Sie haben mich nur bei den ehelichen Pflichten im Dienste des Vaterlandes unterbrochen.«
    »Dann rufe ich später noch einmal an.«
    »Nein! Das war ein Scherz! Womit kann ich Ihnen dienen?«
    Morgado hob das Gangsterfoto hoch und betrachtete es. »Wer sind die beiden Latinos auf einem der Fotos, die du mir gegeben hast? Ich kann sie nicht identifizieren.«
    »Ich auch nicht. Meine Mutter sagte, es seien keine Mexikaner. Es seien Panamesen.«
    »Und was machten sie?«
    »Keine Ahnung. Es waren Kumpels von Burroughs und Bekannte meines Vaters. Sie waren in Chapultepec und haben Timothy an dem Tag verabschiedet, als er nach Tijuana aufbrach. Ich glaube, einer bat ihn, eine Puppe für seine Tochter mitzunehmen, die an der Grenze lebte. Meine Mutter hatte sie nie zuvor gesehen. Als mein Vater weg war, tauchten sie bei uns zu Hause auf und fragten nach Timothy. Sie warteten wohl auch auf ihn. Burroughs, glaube ich, hat sie zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr begleitet. Er musste sich das benötigte Geld wohl anderweitig besorgt haben. Meine Mutter hatte nicht viel Kontakt zu ihm. Aber als Kerouac und Ginsberg kamen, ging sie, obwohl sie sie nicht kannte, zu ihnen, um sie nach ihrem verschwundenen Mann zu fragen.«
    »Und was haben sie gesagt?«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte eine ganze Weile Schweigen.
    »Der eine sagte, er habe ihn irgendwo in Kalifornien lebend gesehen. Der andere behauptete, ihn nicht zu kennen.«
    Morgado schrieb in sein Notizbuch: »Lebend oder tot? Ist er vor der mexikanischen Justiz oder vor seiner mexikanischen Frau geflohen?«
    »Wer hat gesagt, er habe ihn lebend gesehen?«
    »Ich glaube, Ginsberg. Ich weiß es nicht. Meine Mutter sollte hier sitzen und mit Ihnen sprechen. Sie hatte ein besseres Gedächtnis für diese Dinge als ich. Außerdem war sie dabei, sie hat alles gesehen. Ginsberg hat ihr Hoffnungen gemacht. Ich weiß nicht, ob falsche, aber sie haben ihr geholfen weiterzuleben.«
    »Noch etwas, Güero. Was ist mit dem Kleinen, mit Dave Tercerero?«
    »Der ist auch verschwunden, ungefähr zur selben Zeit, als mein Vater die Reise nach Tijuana gemacht hat. Er war immer bei William. Er war sein Schoßhündchen. ›Den kleinen Chihuahua‹ hat meine Mutter ihn genannt.«
    Morgado schrieb: »Gleichzeitiges Verschwinden. Zufall oder geplant?«
    »Wann hat deine Mutter Burroughs zum letzten Mal gesehen?«
    »Ein Jahr später. Sie hatte ihren Job als Sekretärin am College gekündigt. Ich war noch ein Säugling. Sie lief Burroughs zufällig über den Weg. Er wollte auf sie zugehen und etwas zu ihr sagen, aber meine Mutter hat sich abgewandt. Sie hat in ihm immer den Verursacher ihres Unglücks gesehen, den, der ihr meinen Vater entrissen hatte.«
    Morgado fügte den Notizen noch hinzu: »Harry Dávalos kontaktieren. Überprüfung von Timothy Keller vor und nach 1952. Dokumente. Verwendung von Pässen. Polizeiberichte. Feste oder zeitweilige Wohnsitze. So schnell wie möglich anrufen.«
    »Sag mal, Güero, hältst du es für möglich, dass dein Vater möglicherweise … du weißt schon … sich unter Druck gesetzt gefühlt hat … dass ihm die familiäre Bürde zu viel war … und dass er die Reise genutzt hat, um sich aus dem Staub zu machen?«
    Die Antwort kam sofort. »Nein, das glaube ich nicht. Die Fotos. Schauen Sie sich die Fotos an! Sie sind ein glückliches Paar. Meine Mutter sagte immer …«
    Morgado musste ihn unterbrechen. »Deine Mutter wollte das Offenkundige vielleicht nicht wahrhaben. Vielleicht hat sie sich immer geweigert, der Wahrheit ins Auge zu sehen. Vielleicht wird dir nicht gefallen, was ich herausfinde, Güero. Womöglich war dein Vater nicht der Held, wie deine Mutter behauptete. Könntest du das ertragen? Oder soll besser alles so bleiben, wie es ist?«
    »Nein! Auf keinen Fall!«
    Morgado atmete erleichtert auf.
    »Wann werde ich etwas Konkretes erfahren?«, wollte der Tischler wissen.
    »Bald. Erst muss ich Freunde um Hilfe

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