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Tijuana Blues

Tijuana Blues

Titel: Tijuana Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Trujillo Muñoz
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zieht Chaos an, dachte Morgado.
    Im Aufzug, der ihn in den vierten Stock brachte, musste Morgado wieder an die Worte von Aidé Grijalva denken: »Ich empfehle dir Leobardo, den Chefredakteur von Tijuana Metro. Wenn jemand etwas über diese Stadt weiß, dann er. Und außerdem ist er Spezialist für Kriminalliteratur. Er kann dir jedes Verbrechen, das dort geschehen ist, von vorne bis hinten erläutern.« Als Morgado jetzt die Glastür des Büros öffnete, hatte er die Hoffnung, dass er vielleicht ein paar ganz allgemeine Antworten bekommen würde. Oder zumindest eine kleine Orientierung, wie er in einer Stadt weiterermitteln konnte, die zwar in Baja California lag, in der er sich aber trotzdem als Fremder fühlte, als Eindringling, den alle misstrauisch beäugten.
    »Ist da jemand?«, fragte er laut.
    »Gehen Sie bis ganz hinten durch!«, rief ihm eine Frau zu.
    Der Anwalt für historische Fälle ging durch einen leeren Raum, in dem mehr als ein Dutzend Computer an der Wand aufgereiht auf dem Boden standen. Das nächste Zimmer war voller alter Zeitungen, die fast bis zur Decke reichten. Im letzten Zimmer, dessen großes Fenster einen fantastischen Ausblick auf die Stadt bot, redigierten ein junger Mann und eine junge Frau gerade einen Text am Bildschirm. Der ganz in Schwarz gekleidete Mann tippte weiter. Die junge Frau, lebhaft und mit großen Augen, kam direkt auf Morgado zu.
    »Ich bin Ava Ordorika«, stellte sie sich vor. »Und Sie müssen Miguel Ángel Morgado, der mexikanische Ombudsmann, sein.«
    »Hin und wieder war ich das«, erwiderte Morgado. »Manchmal bin ich auch nur als Belastungszeuge aufgetreten.«
    »Aidé Grijalva hat so von Ihnen geschwärmt. Und das kommt äußerst selten bei ihr vor. Sie hat uns erzählt, wonach Sie suchen, und Leobardo hat die passenden Informationen schon beschafft.«
    »Die eher spärlichen«, fügte Leobardo hinzu, drückte Morgados Hand und führte ihn zu einem Sofa voller Videokassetten, die er auf den Boden schieben musste, damit der Rechtsanwalt Platz fand.
    »Haben Sie so viel zu tun mit der Redaktion von Tijuana Metro? « , fragte Morgado, als er die herrschende Unordnung sah.
    »Ein neues Büro«, erklärte Ava. »Wir sind gerade umgezogen und sind erst einen Monat hier.«
    Leobardo holte ein Bündel Zeitungen aus einer Schreibtischschublade und gab es Morgado.
    »Einen Kaffee?«, schlug Ava vor.
    »Gern. Schwarz und ohne Zucker.«
    Ava ging den versprochenen Kaffee holen, und Leobardo fuhr mit seinem Stuhl zu dem Sofa, auf dem Morgado die Ausschnitte durchsah. Mehrheitlich waren es dieselben, die Aidé Grijalva im Nationalarchiv gefunden hatte.
    »Sehen Sie«, sagte Leobardo mit finsterem Gesichtsausdruck. »In Tijuana sind die Überfalle, die Vendettas, die Abrechnungen, die Verbrechen aus Leidenschaft oder die Bandenkriminalität immer an der Tagesordnung gewesen. Es ist keine Sache von gestern. Seit dieser Flecken gegründet wurde, den wir so lieben, war es so. Aber wie Sie wissen, gibt es Verbrechen und Verbrechen. Die, die ans Licht der Öffentlichkeit kommen, und die, bei denen das nicht der Fall ist, von denen aber jeder weiß und über die man heimlich spricht. Können Sie mir folgen?«
    »Ja. Warum, glauben Sie, bin ich hier? Ich brauche jemanden wie Sie, der mir in diesem Labyrinth aus Halbwahrheiten und verwirrenden Gerüchten eine Orientierung geben kann.«
    »Also gut«, fuhr Leobardo fort, »die Schießerei, in der Sie ermitteln, ereignete sich am 8. Dezember 1951. Die Zeitungen haben so wenig wie möglich berichtet, denn das Ganze geschah bei Tageslicht mitten auf der Avenida Revolución. Es war nicht zu verheimlichen, aber man konnte tonnenweise Erde darauf schütten, damit es keine negativen Auswirkungen auf den Tourismus hatte. Nur das zählt hier. Und genau das tat man. Die Zeitungen von Tijuana blieben zwei Tage am Ball, dann schwiegen sie. Sie wissen, was berichtet wurde, oder?«
    »Die Namen der Beteiligten«, antwortete Morgado wie aus der Pistole geschossen. »Alan Brod, der Tote, der Widerstand leistete, und Timothy Keller, der Flüchtige, der die mexikanische Justiz austrickste und spurlos verschwand. Man hatte sie beide mit dem Zeug geschnappt. Heroin. Beste Ware. Die Polizei Tijuanas erklärte, Timothy sei damit geflohen. Und Brod sei in den Vereinigten Staaten einschlägig vorbestraft. Beide Drogenhändler. Erste Liga. Das ist die offizielle Geschichte.«
    »Aber in den Zeitungen von San Diego steht noch mehr: Es seien drei Leute darin

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