Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
unnormal, düster oder weniger düster betrachtet wird, ist für mich ein wichtiges Thema.
In den Pixar-Filmen kommen in der Regel keine Songs und musikalischen Einlagen vor, ganz im Gegensatz zu Filmen von Disney. Wie NIGHTMARE enthält auch CORPSE BRIDE Songs von Danny Elfman. Ein nostalgisches Festhalten am Vorbild Disney?
NIGHTMARE hat etwas Operettenhaftes an sich. Bei diesem Film ist es ein wenig anders. Er enthält zwar Musik, ich würde ihn aber nicht als »Musical« bezeichnen. Ich hatte einfach das Gefühl, dass Musik gut zu der Geschichte passen würde. Besonders Dannys Stil schien mir da sehr geeignet. Ich würde musikalische Einlagen nie um ihrer selbst willen einbauen, weil es schnell gekünstelt wirkt. In CORPSE BRIDE kommen zwar ein paar Songs vor, aber sie werden nicht von Céline Dion gesungen …
2005 fand sich Burton an einem entscheidenden Punkt in seiner Karriere wieder. Zwei Filme standen kurz vor der Veröffentlichung, die auf ältere Projekte und Interessen, aber auch auf Zukünftiges verwiesen. Burton ist zudem Vater geworden. Die Frage, ob das Aufziehen eines eigenen Kindes seine Arbeit beeinflusst hat, beantwortet er aber eher zurückhaltend.
Im Moment habe ich den Eindruck, dass sich meine Vaterrolle höchstens in körperlicher Hinsicht bemerkbar macht. Oft bekomme ich die Frage gestellt: »Haben Sie CHARLIE gemacht, weil Sie inzwischen selbst Vater sind? Werden Sie in Zukunft mehr Kinderfilme drehen?« Im Moment wäre die Antwort ein klares Nein. Eher reizt es mich, mal einen Horrorfilm oder einen Porno zu drehen … Natürlich ist es eine sehr einschneidende Erfahrung, ein Kind zu bekommen – die Auswirkungen auf das eigene Leben sind groß. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dadurch etwas Grundlegendes an meinen Filmen ändern wird. Möglicherweise könnten sie sogar ein wenig rauer werden …
Bei den Filmen, die ich bisher gedreht habe, habe ich immer mit einem Studio zusammengearbeitet, und jedes Mal war es ein Albtraum. Aber immerhin weiß ich da, was auf mich zukommt. Das ist die Welt, die ich kenne, auch wenn ich sie nicht besonders mag. Für mich spricht eigentlich nichts dagegen, mal einen richtigen Horrorfilm zu machen. Da hätte ich Spaß dran. Aber weil ich es noch nie gemacht habe, wäre das so, als würde man eine neue Sprache lernen.
Ein solches Vorhaben sollte man auch nicht zu sehr an die große Glocke hängen. Bei ED WOOD und EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN zum Beispiel habe ich mit einem ziemlich geringen Budget gearbeitet. Heute könnte ich das allenfalls noch unter Pseudonym machen. Die Erwartungen der Leute können ziemlich hinderlich sein, auch in Hinsicht auf das Budget: Wenn man für einen reichen Hollywood-Filmemacher gehalten wird und seine Leute nicht anständig bezahlt, heißt es schnell, man würde sie ausnutzen. Das macht die Sache schwieriger.
Jetzt werde ich mir erst einmal eine Auszeit nehmen und tief durchatmen, weil ich nicht noch einmal in eine so stressige Situation geraten will. Die Zeiten der Fließbandarbeit sind definitiv vorbei. Jedenfalls für eine Weile. Aber ich weiß, dass irgendwo ein neues Projekt auf mich wartet, auch wenn ich noch nicht sagen kann, was es sein wird. Allerdings muss ich dringend etwas an meiner Arbeitsweise ändern – beim nächsten Mal wird alles anders! Das klingt wie das Versprechen eines Drogensüchtigen, oder?
D ie Geschichte von Sweeney Todd ist ein Horrorklassiker aus dem 19. Jahrhundert. Der Barbier und notorische Serienmörder Todd schneidet seinen Kunden die Kehle durch, während sie auf seinem Frisierstuhl sitzen, und lässt ihre Leichen über eine Rutsche in den Keller des Hauses gleiten, wo seine Komplizin, die Bäckerin Mrs Lovett, sie zu Hackfleisch verarbeitet und als Füllung für ihre Fleischpasteten verwendet. Auch wenn manchmal behauptet wird, Todd hätte wirklich existiert und sei im 18. Jahrhundert in London für etwa einhundertsechzig Morde verantwortlich gewesen, gilt allgemein als gesichert, dass es sich um eine fiktive Figur handelt, die zum ersten Mal in dem Fortsetzungsroman The String of Pearls: A Romance von Thomas Peckett Prest auftaucht, der im November 1846 in The People’s Periodical erschien. Ein Jahr später wurde die Geschichte in ein Theaterstück mit dem Untertitel The Demon Barber of Fleet Street umgewandelt. Schon bald war Sweeney Todd in England genauso bekannt wie später der Serienmörder Jack the Ripper.
Im Laufe der Jahre entstanden eine ganze Reihe von
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