Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
lässt sich schwer sagen, wie lange es dauert, bis man es wieder loswird. Manchmal denke ich: »Nicht schon wieder ein Skelett. Das hatte ich jetzt oft genug. Damit verbinde ich nichts mehr.« Und dann wieder: »Ach, ich dachte, ich hätte sie satt, aber Skelette gefallen mir einfach.«
Man weiß nie, wann man von einer Idee befreit ist. Die Filme sind ein Teil von mir, von dem, was mich ausmacht. Und diese Bilder gehören auch dazu. Ich denke nicht allzu viel darüber nach oder überlege, ob ich etwas Ähnliches schon einmal gemacht habe, sondern sehe mir lieber von Zeit zu Zeit meine alten Sachen an. Nach den ersten drei Filmen fielen mir etwa bestimmte thematische Gemeinsamkeiten auf. Offenbar bedeuteten mir diese Dinge also etwas. Ich finde, man lernt mehr über sich, wenn man die Sache nicht gleich von der intellektuellen Seite her angeht, sondern eher intuitiv. Blickt man zurück und stellt fest, dass sich bestimmte Themen und Bilder wiederholen, fragt man sich doch automatisch, warum das so ist und was es über einen aussagt. Auf meinen Intellekt verlasse ich mich eher selten, der liegt manchmal ziemlich daneben. Ich vertraue lieber auf mein Gefühl.
F RANKENWEENIE wurde in Hollywood-Kreisen sehr gut aufgenommen, und nachdem Burton Disney verlassen hatte, war es nur eine Frage der Zeit, bis er den nächsten Regieauftrag erhielt. Allerdings hätte wohl niemand, vor allem nicht Burton selbst, vermutet, dass dieses neue Projekt seinen künstlerischen und kreativen Neigungen so sehr entgegenkommen würde. Pee-Wee Herman (gespielt von dem Komiker Paul Reubens), eine merkwürdig asexuelle Persönlichkeit mit grauem Anzug, roter Fliege und Rouge auf den Wangen, hatte mit seinem geliebten Fahrrad in der Kinderfernsehserie Pee-Wees Playhouse Kultstatus erlangt. Warner Bros. wollte Pee-Wee von einem Fernsehstar in eine Kinosensation verwandeln, und der damals erst sechsundzwanzigjährige Burton war der perfekte Regisseur dafür.
Damals wartete ich auf einen neuen Auftrag. Eine Bekannte namens Bonnie Lee, die bei Warner Bros. arbeitete, brachte mich beim Studio ins Gespräch, und ich erhielt den Film relativ problemlos. So leicht habe ich noch nie einen Job bekommen, nicht einmal als Kellner, geschweige denn als Regisseur. Bonnie hat den Leuten bei Warner Bros. FRANKENWEENIE gezeigt, die den Film wiederum Paul Reubens und den Produzenten vorgeführt haben. Sie haben mich gefragt, ob ich PEE-WEE machen will, und ich habe zugesagt. Es war großartig. Perfekt. Das Material hat mir gefallen, und ich war überzeugt, dass ichetwas daraus machen konnte, weil Pauls Figur so stark war. Er war Pee-Wee.
Die Leidenschaft für sein Fahrrad war ein guter Ausgangspunkt. Die meisten Filme drehen sich darum, dass der Hauptfigur irgendetwas sehr wichtig ist, und hier war es das Fahrrad.
Es hätte kaum ein besseres Spielfilmdebüt für mich geben können – höchstens noch mit einem eigenen Film. Zu PEE-WEE konnte ich sofort einen persönlichen Bezug herstellen, deshalb war der Film auch so leicht umzusetzen. Bis auf ein paar kleine Details war das Drehbuch schon komplett fertig. Einige der visuellen Gags standen nicht drin, zum Beispiel die Badezimmerszene, in der Pee-Wee durch ein Fenster schaut, das an ein Aquarium erinnert. Aber weil die Figur so stark war, konnten wir uns auf das visuelle Design konzentrieren.
Mir hat der Film sehr gut gefallen, weil er so viele Bilder enthielt, zu denen ich eine Verbindung hatte. Ich konnte einiges zum Drehbuch hinzufügen, ohne es komplett zu vereinnahmen. Es ging nur darum, das bereits Vorhandene auszuschmücken. Ich hatte Glück, dass ich mit Paul so gut zurechtkam. Sonst wäre es ein Albtraum gewesen. Sie hätten mich gefeuert, weil es nun mal sein Film und er der Star war.
Ich habe mir Pauls Fernsehsendung angeschaut und war begeistert. Die Vorstellung, niemals erwachsen zu werden, hat mich stark angesprochen. Die Arbeit an dem Film war für mich sehr angenehm. Damals fiel es mir nicht leicht, mit anderen Leuten zu kommunizieren, und es wäre wirklich furchtbar gewesen, wenn wir uns nicht so gut verstanden hätten. Aber wir waren uns in den meisten Dingen schnell einig, kamen also gut voran.
Zu den Figuren in meinen Filmen habe ich schon immer eine enge Beziehung aufgebaut. Man bringt so viel von seinen eigenen Erfahrungen in einen Film ein, die Figuren müssen entweder bestimmte Aspekte von einem selbst enthalten oder zumindest etwas darstellen, womit man sich identifizieren kann.
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