Tim Burton: Der melancholische Magier. Mit einem Vorwort von Johnny Depp (German Edition)
professionellen Schauspielern zusammen – unter anderem mit Shelley Duvall und Daniel Stern als Victors Eltern und Regisseur Paul Bartel als seinem Leh r er. Trotz seiner Unerfahrenheit gelang es Burton, den Schauspielern, allen voran Barret Oliver als Victor, einige sehr anrührende Szenen zu entlocken.
Die Schauspieler waren alle großartig. In dieser Hinsicht habe ich immer Glück gehabt. Ich habe selten die Erfahrung gemacht, dass sich jemand querstellte oder rumzickte. Das hat meine Einstellung gegenüber den Schauspielern, aber auch allen anderen, mit denen ich bei meinen Filmen zu tun habe, stark beeinflusst. Man muss eine gemeinsame Basis haben. Wenn sie mich und meine Filme nicht mögen, dann will ich auch nicht mit ihnen zusammenarbeiten. Damals wussten alle, dass ich noch ein unbeschriebenes Blatt war, aber die Idee des Films hat den Schauspielern gefallen. Sie haben gesehen, dass mir die Sache am Herzen liegt.
Sparkys Braut in dem Remake von 2012
Gute Schauspieler gibt es viele, aber wenn man mit jemandem zusammenarbeitet, muss man eine Verbindung spüren. Diesen Drang, ständig im Mittelpunkt zu stehen, mochte ich nie. Etwas gemeinsam zu erschaffen ist schwer genug, da sollten möglichst alle am gleichenStrang ziehen. Die Schauspieler damals waren wirklich fantastisch – sie haben sich für das Projekt mächtig ins Zeug gelegt und mir ein gutes Gefühl gegeben. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, mit den Leuten zu kommunizieren.
Frankensteins Braut
Wie schon VINCENT geht auch FRANKENWEENIE auf sehr persönliche Erfahrungen zurück. Doch ebenso wie später bei EDWARD MIT DEN SCHERENHÄNDEN und NIGHTMARE BEFORE CHRISTMAS ließ Burton das Drehbuch von jemand anderem schreiben.
Ich habe mich nie als Autor gesehen, obwohl ich natürlich auch manchmal Texte schreibe. VINCENT zum Beispiel stammt aus meiner Feder. Vielleicht werde ich mich dem irgendwann wieder stärker widmen. Aber egal ob jemand anders das Drehbuch verfasst, man muss sich immer vorstellen, man hätte es selbst geschrieben. Zu allem, wasich mache, muss ich einen persönlichen Bezug haben. Damals war es für mich einfacher, das Drehbuch nicht selbst zu schreiben. Außerdem gewinnt man dadurch noch mal einen anderen Blick auf das Thema. Solange der Autor mich und meine Arbeit versteht, kann er dazu beitragen, dass der Film besser, offener wird.
Ursprünglich sollte der Film 1984 mit dem Kinoneustart von Pinocchio auf den Markt kommen. Als FRANKENWEENIE jedoch keine uneingeschränkte Altersfreigabe erhielt, wurde er von Disney zurückgezogen.
Ich kann mir nicht ständig Gedanken darüber machen, wie meine Filme von den Zuschauern aufgenommen werden. Das würde mich in den Wahnsinn treiben. Vieles ist da einfach nicht logisch. Als FRANKENWEENIE keine uneingeschränkte Altersfreigabe erhielt, war Heulen und Zähneklappern angesagt, denn das hieß, dass er nicht zusammen mit einem Trickfilm laufen konnte, der für alle Altersstufen freigegeben war. Ich war ein bisschen geschockt, weil ich die Entscheidung der MPAA nicht verstanden habe. In dem Film kommen keine Schimpfwörter vor, es gibt nur wenig Gewalt, und die wird auch nicht direkt gezeigt. Ich habe deshalb nachgefragt, was ich tun müsste, um eine uneingeschränkte Freigabe zu erhalten. Und sie haben geantwortet: »Sie können gar nichts tun. Es liegt nicht an irgendwelchen Szenen, die man herausschneiden könnte, sondern am Erzählton an sich.« Vielleicht war es die Tatsache, dass der Film in Schwarz-Weiß gedreht wurde, die ihnen nicht gefallen hat. Der Film selbst enthält keine schlimmen Szenen. Es gab eine Probevorführung von Pinocchio und FRANKENWEENIE . Und man muss schon sagen, dass es in Pinocchio ein paar für Kinder ziemlich furchteinflößende Szenen gibt. Wenn man den Film eine Weile nicht gesehen hat, hält man ihn einfach für einen klassischen Kinderfilm. Das ist genau wie mit Märchen. Wenn man das Wort »Märchen« hört, denkt man immer zuerst an eine niedliche Kindergeschichte. Aber die Wahrheit sieht anders aus. Und genauso ist es mit Pinocchio . Natürlich ist der Film an sich harmlos, aber er enthält auch ein paar sehr aufwühlende Momente. Ich erinnere mich, dass ich mich alsKind bei manchen Szenen gefürchtet habe. Und auch bei der Probevorführung haben einige Kinder an bestimmten Stellen geweint. Die waren für sie viel schlimmer als alles, was in FRANKENWEENIE zu sehen ist. Aber weil der Film kein altbewährter und erprobter Klassiker ist, spielten
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