Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
an. »Mein Herr, mein Freund. Du weißt, was heute nacht passieren wird! Du mußt in einem deiner Häuser bleiben, wenn dir nichts passieren soll. Du darfst kein Risiko eingehen!«
Cheftu sah ihn mit einem traurigen Lächeln an. »Ich wage es nicht, weniger zu tun.«
Chloe wurde hochgerissen. In ihrem Kopf dröhnte es, und der Zorn in der Stimme des kushitischen Wachpostens war nicht zu überhören. Die Tür zwischen den beiden Zellen ging auf, und Chloe stieg in eine kühle, klebrige Pfütze, bevor sie nach draußen trat. Man schnitt ihr die Fesseln von den Füßen, dann wurde sie den abschüssigen Gang hinaufgezerrt. Ein spitzes Messer im Rücken, erklomm sie eine Leiter. Sobald sie sich im eigentlichen Tempel befand, sah sie sich um. Der Wachposten schubste sie auf das Licht am Ende eines Ganges zu, und Chloe hätte beinahe vor Erleichterung geweint, als sie die Sonne sah. Sie war bereits im Sinken begriffen, doch zum ersten Mal seit Tagen wurde es Chloe warm, und sie konnte ihr Los und ihren Hunger vergessen. Nur Cheftu nicht.
Sie biß die Zähne zusammen.
Man stieß sie grob auf einen Streitwagen, dann wurden ihre Hände um die breite Taille des Wagenlenkers gefesselt, der daraufhin mit ihr durch die ärmeren Viertel der Stadt auf das Flußufer zuhetzte. Der Duft von Blut und bratendem Fleisch hing in der Luft, und Chloe mußte kurz daran denken, wie oft sie für Nudeln oder Fisch auf ein Steak verzichtet hatte. Eine Sekunde lang blitzte das Bild eines durchgebratenen T-BoneSteaks, einer dampfenden Folienkartoffel mit Sauerrahm und Käse, eines frischen Gartensalates und eines leichten Merlots in ihrem Kopf auf. Dann verblaßte die Vision wieder, die ihr inzwischen vorkam wie eine unwirkliche Filmszene, nicht wie ein Teil ihres früheren Lebens.
Die Sonne stand tief über dem Horizont, und der Himmel war in kupferne und violette Streifen geschmiedet. Unvermittelt hielten sie vor einem einsamen Schiff an. Chloe war klar, daß dies ihre letzte Gelegenheit zur Flucht war. Sie spannte die Beine an und versuchte, ihre Kraft abzuschätzen, während der Wachposten ihre Hände losband. Sobald die Fesseln gelockert waren, zog sie die Hände mit aller Kraft nach hinten. Entweder würde sie ihm mit dem Seil die Luft abschnüren, oder es würde reißen, und sie konnte loslaufen. Plötzlich befreit, sprang sie aus dem Wagenkorb.
Die schützenden Bäume waren nur noch wenige Schritte entfernt, als der Wachposten mit vollem Gewicht von hinten in ihre Beine krachte und sie flach auf den Bauch stürzte, daß ihr der Atem wegblieb. Er zerrte sie wieder hoch. Ihre Beine bibberten, und sie schnappte nach Luft. Er rief den Mann auf dem Deck zu Hilfe, und Chloe wagte, nur wenige Schritte von der Freiheit entfernt, ihren letzten Fluchtversuch. Sie hörte ein Brüllen, dann wurde es dunkel um sie herum.
Cheftu schmeckte Magensäure, als er mitansehen mußte, wie der Kushit Chloe ohnmächtig schlug. Sie hatte sich tapfer gewehrt und Cheftu war entsetzt, wie elend sie mittlerweile aussah. Selbst im fahlen Abendlicht konnte er das Blut auf ihren Knöcheln erkennen, die blauen Flecken in ihrem Gesicht, wie dünn und bleich sie war. Nicht mehr lange, dachte er. Dann gehörst du wieder mir! Und diesmal werde ich dich bis zum letzten Atemzug verteidigen.
Der Rohling hatte sie an Bord gebracht und verbrannte jetzt Federn, um sie mit dem beißenden Gestank aufzuwecken. Cheftu beobachtete, wie sie den Kopf schüttelte und sich dann zusammenkrümmte. Eine Gestalt in einem Kapuzengewand trat zu ihr hin, und Chloe wich zurück. Cheftu reckte den Kopf, um mehr zu erkennen, doch die Dunkelheit war zu weit fortgeschritten. Er sah den Vollmond langsam in den Himmel steigen und mußte an die Menschen denken, die er beschworen hatte, heute abend dem Beispiel der Israeliten zu folgen. Chloes Schreie ließen ihn aufspringen. Durch die abendliche Stille hörte er Leder auf Fleisch klatschen. Auf ihr Fleisch. Säure tanzte in seinem Magen. Er würde den Kushiten und diesen Kapuzenkerl umbringen. Er würde sie alle beide umbringen.
Die Schreie brachen ab, und das Licht der Fackeln fiel auf den Kapuzenmenschen. Es war eine Frau, und die Stimme, mit der sie die Sechmet-Wächterinnen auf dem Boot herbeirief, klang irgendwie vertraut. Dann waren sie und der Kushit verschwunden, und das Rattern ihres Streitwagens verhallte im Dunkel.
Der höher steigende Mond überflutete die Szenerie mit seinem Licht. Cheftu lauschte gespannt. Er hörte nichts, also
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