Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
Bord verzichtete er auf all das Gold und die vielen Juwelen, mit dem sie ihn in Waset gesehen hatte, obwohl er immer noch ausgefeilte Augenschminke und einen Kopfschmuck trug. Chloe fragte sich insgeheim, ob er an Haarausfall litt. Soweit sie sehen konnte, faulenzte er vor sich hin. Vielleicht ähnelte er in mehr als nur einer Hinsicht einem Löwen.
Immer noch probierte er neue Zaubersprüche und Heiltränke aus, um ihr die Stimme wiederzugeben. Der letzte war besonders widerlich gewesen. Sie hatte den Verdacht, daß es sich um irgendwelchen Tierurin gehandelt hatte, in den er eine grüne Kräuterpaste gemischt hatte, eine Art ranziges Pesto. Sie verzog das Gesicht, wenn sie daran dachte, wie Cheftu darauf bestanden hatte, daß sie den ganzen Becher trank. Daß sie nicht in der Lage war, ihre Antworten in Worte zu fassen, frustrierte sie noch mehr. Cheftu sagte ihr einfach, was er ihr mitteilen wollte, dann spazierte er davon, ohne ihre niedergeschriebene Erwiderung abzuwarten.
Die Sonne ging gerade unter, als sie ihn in ihrem Rücken hörte. »Herrin RaEm.«
Chloe drehte sich um. Sein Schurz und sein Kopfschmuck glühten im Abendlicht. Sie neigte grüßend den Kopf.
»Wir werden morgen abend in Noph ankommen. Es tut mir leid, daß ich dir während des vergangenen Dekans kaum Gesellschaft geleistet habe, doch vielleicht erlaubst du mir, das heute abend gutzumachen?«
Ihr stockte der Atem, und er lachte, allerdings ohne jede Freude.
»Nein, Herrin. Ich habe eher an eine Runde Senet gedacht. In meiner Kabine ist ein Brett, wir können also hier unter Nuts Himmel spielen.« Er wartete ihre Antwort ab. »Du hast das Spiel früher sehr gern gespielt, Herrin«, meinte er leicht verwirrt. »Hat sich das in den letzten Jahren geändert?«
In Chloe wallte plötzlich Angst auf, durchschaut zu werden, deshalb schüttelte sie vehement den Kopf. Cheftu schickte einen Sklaven los, das Brett zu holen, dann zogen sie zwei Hocker an einen niedrigen Tisch im Bug. Die Mannschaft saß auf der Steuerbordseite, wo die Männer wie an den meisten Abenden spielten und aßen. Cheftu schenkte ihr einen Becher Bier ein und stellte das Brett auf. Zum Glück hatte Chloe Zugriff auf RaEms Erinnerung an das Spiel.
Die ersten beiden Partien gewann sie. Die erste nur knapp, weil Cheftu es nicht schaffte, die richtige Zahl zu würfeln, um vom Brett zu kommen, ehe Chloe ihn von hinten überholte und schlug. Cheftu nahm einen Schluck Wein und lachte leise in sich hinein, während sie das Spiel wieder aufbauten.
Er bemerkte Chloes fragenden Blick, »Ich mußte eben daran denken, wo ich das Spiel gelernt habe. Das war in meinem sechzehnten Sommer, und ein paar von uns waren dem PalastLehrer entwischt. Thut und Hat hatten noch Unterricht, und einer der älteren Halbbrüder, Ramoses, war aus dem Krieg zurückgekommen. Er war für Thutmosis auf einem Feldzug durch Kush gewesen.
Jedenfalls schlichen wir uns auf Anregung eines königlichen Cousins, Seti, in den Harem und spielten Senet und … assst … nicht um die Gunst der Damen, sondern eher um Aufklärungsunterricht. Es war ein höchst erregendes Erlebnis«, meinte er lachend. »Die Mädchen waren ein bißchen jünger als wir selbst, doch die meisten hatten ihr ganzes Leben damit zugebracht, sich darauf vorzubereiten, daß sie Thutmosis dem Ersten als Bettgefährtinnen dienten.
Als wir wieder hinausschlichen, waren wir trunken vom Wein und wie von Sinnen vor sinnlicher Erfahrung. Aber uns war klar, daß es unseren Tod bedeutete, wenn man uns erwischen würde, deshalb schlichen wir durch den Palastgarten davon, und die meisten von uns gingen heim.« Er verstummte.
Cheftu warf ihr einen kurzen Blick zu und widmete sich dann wieder ganz dem Brett. Chloe spürte, wie er sich von ihr zurückzog, wußte aber nicht, weshalb. Sie streckte eine Hand aus und legte sie in einer flehenden Geste, fortzufahren, auf seinen Unterarm.
Er zog ihn zurück.
Kochend vor Wut und zutiefst beschämt saß Chloe da, bis er wieder das Wort ergriff. Seine Stimme war kalt.
»Wie praktisch, daß du das Gedächtnis verloren hast, nicht wahr? Ich kann mir gut vorstellen, daß es momentan eine ganze Reihe von Dingen oder Menschen gibt, die du lieber vergessen möchtest. Leider muß ich mit meinen Erinnerungen leben.« Er wandte sich ab, und das Fackellicht zeichnete sein Profil nach. Aus seiner Stimme sprach Verachtung.
»Für dich ist alles nur ein Mittel zum Zweck. Nur ein weiterer Schritt auf deinem Weg zum Gipfel der
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