Timeless: Roman (German Edition)
Text zu einem neuen Lied«, erwiderte Michele schüchtern.
»Oh?« Philips Blick verriet großes Interesse. »Wie heißt denn das Lied?«
»Hm … ›Bring die Farben zurück‹«, antwortete sie mit verlegenem Kichern.
Philip grinste und küsste sie. »Der Titel gefällt mir. Du bist Texterin und ich Komponist – du und ich, wir ergänzen uns perfekt.« Philip setzte sich aufrecht hin und war ganz aufgeregt. »Das ist es! Wir müssen zusammen ein Lied schreiben. Vielleicht kann ich eine Melodie für ›Bring die Farben zurück‹ komponieren.«
»Das wäre … super«, erwiderte Michele langsam. »Aber ….« Sie war so verlegen, dass sie den Satz nicht beenden konnte, doch die Vorstellung machte sie nervös. Was, wenn Philip ihre Texte schlecht fand?
Philip spürte ihr Zögern und lächelte sie an. »Ich bin mir sicher, dass ich deine Texte mögen werde«, beruhigte er sie. »Du hast mir dein Geheimnis verraten, und nun verrate ich dir meins. Da ich weiß, dass meine Mutter und mein Onkel es nicht billigen werden, habe ich es bisher für mich behalten: Wenn ich im Juni mein Examen gemacht habe, will ich als Pianist und Komponist meinen Unterhalt verdienen. Man erwartet von mir, dass ich nächstes Jahr nach Harvard gehe … aber ich habe mich am Institute of Musical Art hier in New York beworben und wurde zugelassen. Es ist die beste Musikhochschule im ganzen Land. Und genau dort möchte ich studieren.«
»Wow!«, rief Michele aus und strahlte ihn an. Das ist die Juilliard School , dachte sie und erinnerte sich, dass das Musikkonservatorium ursprünglich Institute of Musical Art geheißen hatte.
»Ich möchte meinem Leben einen Sinn geben. Verstehst du, was ich meine?« Philip blickte sie eindringlich an. »Ich will mehr als nur noch mehr Reichtum anzuhäufen und das Familienvermögen zu vermehren. Mutter erwartet von mir, dass ich in Harvard meinen Abschluss mache und dann meinem Onkel bei den Geschäften helfe. Es wird ein kleiner Schock für sie sein, wenn ich mich stattdessen am Konservatorium anmelde. Ich hoffe nur, dass sie mir das und … die Lösung meiner Verlobung mit Violet irgendwann verzeihen kann.«
»Die Lösung deiner Verlobung?«, wiederholte Michele. »Du … hast dich also dafür entschieden?«
Philip nickte ernst.
»Philip, bist du … dir ganz sicher? Wegen Violet, meine ich.« Sie kaute nervös auf ihrer Unterlippe. »Ich habe das Gefühl, dass ich dein gesamtes Leben auf den Kopf stelle.«
»Aber im positiven Sinn«, konterte Philip. »Verstehst du denn nicht, dass mein Leben auf den Kopf gestellt werden musste?« Als Michele schwieg, fuhr er fort: »Ich war nie in Violet verliebt. Wir waren lediglich Freunde, die zusammen aufgewachsen sind, und unsere Eltern wollten durch unsere Heirat ihren Reichtum vermehren. So ist das in der New Yorker High Society nun mal … aber für mich ist das nicht das Richtige. Ich brauche meine Musik, und ich brauche … nun, seit ich dich gefunden habe …« Philip errötete und sah plötzlich verlegen aus. »Wie kann man von mir erwarten, dass ich jetzt eine andere heirate?«
»Ich weiß«, erwiderte Michele ängstlich und griff nach seiner Hand. »Mir geht es genauso.«
Nachdem sie ihr Picknick beendet hatten, überquerten sie die Bow Bridge und begaben sich zur luxuriös entworfenen Betheseda Terrace mit den verzierten Treppengeländern und Holzschnitzereien. Sie stiegen die Steintreppe hoch, die von der oberen Ebene zur Bethseda Fountain Plaza führte. Als sie sich unter den Springbrunnen und dessen Statue – einen Wasserengel – gesetzt hatten, nahm Philip Michele in die Arme und küsste sie – Michele hätte nicht sagen können, ob es Minuten oder Stunden waren; sie hatte jegliches Zeitgefühl verloren.
»Was glaubst du, bedeutet das alles?«, fragte sie plötzlich. »Du weißt … die Tatsache, dass wir uns kannten, noch bevor wir uns getroffen haben, und dass du abgesehen von Clara der Einzige bist, der mich sehen kann?«
»Dass wir zusammengehören?«, schlug Philip vor und zog sie erneut an sich.
»Aber … wie soll das gehen? Wie können wir tatsächlich zusammen sein, wenn ich in deiner Zeit nicht wirklich existiere und du dich nicht in meine Zeit versetzen lassen kannst?« Michele schluckte schwer. »Manchmal kommt es mir wie ein grausamer Scherz vor.«
Philip schwieg einen Augenblick lang, dann wandte er sich ihr zu und blickte sie durchdringend an. »Es hat einen Grund, dass wir uns begegnet sind. Ich weiß genau, dass die
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