Timeless: Roman (German Edition)
Vaters Ankündigung, mich zu adoptieren, reagieren werden«, bemerkte Clara und kaute auf ihrer Unterlippe. »Aber er sagt, es gibt nichts, was sie dagegen einwenden könnten. Henrietta würde es nicht wagen, ihn deswegen zu verlassen, aus Furcht vor dem öffentlichen Gerede. Und selbst wenn sie und Violet mich meiden sollten – solange ich Vater an meiner Seite habe, kann ich damit leben.«
»Sie werden es bestimmt verkraften und dich lieben lernen«, sagte Michele aufmunternd. »Du wirst einen guten Einfluss auf diese Snobs haben.«
Clara hielt sich die Hand vor den Mund und kicherte. In diesem Augenblick klopfte eine der Zofen an die Tür.
»Miss Clara, das Dinner wird gleich serviert. Wollen Sie das Essen wieder aufs Zimmer gebracht bekommen?«
»Nein, danke. Ich gehe hinunter, um mit der Familie zu speisen.« Clara grinste Michele spitzbübisch an.
Bevor sie hinunterging, umarmte sie Michele noch einmal. »Vielen, vielen Dank. Du bist der freundlichste Geist, dem ich je begegnet bin.«
»Danke.« Michele lachte. »Viel Glück, Clara.«
Michele blieb noch eine Weile im Zimmer, nachdem Clara gegangen war. Clara hat Glück, dass sie eine richtige Familie hat, mit der sie jeden Tag zu Abend essen kann , dach te Michele wehmütig. Als sie sich das einsame Abend essen in ihrem Zimmer vorstellte, wenn sie wieder ins Jahr 2010 zurückkehrte, die lieblose Atmosphäre im Windsor Mansion, verspürte sie erneut Schmerz. Sie musste raus aus dem Haus; musste dem dumpfen Druck in ihrem Inneren entfliehen.
10
M ichele!«
Als sie aufsah, hüpfte ihr Herz vor Freude. Sie war gerade durch das Tor des Windsor Mansion getreten und steuerte auf das Walker Mansion zu – und da stand Philip, der sie überglücklich anstrahlte. Überwältigt rannte Michele auf ihn zu. Doch bevor sie ihm in die Arme fallen konnte, griff er nach ihrer Hand und führte sie zur Rückseite des Walker Mansion, wo niemand sie sehen konnte. Als sie allein waren, nahm er sie in die Arme und küsste ihre Lippen, ihr Haar und ihre Lider.
»Du bist wieder da!« Er verstummte und betrachtete sie voller Sorge.
»Was ist los? Hast du geweint?«
Michele mied verlegen seinen Blick, doch Philip drehte ihr Kinn zu sich.
»Erzähl schon. Was ist los?«, fragte er sanft.
»Ich bin nur …« Michele schluckte schwer.
Philip strich ihr übers Haar. »Nun komm, sag’s schon.«
»Ich fühle mich so allein«, flüsterte Michele, »außer, wenn du da bist.«
Philip drückte sie enger an sich. »Was meinst du damit?«
»Ich will damit sagen … ich habe keine Eltern.« Plötzlich konnte Michele die Tränen nicht mehr zurückhalten und brach in heftiges Schluchzen aus. »Und im Grunde genommen habe ich nicht einmal Großeltern. Ich habe das Gefühl, mutterseelenallein auf der Welt zu sein, ohne Familie und ganz auf mich gestellt.«
Philip streichelte ihren vom Schluchzen geschüttelten Rücken und küsste sie aufs Haar. »Es tut mir ja so leid«, murmelte er. »Ich weiß, was du fühlst, denn mir geht es genauso.«
Michele rieb sich die Augen. »Was für ein komisches Paar wir sind!«
Philip lehnte seine Stirn gegen ihre. »Irgendjemand hat mir mal gesagt, dass Freunde die Familie sind, die man sich aussucht. Ich habe eine Idee: Ich werde deine Familie sein und du meine.«
Michele wurde warm ums Herz, und sie schenkte ihm ein kleines Lächeln. »Okay … das klingt gut.«
»Jetzt wird es aber Zeit, dass wir auf andere Gedanken kommen«, erklärte Philip, und das Funkeln kehrte in seine Augen zurück. »Ich lade dich zu einem richtigen Date ein.«
»Wohin können wir schon gehen?«, erwiderte Michele kichernd. »Niemand kann mich sehen. Man wird dich für völlig verrückt halten, wenn du versuchst, in einem Restaurant einen Tisch für zwei zu bekommen.«
»Ich habe schon eine Idee«, sagte er augenzwinkernd. Er nahm ihre Hand und führte sie ins Walker Mansion, die Treppe hinunter und zum Dienstbotenquartier. Philip riss die Küchentür auf.
»Mr. Walker!« »O mein Gott!« »Was tun Sie hier?«, riefen die Köchin und die Küchenmädchen verblüfft durcheinander. Michele warf ihm einen erstaunten Blick zu. Was hatte er vor?
»Nur die Ruhe. Es ist doch wohl nichts dabei, wenn ich ab und zu in der Küche auftauche«, sagte Philip fröhlich.
»Aber die Herrschaften kommen nie in die Küche herunter«, rief die Köchin. »Es gehört sich nicht, dass Sie uns aufsuchen, und das wissen Sie, Master Philip.«
»Nun, es wird höchste Zeit, dass wir diese
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