Timeless: Roman (German Edition)
hatte, hier in unserer Stadt.
Ich liebe dich, Clara, und habe mir in all den Jahren nichts sehnlicher gewünscht, als dein Vater zu sein«, erklärte George, Tränen rollten über seine Wangen. »Gibst du mir eine zweite Chance?«
Claras Hände zitterten. »Ich … kann es nicht glau ben«, flüsterte sie. »Das ist zu viel. Alles, was ich über meine Mutter und meinen Vater wusste … war falsch.«
George schüttelte den Kopf. »Nicht alles. Du hast gedacht, du hast eine Mutter und einen Vater, die dich lieben und die sich gegenseitig lieben. Und das ist die Wahrheit. Ich vermisse deine Mutter jeden Tag meines Lebens – und ich habe dich schon geliebt, bevor ich dich kannte.«
Clara starrte ihren Vater an, und als sie die Wahrheit begriff, ließ sie ihren Tränen freien Lauf. Sie stand auf und ging zögerlich auf ihn zu. Dann fielen sie einander in die Arme und weinten bei ihrer ersten Umarmung als Vater und Tochter.
Michele staunte über die gemischten Gefühle, die in ihr aufkeimten. Sie freute sich sehr für Clara, doch Georges Geschichte zu hören und zu sehen, wie er seine Tochter umarmte, bereitete ihr auch Schmerz. Sie musste an ihre eigene Familie denken: an ihre Mutter, die tot war; ihre Großeltern, die in ihrer eigenen fernen Welt lebten, und ihren Vater, den sie nie kennenlernen würde. Erst jetzt, wo sie die gefühlvolle Wiedervereinigung von George und Clara beobachtete, empfand sie zum ersten Mal seinen Verlust, als würde ihr Herz von einer unsicht baren Faust umklammert. Sie hob die Kette mit dem Generalschlüssel hoch und starrte sie an. Wenn Henry Irving sie doch irgendwie finden und ihr die Antworten geben könnte, die sie suchte … Wenn sie einfach am nächsten Morgen aufwachen und feststellen würde, dass sie keine Waise mehr wäre.
Stillschweigend zog sich Michele aus dem Arbeitszimmer zurück und begab sich in Claras Zimmer, um dort auf sie zu warten. Als Clara eine Weile später zurückkehrte, waren ihre Augen zwar noch feucht, strahlten aber auch. Sie nahm Michele in die Arme.
»Ich kann dir nicht genug dafür danken, dass du die Wahrheit entdeckt und mich und meinen Vater zusammengebracht hast«, sagte sie und umfasste dankbar Micheles Hände.
»Ich freue mich, dass es mir gelungen ist«, erwiderte Michele. »Du hast das Glück, Teil einer richtigen Familie zu sein.«
»Ich bin so sehr an die Einsamkeit gewöhnt«, bemerkte Clara. »Es fällt mir schwer zu glauben, dass ich tatsächlich geliebt werde.«
»Dein Dad liebt dich wirklich«, bestätigte Michele und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. »Und du hast auch eine Mom gehabt und einen Stiefvater, der alles für dich getan hätte. Was Edmond für dich und deine Mutter getan hat, ist unglaublich.«
»Ja, das stimmt«, sagte Clara. »Ich bin gleichzeitig dankbar und traurig.«
»Wann wird George der übrigen Familie die Wahrheit über dich sagen?«, wollte Michele wissen.
»Er wollte es ihnen auf der Stelle erzählen, aber ich habe ihn gebeten, es nicht zu tun«, erwiderte Clara und setzte sich an ihren Frisiertisch.
»Was? Warum hast du das getan?« Michele blickte Clara verständnislos an.
»Nun, Vater wird mich adoptieren. Also werde ich offiziell Miss Clara Windsor.« Claras Wangen röteten sich vor Freude. »Und Violet hat die Wahrheit erraten. Aber ich will Henrietta und der kleinen Frances keinen Kummer bereiten, und ich weiß, es würde sie kränken, wenn Vater bestätigen würde, dass ich seine Tochter bin. Es genügt mir, dass er und ich es wissen. Und ich weiß, dass ich ein Kind der Liebe bin, aber … na ja, du weißt, wie die Gesellschaft darüber denken würde. Das würde den Ruf der Familie zerstören. Ich könnte nie zulassen, dass Vater dies für mich tut.«
»Wow«, wunderte sich Michele. »Das ist echt großzügig von dir, dass du euer Geheimnis für immer wahren willst!« Ich bin also die einzige Person meines Jahrhunderts, die die Wahrheit kennt , dachte sie erstaunt.
»Vater gefällt das gar nicht, aber ich weiß, mit der Zeit wird er einsehen, dass es so das Beste für uns alle ist«, sagte Clara.
»Aber wie will er erklären, dass er dich adoptiert?«, wollte Michele wissen.
»Wir werden sagen, dass mein Vater ein Jugendfreund von ihm war und er die Vorstellung nicht ertragen kann, dass die Tochter seines engen Freundes eine mittellose Waise ist«, erklärte Clara.
»Hmm. Hört sich gut an.«
»Ich gebe zu, mich macht der Gedanke nervös, wie Violet und Henrietta und die anderen wohl auf
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