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Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition)

Titel: Timeless - Schatten der Vergangenheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Monir
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extravagante Häuser aneinander, die dem Windsor Mansion ähnelten.
    Das bilde ich mir nur ein, sagte sich Michele. Ich kann nicht in der Vergangenheit sein.
    Sie lief schneller und wechselte von der Fifth zur Sixth Avenue, doch noch immer wirkten die Straßen wie aus einer anderen Zeit ohne eine Spur von modernen Autos oder Gebäuden. Michele entdeckte einen geisterhaften, einsamen Zeitungsjungen, der die Tageszeitung feilbot, und warf einen Blick auf das fett gedruckte Datum: 29. November 1904
    Unmöglich. Ich habe meinen Schlüssel nicht.
    Ohne ihr Tempo zu verringern, hastete sie die Seventh Avenue hinauf, bis sie die gedrungene Sandsteinfassade des Osborne-Apartmenthauses erblickte. Als sie stehen blieb, wurde alles um sie herum wieder normal. Gelbe Taxis nahmen ihre Plätze wieder ein, Hochhäuser wuchsen wieder in den Himmel, und auf den Vordächern der Theater wurden die neuesten Broadway-Hits beworben.
    Michele atmete tief durch und betrachtete voller Überraschung das Osborne. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie zu ihm gelaufen war – doch jetzt, da sie hier war, konnte sie sich nicht vorstellen, irgendwo anders zu sein. Zögerlich trat sie einen Schritt näher und sah zu seinem Fenster hinauf. Die Vorhänge waren zugezogen.
    Eine Woge der Erschöpfung rollte über sie hinweg, und bevor sie sich umdrehte, um wieder nach Hause zu gehen, sah sie noch einmal zu Philips Fenster hinauf. Als plötzlich eine Hand auftauchte und die Vorhänge zur Seite schob, schnappte sie nach Luft. Ein Gesicht drückte sich an die Scheibe, und Micheles Kiefer klappte herunter, als der erwachsene Philip aus den 1930ern mit verträumtem Gesichtsausdruck in die Nacht hinausblickte.
    »O mein Gott.« Jetzt war es also amtlich – sie hatte Halluzinationen.
    Sie kniff die Augen zusammen, und als sie abermals hinaufsah, waren die Vorhänge wieder geschlossen. Wenn er nur wirklich da gewesen wäre. Mit einem letzten sehnsuchtsvollen Blick wich Michele ein paar Schritte vom Osborne zurück, dann machte sie kehrt und ging nach Hause.
    Fünfter Tag
    Nervös nippte Michele an ihrem Wasserglas, während sie aus dem Fenster des Celsius blickte, einem Restaurant mit Ausblick auf den Bryant Park und die Eislaufbahn. Direkt dahinter ragte das gigantische Beaux-Arts-Bauwerk der New York Public Library empor, und Michele wäre am liebs ten aus dem Restaurant gelaufen und hätte sich zwischen den Büchern versteckt, bevor die Person eintraf, mit der sie verabredet war. Aber dann betrat eine Frau Ende dreißig den Raum, ihre grünen Augen wirkten warm und herzlich, und Micheles Anspannung ließ spürbar nach.
    »Du musst Marions Tochter sein.« Die Frau begrüßte sie lächelnd. »Diese Augen würde ich überall wiedererkennen. Ich bin Lisa Jade.«
    »Hi.« Michele erhob sich, um ihr die Hand zu schütteln, aber Lisa zog sie stattdessen in eine Umarmung. »Es ist so wunderbar, dich kennenzulernen. Das mit deiner Mutter tut mir so furchtbar leid.« Ihre Augen füllten sich mit Trauer, und in diesem Moment konnte Michele spüren, welche Freundschaft ihre Mutter und Lisa einst verbunden haben musste.
    »Mein Großvater sagt, du hättest an dem Tag angerufen, als sie gestorben ist«, sagte Michele. »Was hat dich dazu gebracht, dich nach all den Jahren zu melden?«
    »Ich hatte oft an sie gedacht. Nicht nur an diesem Tag«, erklärte Lisa, die sich Michele gegenüber an den Tisch gesetzt hatte. »Aber wir hatten uns als Teenager so sehr verändert. Ich bin aufs Internat gegangen und habe diese selt same übersinnliche Gabe entwickelt. Das hat mich zu einer Einzelgängerin gemacht. Ich war verängstigt und überwältigt, und es war viel einfacher, allein zu sein, als zu versuchen, mich bei meinen Freunden wie ein normales Mäd chen zu verhalten. Als ich mich in meinem neuen Leben eingefunden hatte und selbstsicherer geworden war, war Marion nach Los Angeles gezogen. Wie es aussah, hatte sich das Fenster unserer Freundschaft geschlossen, aber ich habe sie und die gemeinsame Zeit mit ihr immer vermisst.«
    Aus ihrer Handtasche holte Lisa ein Foto und schob es über den Tisch: ein Bild von Marion und Lisa mit zwölf Jahren in zusammenpassenden neonfarbenen Overalls und mit seitlich gebundenen Pferdeschwänzen. Beim Anblick des Fotos musste Michele kichern und gleichzeitig gegen die Tränen ankämpfen.
    »Kinder der Achtziger«, sagte Lisa mit einem schwa chen Lächeln. »Wir hatten so viel Spaß zusammen.« Ihr Lä cheln verblasste. »Am Tag, als deine

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