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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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hell erleuchteten Fenstern des Festsaals. Schwach war Musik zu hören. Der festliche Anblick machte ihn noch niedergeschlagener, er kam sich noch einsamer und verlassener vor. Sie sollten alle drei umgebracht werden und es gab nichts, was sie dagegen tun konnten.
    Ihr Gefängnis war eine kleine Kammer hoch oben im Hauptturm der Burg, mit Blick auf die Burgmauern und die Stadt dahinter. Es war das Zimmer einer Frau, mit einem Spinnrad und einem Altar auf der einen Seite, oberflächlichen Zeichen der Frömmigkeit und Demut, die jedoch förmlich erdrückt wurden von dem riesigen Bett mit roten Samtbezügen und Pelzbesatz in der Mitte des Zimmers. Die Tür bestand aus massiver Eiche und besaß ein neues Schloß. Sir Guy hatte die Tür eigenhändig verschlossen, nachdem er eine Wache im Zimmer, auf einem Hocker neben der Tür, und zwei draußen  postiert hatte.
    Diesmal gingen sie kein Risiko ein.
    Marek saß auf dem Bett und starrte gedankenverloren ins Leere. Vielleicht lauschte er aber auch, er hatte sich eine Hand ans Ohr gelegt. Kate ging unterdessen ruhelos von einem Fenster zum anderen und verglich die Ausblicke. Am hintersten Fenster beugte sie sich hinaus, schaute nach unten, kehrte dann zum Fenster zurück, an dem Chris stand, und beugte sich auch hier hinaus.
    »Der Ausblick hier ist auch nicht anders«, sagte Chris. Ihre Ruhelosigkeit irritierte ihn.
    Dann sah er, daß sie mit der Hand die Außenmauer neben dem Fenster abtastete und die Beschaffenheit von Steinen und Mörtel prüfte.
    Er sah sie fragend an.
    »Vielleicht«, sagte sie mit einem Nicken. »Vielleicht.«
    Chris streckte nun ebenfalls die Hand hinaus und tastete die Mauer ab. Sie war gerundet, fast glatt und fiel senkrecht zum Burghof hin ab.
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Nein«, sagte sie, »absolut nicht.«
    Er schaute noch einmal hinaus. Im Hof waren neben den Höflingen noch viele andere zu sehen. Einige Burschen scherzten und lachten, während sie Rüstungen polierten und die Pferde der Ritter versorgten. Rechts patroullierten Soldaten auf der Mauerkrone. Es konnte leicht passieren, daß einer sich umdrehte und hochschaute, falls ihre Bewegungen ihm ins Auge fielen.
    »Man wird dich sehen.«
    »An diesem Fenster, ja. Am anderen nicht. Unser einziges Problem ist der da.« Sie nickte in Richtung der Wache neben der Tür. »Könnt ihr mir nicht irgendwie helfen?«
    Marek, der noch immer auf dem Bett saß, sagte: »Ich kümmere mich darum.«
    »Was soll denn das?« sagte Chris sehr verärgert. Er sprach  laut. »Mir traust du das wohl nicht zu, was?«
    »Nein, das tue ich nicht.«
    »Verdammt, ich lasse mich von dir nicht länger so behandeln«, sagte Chris. Er schien wütend und auf der Suche nach einer Möglichkeit, Dampf abzulassen. Schließlich packte er den kleinen Hocker neben dem Spinnrad und stürzte damit auf Marek zu.
    Die Wache sah es, rief hastig: »Non, non, non« und eilte zu Chris. Der Mann merkte überhaupt nicht, daß Marek hinter ihn trat und ihm einen metallenen Kerzenhalter über den Kopf zog. Er sackte zusammen, und Marek fing ihn auf und ließ ihn sachte
    zu Boden gleiten. Blut quoll aus dem Kopf des Mannes auf einen orientalischen Teppich.
    »Ist er tot?« fragte Chris und starrte Marek an.
    »Ist doch egal«, sagte Marek. »Red einfach leise weiter, damit die draußen unsere Stimmen hören.«
    Sie drehten sich um, aber Kate war bereits verschwunden.
    Ist auch nichts anderes als Freeclimbing, sagte sich Kate, die zwanzig Meter über dem Boden an der Mauer hing.
    Der Wind fuhr ihr in die Kleider und zerrte an ihr. Mit den Fingerspitzen klammerte sie sich an kleinen Mörtelvorsprüngen fest. Manchmal zerbröckelte der Mörtel, und sie mußte nachgreifen. Doch ab und zu fand sie Kerben im Mörtel, die so groß waren, daß sie ihre Fingerspitzen hineinstecken konnte.
    Sie hatte schon höhere Schwierigkeitsgrade gemeistert. Jedes Gebäude in Yale war schwieriger, allerdings hatte sie dort Kreide für die Hände, richtige Kletterschuhe und eine Sicherheitsleine gehabt. Hier war sie ungesichert.
    Sie war zum westlichen Fenster hinausgeklettert, weil es sich im Rücken der Wachen befand, weil es zur Stadt hinausging und so die Wahrscheinlichkeit geringer war, daß man sie vom Hof aus sah, und weil es von dort aus die kürzeste Entfernung zum nächsten Fenster war – dem Fenster am Ende des Gangs, der an ihrer Kammer vorbeiführte.
    Es ist nicht weit, sagte sie sich. Nur nichts überstürzen. Keine Eile. Eine Hand, dann ein

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