Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit
knallte sie gegen Bäume, mit einer Wucht, daß ihr die Luft wegblieb.
Das Gelände wurde immer steiler. Sie fiel rückwärts in den Schlamm und rutschte auf dem Hintern weiter in die Tiefe. Mit den Füßen versuchte sie sich von den Bäumen abzustoßen, die ihr entgegensausten. Äste zerkratzten ihr das Gesicht und rissen ihr die Hände auf, wenn sie versuchte, sich daran festzuhalten. Sie schien ihren Absturz nicht bremsen zu können.
Und das Gelände wurde noch steiler. Der Baumbestand vor ihr lichtete sich, sie sah jetzt Licht zwischen den Stämmen und hörte das Rauschen von Wasser. Sie rutschte einen Pfad hinunter, der parallel zu einem kleinen Bach verlief. Der Wald wurde immer lichter, und dann sah sie, daß er etwa zwanzig Meter vor ihr abrupt endete. Das Wasserrauschen wurde lauter.
Plötzlich wußte sie, warum der Wald so plötzlich aufhörte.
Es war der Rand einer Felswand . Und dahinter war ein Wasserfall. Direkt vor ihr . Entsetzt drehte Kate sich auf den Bauch und grub ihre Finge r wie Klauen in den Schlamm, aber es half nichts. Sie rutschte immer weiter. Sie konnte sich nicht bremsen. Tiefer und tiefer ging es in der Schlammrinne, sie drehte sich wieder auf den Rücken und konnte nichts anderes mehr tun, als hilflos auf das Ende zu warten, und plötzlich schoß sie aus dem Wald hinaus und flog durch die Luft.
Sekundenbruchteile später krachte sie auf Laubwerk, griff danach, und es hielt. Offenbar hing sie in den Ästen eines großen, über den Rand hinausragenden Baumes. Der Wasserfall war direkt unter ihr. Er war nicht so groß, wie sie gedacht hatte. Drei, vielleicht fünf Meter tief Unten sah sie ein Becken. Aber sie konnte nicht feststellen, wie tief es war.
Sie versuchte, an den Ästen in Richtung Stamm zu klettern, aber ihre Hände waren glitschig vom Schlamm. Immer wieder rutschte sie ab, und schließlich kippte sie auf dem Ast langsam nach unten. Wie ein Faultier hing sie mit Händen und Beinen an dem Baum und versuchte, sich daran entlangzuhangeln. Nach eineinhalb Metern merkte sie, daß sie es nicht schaffen würde.
Sie fiel.
Und prallte auf einen weiteren Ast, einen guten Meter tiefer. Einen Augenblick hing sie so, griff mit glitschigen, schlammigen Händen nach dem Ast. Dann fiel sie wieder und hing im nächsten Ast.
Jetzt war sie nur noch einen guten Meter über dem Wasserfall, der brausend und spritzend in die Tiefe stürzte. Die Äste des Baums waren feucht von der Gischt. Sie schaute nach unten zu dem brodelnden Becken am Fuß des Wasserfalls. Doch sie konnte den Grund nicht sehen, wußte folglich nicht, wie tief das Becken war.
Während Kate so an diesem gefährlich schwankenden Ast hing, dachte sie nach. Wo zum Teufel ist Chris? Im nächsten Augenblick verlor sie den Halt und stürzte in die Tiefe.
Das Wasser war ein eisiger Schock, ein blubberndes, milchiges Brodeln. Sie wurde herumgewirbelt, strampelte orientierungslos, schlug gegen die Felsen am Grund. Schließlich tauchte sie unter dem Wasserfall auf, der mit unglaublicher Gewalt auf ihren Kopf prasselte. Sie konnte nicht atmen, und so tauchte sie wieder, schwamm ein Stück und kam ein paar Meter weiter vorne wieder an die Oberfläche. Das Wasser im Becken war ruhiger, aber noch immer eiskalt.
Kate stieg heraus und setzte sich ans Ufer. Das aufgewühlte Wasser hatte ihr allen Schlamm aus den Kleidern und vom Körper gespült. Sie fühlte sich irgendwie neu – und sehr glücklich, am Leben zu sein.
Während sie langsam wieder zu Atem kam, sah sie sich um.
Sie befand sich in einem schmalen Tal, und das nachmittägliche Sonnenlicht fiel durch den Gischtschleier des Wasserfalls. Das Tal war üppig und feucht. Das Gras war naß, Bäume und Felsen waren mit Moos bedeckt. Direkt vor sich sah sie einen Steinpfad, der zu einer kleinen Kapelle führte.
Auch die Kapelle war naß, alle Oberflächen waren mit einem schleimigen Moder bedeckt, der die Mauern überzog und vom Dachrand tropfte. Der Moder war leuchtend grün.
Die grüne Kapelle.
Neben der Tür zur Kapelle lagen in unordentlichen Haufen kaputte Rüstungen, verrostete Brustpanzer und verbeulte Helme, und auch Schwerter und Äxte lagen willkürlich in der Umgebung verstreut.
Kate suchte nach Chris, sah ihn aber nirgends. Offensichtlich war er nicht die ganze Strecke gefallen wie sie. Wahrscheinlich suchte er sich gerade einen anderen Weg in dieses Tal. Kate beschloß, auf ihn zu warten; zuvor war sie sehr froh gewesen, ihn zu sehen, und jetzt vermißte sie
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