Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
auflag, der mit dicken Hanfseilen gespannt wurde. Wurden diese Seile gelöst, schnellte der Schwenkarm, von einem Gegengewicht gezogen, nach oben und schleuderte seine Last über die Burgmauern.
    Eine solche Vorrichtung schien weit über zweihundert Kilo zu wiegen, doch die Männer errichteten sie äußerst schnell, sie arbeiteten koordiniert und gingen dann sofort zur nächsten Maschine. Als Kate dies sah, verstand sie plötzlich, warum in einigen Fällen eine Kirche oder eine Burg in wenigen Jahren hatte errichtet werden können. Die Arbeiter waren so geschickt und selbständig, daß sie kaum Anweisungen brauchten.
    Sie wendete ihr Pferd und ritt in den dichten Wald nördlich der Burg hinein.
    Der Weg war nur ein schmaler Pfad durch den Wald, der immer dunkler wurde, je tiefer sie in ihn eindrang. Es war unheimlich, allein hier zu sein, sie hörte Eulenschreie und die entfernten Rufe unbekannter Vögel. Sie kam an einem Baum vorbei, auf dessen Ästen ein Dutzend Raben saßen. Als sie sie zählte, fragt sie sich, ob das ein Omen war und was es wohl bedeuten mochte.
    Während sie langsam durch den Wald ritt, hatte sie mit einem Mal das Gefühl, in der Zeit rückwärts zu gehen und primitivere Denkweisen anzunehmen. Die Bäume schlossen sich über ihr, der Boden war dunkel wie am späten Abend. Sie fühlte sich beklommen und eingesperrt.
    Nach zwanzig Minuten kam sie erleichtert aufatmend zu einer sonnenbeschienenen Lichtung mit hohem Gras. Auf der gegenüberliegenden Seite erkannte sie eine Lücke in den Bäumen, dort führte der Pfad also weiter. Sie ritt eben über die Lichtung, als sie links von sich eine Burg bemerkte. Sie konnte sich nicht erinnern, dieses Gebäude je auf einer ihrer Karten gesehen zu haben, dennoch stand es hier. Es war nur eine kleine Burg – eher ein Landhaus – und weiß getüncht, so daß es hell im Sonnenschein leuchtete. Es hatte vier Türmchen und ein blaues Schieferdach. Auf den ersten Blick wirkte es fröhlich, doch dann sah sie, daß alle Fenster vernagelt waren; im Schieferdach klaffte ein Loch und die Nebengebäude waren nur noch Ruinen. Diese Lichtung war einst eine gemähte Wiese vor der Burg gewesen, doch jetzt regierte der Wildwuchs. Ein Gefühl von Stillstand und Verfall beschlich sie.

    Sie schauderte und spornte ihr Pferd an. Plötzlich fiel ihr auf, daß das Gras vor ihr erst vor kurzem niedergetrampelt worden war — von den Hufen eines Pferdes, das in dieselbe Richtung ging wie sie. Die langen Halme richteten sich langsam wieder auf.
    Jemand war erst vor kurzem hier gewesen. Vielleicht erst vor ein paar Minuten. Vorsichtig bewegte sie sich zum anderen Ende der Lichtung.
    Dunkelheit schloß sich erneut um sie, als sie wieder in den Wald hineinritt. Der Pfad wurde schlammig, und sie konnte deutlich Hufspuren erkennen.
    Immer wieder hielt sie an und horchte. Aber von vorne kam überhaupt kein Geräusch. Entweder war der Reiter weit vor ihr, oder er war sehr leise. Ein-oder zweimal glaubte sie, die Geräusche eines Pferds zu hören, aber sie war sich nicht sicher.
    Wahrscheinlich bildete sie es sich nur ein.
    So ritt sie weiter auf die grüne Kapelle zu. Oder, wie sie in ihren Karten genannt wurde, auf la chapelle verte morte zu. Auf die Kapelle des grünen Todes.
    Nach einer Weile stieß sie im dunklen Wald auf eine Gestalt, die erschöpft an einem umgestürzten Baum lehnte. Es war ein verschrumpelter alter Mann mit einer Kapuze auf dem Kopf und einer Holzfälleraxt in der Hand. Als sie vorbeiritt, sagte er: »Ich flehe Euch an, guter Herr, ich flehe Euch an.« Seine Stimme war dünn und röchelnd. »Bitte gebt mir einen kleinen Bissen, denn ich bin arm und habe nichts zu essen.«
    Kate glaubte zwar nicht, daß sie Proviant bei sich hatte, doch dann erinnerte sie sich, daß der Ritter ihr ein kleines Bündel hinten an den Sattel gebunden hatte. Sie griff hinein, fand einen Ranken Brot und ein Stück getrocknetes Rindfleisch. Es sah nicht sehr appetitlich aus, vor allem, da es inzwischen stark nach Pferdeschweiß roch. Sie hielt ihm das Essen hin.
    Der Mann richtete sich gierig auf und streckte eine knochige Hand nach dem Essen aus – doch plötzlich packte er mit erstaunlicher Kraft ihr Handgelenk und versuchte, sie mit einem schnellen Ruck vom Pferd zu ziehen. Dabei kicherte er vor Vergnügen, ein abstoßendes Geräusch. Während er so mit ihr kämpfte, rutschte ihm die Kapuze vom Kopf, und sie sah, daß er  jünger war, als sie gedacht hatte. Jetzt kamen drei andere

Weitere Kostenlose Bücher