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Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit

Titel: Timeline: Eine Reise in die Mitte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Professor Johnston oft sagte: Wer über die Geschichte nichts weiß, der weiß überhaupt nichts. Der ist ein Blatt, das nicht weiß, daß es Teil eines Baums ist.
    Die Börsenmakler machten stur weiter, so wie Leute es oft tun, wenn sie mit ihrer eigenen Unwissenheit konfrontiert werden. »Wirklich: England gehörte ein Teil Frankreichs? Das ist doch Blödsinn. Engländer und Franzosen haben einander immer gehaßt.«
    »Nicht immer«, sagte Marek. »Das war vor sechshundert Jahren. Es war eine völlig andere Welt. Engländer und Franzosen standen sich damals viel näher. Seit Soldaten aus der Normandie im Jahr 1066 England eroberten, war fast der gesamte englische Adel französisch. Man sprach französisch, aß französisch, folgte der französischen Mode. Es war nicht überraschend, daß diese Adligen französisches Territorium besaßen. Hier im Süden hatten sie mehr als ein Jahrhundert lang über Aquitanien geherrscht.«
    »Und? Worum ging's in dem Krieg? Wollten die Franzosen plötzlich alles für sich selbst?«
    »Mehr oder weniger, ja.«
    »Paßt«, sagte der Mann mit einem wissenden Grinsen.
    Marek dozierte weiter. Chris vertrieb sich die Zeit, indem er versuchte, mit Kate Blickkontakt herzustellen. Das Kerzenlicht  machte ihre Gesichtszüge, die im Sonnenlicht hart, ja beinahe verbissen aussahen, weicher. Er fand sie unerwartet attraktiv.
    Aber sie erwiderte seinen Blick nicht. Ihre Aufmerksamkeit war ausschließlich auf ihre Maklerfreunde gerichtet. Typisch, dachte Chris. Egal, was die Typen plapperten, Frauen fühlten sich nur zu Männern mit Macht und Geld hingezogen. Auch wenn es solche bornierten Dünnbrettbohrer waren wie diese beiden.
    Als schließlich einer der Männer anfing, mit seiner Uhr zu spielen und sie um sein Handgelenk wirbelte, hielt Chris es nicht länger aus. Abrupt stand er auf, murmelte eine Entschuldigung und daß er seine Analysen noch einmal überprüfen müsse und ging dann die Rue Tourny hinunter zum Parkplatz am Rand des alten Viertels.
    Unterwegs kam es ihm vor, als würde er in dem Sträßchen nur Liebende sehen, Paare, die Arm in Arm gingen, die Frau den Kopf auf der Schulter des Mannes. Sie fühlten sich wohl miteinander, ohne reden zu müssen, genossen einfach die romantische Umgebung. Jedes Paar, das ihm begegnete, machte ihn mürrischer und ließ ihn schneller gehen.
    Er war erleichtert, als er endlich beim Auto war und heimfahren konnte.
    Nigel!
    Was für ein Idiot hatte einen Namen wie Nigel?
    Am nächsten Morgen hing Kate wieder in der Kapelle von Castelgard als ihr Funkgerät knisterte und sie den Schrei hörte: »Heiße Tamales! Heiße Tamales. Planquadrat vier. Mittagessen ist fertig. Kommt und holt es euch.«
    Das war der Signalruf des Teams, wenn jemand eine neue Entdeckung gemacht hatte. Für alle wichtigen Mitteilungen benutzten sie Codewörter, weil sie wußten, daß die örtlichen Behörden manchmal ihren Funkverkehr abhörten. Bei anderen Ausgrabungen hatte die Regierung gelegentlich Agenten geschickt, die alle Funde sofort nach der Entdeckung konfiszierten, bevor die Forscher Gelegenheit hatten, sie zu dokumentieren und zu bewerten. Obwohl die französische Regierung ein durchaus verständiges und aufgeklärtes Verhältnis zu historischen Kulturgütern hatte — in vieler Hinsicht ein besseres als die Amerikaner –, waren die einzelnen Inspektoren vor Ort oft berüchtigt für ihre Ignoranz. Und natürlich begegnete man häufig auch dem Vorurteil, daß Fremde sich die ruhmreiche Geschichte Frankreichs unter den Nagel rissen.
    Planquadrat vier, das wußte sie, lag drüben beim Kloster. Sie überlegte, ob sie in der Kapelle bleiben oder den weiten Weg bis dort hinüber machen sollte, und beschloß schließlich zu gehen. In Wahrheit war ein Großteil ihrer täglichen Arbeit langweilig und ereignislos. Und sie alle brauchten das Wiederanfachen der Begeisterung, das eine neue Entdeckung mit sich brachte.
    Sie ging durch die Ruinen von Castelgard. Wie kaum ein anderer konnte Kate die Stadt im Geiste wiederaufbauen und sie so sehen, wie sie einmal war. Ihr gefiel Castelgard, es war eine zweckorientierte Stadt, entworfen und gebaut in Zeiten des Krieges. Sie besaß all die unkomplizierte Authentizität, die Kate im Architekturstudium so vermißt hatte.
    Sie spürte die Sonne heiß auf Hals und Beinen und dachte zum hundertsten Mal, wie froh sie doch war, hier in Frankreich zu sein und nicht in New Haven an ihrem engen kleinen Arbeitsplatz im sechsten Stock des Arts

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