TimeRiders
verloren hätte.
Die Waffe klickte noch eine ganze Weile, bevor er den Abzug endlich loslieÃ. Als sich Rauch und Staub ein wenig verzogen hatten, sahen sie die zweite Echse leblos am Boden liegen. Die Treffer hatten den Kadaver buchstäblich in Stücke gerissen.
»Herr im Himmel«, flüsterte der ältere Mann mit heiserer, zitternder Stimme.
72
2001Â New York
Sie starrten auf den nackten Körper, der in der trüben, rosaroten Suppe in dem Plexiglaszylinder schwebte.
»Wird die Support Unit überleben?«, fragte Sal.
»Becks«, sagte Liam heiser. »Sie heiÃt Becks .«
Das gedämpfte rote Licht, das den Zylinder von unten her beleuchtete, war das einzige Licht im hinteren Raum. Aber es genügte, damit Maddy den verlorenen Ausdruck auf Liams Gesicht erkennen konnte. »Sie wird überleben«, sagte sie mit einem unsicheren Lächeln. »Bob sagt, dass ihre Hardware einen Verlust von bis zu 75 Prozent des Blutvolumens überstehen und sich davon erholen kann. Vorausgesetzt, dass dafür genügend Zeit zur Verfügung steht.« Ihr Blick wanderte zu dem schwer verletzten, wie geschreddert aussehenden Arm der Support Unit. Die Echse hatte mit ihren Krallen beinahe das gesamte weiche Gewebe weggerissen. Ãbrig geblieben waren die Knochen, an denen Reste von Sehnen und Hautfetzen hingen, die sich nun in der rosaroten Brühe sanft hin und her wiegten.
»Anders als Forby«, sagte Cartwright düster.
»Es tut mir leid«, sagte Maddy. »Ich fand ihn ⦠Ich meine, ich glaube, dass er einer von den Guten war.«
Cartwright nickte nachdenklich. »Der Beste. Der Allerbeste.« Er seufzte. »Und ein guter Familienvater. Ja, das war er auch.«
Das einzige Geräusch im hinteren Raum war das leise Summen des Filtersystems der Plexiglasröhre. Maddy hatte den Generator abgestellt, um die halbe Tankladung Treibstoff aufzusparen, die ihnen geblieben war. Im Augenblick musste der Generator nicht unbedingt laufen. Die Reihe grüner LED-Lämpchen zeigte an, dass die Dislokationsmaschine zu 100 Prozent aufgeladen und einsatzbereit war. Alles andere hatte Maddy ausgeschaltet: das Computersystem, die Lampen, die anderen Geburtsröhren und auch den Kühlschrank, der die übrigen Embryos enthielt. In ihren speziellen Kryo-Reagenzgläsern würden sie die nächsten paar Stunden auch ohne äuÃere Kühlung unbeschadet überstehen.
»Wie lange dauert das?«, fragte Laura und wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. »Du weiÃt schon. Bis sie wieder gesund ist?«
Maddy sah das Mädchen an. Sie konnte sie sich gut in einer anderen Zeit vorstellen: eine in ihrer Klasse und überhaupt der ganzen Highschool beliebte Schülerin, ein Pompons schwingender Cheerleader, der Liebling aller, das Mädchen, das zu allen Partys eingeladen wurde, ständig von Freundinnen und Bewunderern umringt. Der texanische Akzent, die selbstsichere Sprache von jemand, der seinen Platz in der Welt noch nie hatte hinterfragen brauchen ⦠Na ja, im Augenblick sah sie nicht gerade wie der zukünftige Star des Abschlussballs aus. Selbst in dem schwachen Licht des Nebenraums erkannte Maddy, wie stark sie unter den schädlichen Nebenwirkungen der Zeitreise litt. Sie war gespenstisch blass, mit dunklen Schatten unter den Augen, aus ihrer Nase lief immer noch ein dünnes Rinnsal Blut. Ein geplatztes BlutgefäÃ, das möglicherweise nie wieder heilen würde.
Der Junge, dieser Edward Chan, schien das Ganze nur unwesentlich besser überstanden zu haben.
Chan hatte erzählt, dass noch ein weiteres Mädchen bei ihnen gewesen war. Doch kurz bevor sie das Portal erreichte, hatte sich eine der Echsen auf sie gestürzt. Wenn sie dasselbe Schicksal wie Forby erlitten hatte, dann konnte Maddy nur hoffen, dass ihr Tod ebenso barmherzig schnell eingetreten war wie der des Agenten. Allerdings musste sie nach dem, was sie vor einer halben Stunde miterlebt hatte, zugeben, dass »barmherzig« in diesem Zusammenhang nicht ganz das richtige Wort war.
Sie sah, wie Chan mit runden Augen die Nährflüssigkeit in dem Zylinder und die darin treibende Gestalt der Support Unit bestaunte. Sowohl er als auch das Mädchen befanden sich immer noch in einem Schockzustand und waren im Augenblick wohl gar nicht dazu imstande, um eine tote Klassenkameradin zu trauern. Liam hatte erzählt, dass in der Gruppe ursprünglich viel
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