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Timm Thaler

Timm Thaler

Titel: Timm Thaler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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holte Fortuna unglaublich auf. Erwin
    schrie wie besessen: „Gut, Fortuna! Fein, Fortuna! Jetzt, jetzt, jetzt!“
    Auch die Menge rief immer lauter: „Fortuna, Fortuna, Fortuna!“
    Dann ging ein Schrei durch das Publikum, und Timm wußte:
    Fortuna hatte gesiegt! Und Herr Lefuet hatte auch gesiegt.
    Übrigens hatte Timm sich auch deshalb abseits gesetzt, weil er
    gehofft hatte, Herrn Lefuet zu begegnen. Aber unter den wenigen
    karierten Ballonmützen, die er sah, blickten ihn fremde Gesichter an.
    Lefuet war nicht zu sehen. (Trotzdem war er – wenn auch nicht
    kariert – auf dem Rennplatz. Mehrere Male musterte er von
    versteckten Plätzen aus mit zusammengekniffenen Augen Timms
    Gesicht.)
    Erwin kam jetzt atemlos gelaufen.
    „Gewonnen!“ brüllte er. „Gib mir den Schein, Timm!“
    Aber Timm behielt den Wettschein in der Hand und wartete, bis
    sich die Leute vor den Schaltern verlaufen hatten. Dann erst holte er sich den Gewinn: bare zweitausend Mark!
    „Wir haben ziemlich viel gewonnen“, sagte er und reichte der
    Stiefmutter das Geld hin. „Es müssen zweitausend Mark sein.“
    „Haste nachgezählt, Timm? Meinstedasses stimmt?“
    „Wird schon stimmen“, erwiderte der Junge.
    „Papperlappapp! Gibherund laßmich nachzählen!“ Sie riß ihrem
    Stiefsohn das Geld fast aus der Hand, zählte die Banknoten,
    verzählte sich, zählte abermals nach und sagte endlich: „Es stimmt!
    Es sind zweitausend Mark!“
    Dann sagte plötzlich niemand mehr etwas. Die Stiefmutter starrte
    auf das Bündel Banknoten in ihrer Hand, Erwin stand mit offenem
    Munde da, und Timm machte sein gewohnliches ernstes Gesicht.
    Endlich brach die Stiefmutter das Schweigen.
    „Was fangenwir bloßmit alldem vielengeldan?“
    „Ich weiß nicht“, sagte Timm. „Es ist dein Geld!“
    Da fing die Stiefmutter plötzlich zu weinen an; man wußte nicht,
    war es Freude, Überraschung, Rührung oder alles das zusammen. Sie küßte abwechselnd die beiden Jungen, wischte sich die Augen mit
    einem Taschentuch und sagte dann: „Kommt, Kinder! Das müssen
    wir feiern!“
    Und wieder einmal saß Timm unter dem Kastanienbaum des
    Gasthausgartens, unter dem er mit dem Vater, mit den Gaunern und
    zuletzt mit dem karierten Herrn gesessen hatte.
    Die Stiefmutter war munter und geschwätzig: „Habichja geahnt,
    daß Timm aus einem ganz besonderengrund auffortunagesetzt hat!
    Bist doch ein Schlaumeier!“ Und sie zwickte ihn ins Ohrläppchen.
    Dann ließ sie Kuchen und Limonade kommen. Aber keinen
    Bienenstich.
    Erwin redete von elektrischen Eisenbahnen und braunen Schuhen
    mit Gummisohlen. Nur Timm saß stumm wie ein Fisch dabei, ein
    Junge, der nicht mehr lachen konnte.

    Siebenter Bogen

    Der arme Reiche

    Timm mußte nun an allen Sonntagen mit der Stiefmutter und Erwin
    zu den Pferderennen gehen und wetten. Er tat es nicht gern.
    Manchmal stellte er sich krank. Manchmal stahl er sich am
    Sonntagmorgen aus dem Haus und ließ sich erst am Abend wieder
    blicken. Dann gingen die Stiefmutter und Erwin allein zur
    Rennbahn. Aber die beiden hatten kein Glück. Bestenfalls gewannen sie ein paar Mark.
    So mußte Timm immer wieder mit ihnen gehen und immer
    größere Summen wetten. Er war auf dem Rennplatz bald so bekannt
    wie ein bunter Hund, und sein Wettglück wurde sprichwörtlich. Von glücklichen Gewinnern sagte man: „Er hat Glück wie Timm!“
    Der Junge wußte es im übrigen so geschickt einzurichten, daß er
    einmal mehr und einmal weniger gewann. Setzte er zum Beispiel auf ein Pferd, auf das sehr viele Leute gesetzt hatten, so war der Gewinn nicht sehr hoch. Wettete er dagegen auf einen Außenseiter, auf den fast niemand gesetzt hatte, dann gewann er ungewöhnlich viel.
    Die Stiefmutter, die anfangs erklärt hatte, daß alles Geld Timm
    gehöre und daß sie es nur für ihn verwalte, sprach bald nur noch von
    „unseren Gewinnen“ und von „unserem Geld“ und „unserem
    Konto“. Timm bekam nie mehr als ein kleines Taschengeld.
    Immerhin sparte der Junge sich so viel zusammen, daß es am Ende
    für einen Marmorgrabstein reichte. Diesen Betrag legte er sich zur Seite. Er hatte ihn in Papiergeld gewechselt und versteckte die
    Scheine in der Standuhr, von der er durch Zufall entdeckt hatte, daß sie einen doppelten Boden besaß, dessen oberen Teil man abheben
    konnte.
    Der Stiefmutter stieg das viele unerwartete Geld zu Kopfe. Sie
    hatte bald so viele Feinde, als Leute in der kleinen Gasse wohnten.
    Ihrer alten Kuchenfreundin sagte sie ins

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