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Timm Thalers Puppen

Timm Thalers Puppen

Titel: Timm Thalers Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Krüss
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zitierte:
    »Nach dem Essen sollst du ruhn Oder tausend Worte tun.«
    Wir lächelten beide über das leicht veränderte Sprichwort.
    Dann erzählte Timm mir unter der rot-weißen Jalousie, während vor uns auf dem Kanal manchmal Gondeln
    vorüberfuhren und ein paar neue Gäste sich an Nebentische setzten, die Geschichte:
    Die Zwerge mit den Donnerstimmen

oder
    Wer Erfolg hat, der hat recht

    In den Tagen des Wohlstands standen in der Mitte einer großen Lagerhalle im New Yorker Hafen, die festlich
    geschmückt war mit Blumen und grünen Figürchen, vier große Würfel, die mit grüngoldenen Tüchern verhüllt waren. Um sie herum verteilt standen festlich gekleidete Leute.
    Da diese Leute wegen der Höhe der Würfel sich aber immer nur an einer Würfelseite sehen konnten oder schräg übers Eck an einer Seite, ging der schon ältere Herr, der diese Leute eingeladen hatte, ein gewisser Kapitän Spaventa, während der kleinen Rede, die er hielt, langsam um die grüngoldenen Würfel herum.
    Er sagte dabei. »Liebe Freunde, wer Rang und Namen hat in dieser Stadt New York, ist, wie ich sehe, heut zu uns gekommen. Dafür danke ich Ihnen. Sie sind erfolgreich in der Welt gewesen, und Sie sind’s noch heute. Auch was hier in der Mitte unserer Halle steht, soll so erfolgreich sein, wie Sie es, meine Freunde, sind. Erraten Sie, was unter den grüngoldenen Tüchern verborgen ist?«
    Die Freunde Kapitän Spaventas, alle fein gekleidet -
    Smoking und Abendkleid und Schmuck und Schmäh –,
    lachten, da er ein Buchverleger war, und riefen: »Wenn es kein Käse ist, dann sind es Bücher.«
    »Nicht Bücher«, sagte Kapitän Spaventa, und seine
    feingezwirbelten Schnurrbartspitzen zuckten, »nicht Bücher, meine Freunde, bilden diese Würfel. Es ist ein einziges Buch.
    Es sei enthüllt.«
    Der Kapitän, der früher Soldat gewesen war, legte die rechte Hand schräg an die Stirn wie an den Schirm einer Soldatenmütze. Da wurden an unsichtbaren Nylonfäden, die von der Decke niederhingen, die grüngoldenen Tücher sehr langsam hochgezogen, und als die Würfel nun enthüllt waren, ertönte ringsum ein vielstimmiges »Ah«.
    Es war natürlich nicht ein einziges Riesenbuch, was da die Leute sahen, sondern das gleiche Buch immer noch einmal, hunderttausendmal.
    Die Festbesucher, Kapitän Spaventas Freunde, legten nun ihre Köpfe schräg und lasen, was auf den Buchrücken
    geschrieben stand. Sie lasen dort: »Die Zwerge mit den Donnerstimmen. Eine Studie über die Bewohner des Planeten Mars von Dr. Pedantio Balanzini. Verlag Spaventa, New York.«
    Nach der Enthüllung, der man Beifall spendete, gab es Sekt, und Kellner im Frack boten auf silbernen Tabletts Pasteten an, die in der Form grünlicher Zwerge gebacken worden waren.
    Die Zwerge hatten alle drei Augen im Gesicht und an jeder Hand sechs Finger.
    Während man Sekt trank und Pastete aß, erläuterte Dr.
    Pedantio Balanzini, der das Buch geschrieben hatte, wie man sich die Marsbewohner vorzustellen habe. Langsam die Würfel aus Büchern umschreitend, sagte er, zuweilen vom Sektglas, das er in der rechten Hand hielt, nippend: »Hypnose, Trance und langwierige Meditationen über das Thema Mars und Marsbewohner haben mich, liebe Freunde und verehrte Damen und Herren, in arbeitsreichen Jahren zu Ergebnissen gebracht, die Ihnen hier und heute vorgetragen werden sollen.«
    Ein Nipperchen am Sekt, eine bedeutungsvolle Pause, und Dr. Balanzini fuhr fort: »Die Marsbewohner, zwergwüchsig und grünlich schimmernd, also komplementär gefärbt zu ihrer roten Erde, haben drei Augen und an jeder Hand sechs Finger.«
    Alle Besucher schauten jetzt, einige sanft erschüttert, auf die grünlichen Pasteten, als Dr. Balanzini erklärte: »Kein Wunder also, meine Freunde, Damen, Herren, daß auf dem Mars ein Dreier-Zählsystem im Schwange ist.«
    Ein Raunen drang an Dr. Balanzinis Ohr, als er weiter erläuterte: »Die Marsbewohner zählen nur bis drei. Jedoch vervielfachen sie die Drei auf so geniale Weise, daß sie im Kopf bis zu Milliarden rechnen können.«
    Wieder ein – diesmal bewunderndes – Raunen um die
    Würfel herum. Dr. Balanzini aber fuhr mit ruhiger Stimme fort: »Eine besondere Eigenheit der Marsbewohner, die sich über tiefgründige Schluchten hinüber verständigen müssen, eine besondere Eigenart ist, daß sie, wenn es erforderlich ist, mit Donnerstimme reden können, den ganzen Innenleib als Tonkörper benutzend. Man kann die Marsbewohner folglich auch als Zwerge mit Donnerstimme

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