Timm Thalers Puppen
die
Verpackung von Misposegeist benötigt wird.«
Dies taten sie zwei Tage lang in Begleitung des
rotgesichtigen Herrn Widmann, der Wälder und ein Sägewerk besaß. Sie besichtigten eine riesige leere Stelle mitten im Hochwald, eine frisch geschlagene Lichtung, deren Bäume an eine Papiermühle verkauft worden waren; sie gingen zum Rauschen eines Flusses über schmale Bretterbrückchen, die die Betonklötze von Wasserwehren miteinander verbanden, und hinüber zu dem Sägewerk des Herrn Widmann; sie
spazierten durch eine kleine Ortschaft, die Widmannssäge hieß; und sie aßen zwischendurch so viele Knödel, Würste, Rehschlegel und Haxen, daß der sonst gertenschlanke Onkel Eduard den Ansatz zu einem Bäuchlein bekam.
Als der Bummelzug die beiden Reisenden wieder forttrug, sagte Onkel Eduard: »Jetzt werde ich zwei Tage fasten.«
Cari, der immer tüchtig zugelangt, aber nicht zugenommen hatte, sagte: »Mir hat’s geschmeckt. Und jetzt kenne ich die schönen Wälder, die wir benötigen für unseren Misposegeist.«
»Nur für die Verpackung, Cari«, sagte Onkel Eduard. »Nur für die Verpackung.«
Dann waren sie wieder auf dem altmodischen Bahnhof und stiegen um in einen schnelleren Zug. Er brachte sie in eine nicht sehr weit entfernte Stadt.
In dieser Stadt, die ein stattlicher Fluß durchrauscht, steht am Flußufer eine alte Papiermühle. Sie stellt neben Karton und ganz gewöhnlichem Papier auch allerfeinstes handgeschöpftes Büttenpapier her.
Hier lernte Cari, weil ein Meister namens Weilhuber ihn führte, daß das Papier zuerst ein Brei auf einem Sieb ist, ein Brei aus feingemahlenen Holzfasern und Lumpen. Erst wenn der Brei getrocknet wird, geglättet und geschnitten, bekommt man das Papier. Das feine Büttenpapier aber, lernte Cari, das man auch »handgeschöpftes Bütten« nennt, das kommt aus einer Bütte, einem Bottich, aus dem man mit der Hand auf einem Drahtsieb den dünnen Brei herausschöpft. Aus diesem Brei entstehen die Büttenpapierblätter mit dem
ungleichmäßigen Rand.
Als Onkel Eduard und Cari die Papiermühle verließen, sagte Cari: »Jetzt kenne ich also die Papierherstellung, die so wichtig ist für unseren Misposegeist.«
»Nur für die Verpackung, Cari«, sagte Onkel Eduard. »Nur für die Verpackung.«
Danach fuhren die zwei in eine große Stadt zu einer
Druckerei.
Hier lernte Cari bei dem Lärm der Druckereimaschinen und beim Geruch nach Druckerschwärze, wie man in vier
verschiedenen Arbeitsgängen den bunten Karton des
Misposegeistes bedruckt. Er lernte auch, daß jene altmodische Schrift, in der die Geschichte des Misposegeistes erzählt wird, immer noch – Bleiletter für Bleiletter – mit der Hand gesetzt werden mußte, in einen festen eisernen Rahmen hinein. Er lernte ebenfalls, daß dieser Satz altmodischer Lettern sehr selten und daher sehr kostbar war.
Als Onkel Eduard und Cari die Druckerei verließen, sagte Cari: »Jetzt weiß ich also, daß für unseren Misposegeist das Kostbarste gerade gut genug ist.«
»Nur für die Verpackung, Cari«, sagte Onkel Eduard. »Nur für die Verpackung.«
Das nächste Ziel der beiden Reisenden war eine kleine Lackfabrik. Sie stellte noch, hauptsächlich für den Vatikan in Rom, den roten Lack zum Siegeln her, mit dem in alten Zeiten Urkunden gesiegelt wurden und der bei dem Misposegeist den Korken überzog, geschmückt mit den drei Lettern C.F.D.
Ein alter Meister, achtzig Jahre alt, zeigte dem Cari, was man für den Siegellack benötigt: den Schellack, der von asiatischen Läusen kommt, das Terpentin von Nadelbäumen, das Kolophonium, ein Harz, gleichfalls von Bäumen, und dann den Farbstoff, um den Lack zu röten.
»Wir haben viele Dankschreiben für unseren Lack
bekommen, auch vom Papst«, sagte der alte Meister.
Cari aber sagte, als er mit Onkel Eduard die Lackfabrik verließ: »Jetzt weiß ich also, was zum Luftabschließen nötig ist für unseren Misposegeist.«
»Aber der Lack ist nur für die Verpackung, Cari«, sagte Onkel Eduard. »Das, was den Geist in seiner Flasche hält, das ist ein ganz gewöhnlicher Korken.«
Dann waren sie am Bahnhof angekommen und bestiegen
einen D-Zug nach Venedig. Vom Bahnhof von Venedig aus fuhren die beiden Reisenden in einem Wassertaxi, einer geschlossenen Barkasse, zur Insel Murano. Hier nahm Herr Vetrinelli sich der beiden an. Er zeigte ihnen im Palazzo Giustinian kostbare Gläser, Vasen, Lampen und Figuren, Glaskunstwerke, die ältesten vom dreizehnten Jahrhundert, die
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