Timoken und der Trank der Unsterblichkeit
Erde sank.
Reglos lag er auf der staubigen Straße, die in die Stadt führte. Seine Freunde ritten zu ihm und Gabar trabte hinterher.
„Ist er tot?“, schrie Beri.
„Sieht so aus, als hätten sie ihn erledigt“, erwiderte Mabon bestürzt.
„Nein!“, rief Edern. „Das kann nicht sein!“
„Er sieht aber tot aus“, wandte Peredur ein und Gereint stimmte ihm zu.
Da stützte Timoken sich mit einem Mal auf den Ellbogen und grinste seine Freunde an. „Du solltest nicht alles glauben, was du siehst, Peredur“, sagte er.
Seine Kameraden sprangen von den Pferden und umringten ihn jubelnd vor Erleichterung und Freude.
„Du siehst schrecklich zugerichtet aus, Timoken“, sagte Mabon.
„Ohne Wunden ist ein Held kein richtiger Held“, bemerkte Edern.
„Ich bin trotzdem kein Held.“ Timoken sprang auf die Füße. Er fühlte sich stark und selbstsicher. „Lasst uns in die Stadt gehen“, sagte er. Gabar ging in die Knie, damit er aufsitzen konnte, und er schwang sich mühelos in den Sattel.
„Du bist überall mit Blut beschmiert“, bemerkte Beri und musterte Timokens Tunika. „Hast du kein sauberes Kleidungsstück mehr in deinem Gepäck?“ Sie sah auf die Bündel, die am Sattel hingen.
„Ich bin am Leben“, erwiderte Timoken und hob sein Schwert. „Das ist alles, was zählt.“
Der Hexenmeister stand vor dem Haus des Spielzeugbauers und beobachtete die Wolke aus Vögeln. Die fliegenden schwarzen Kreaturen, die er mit so viel Raffinesse erschaffen hatte, fielen wie nasse Lappen auf Dächer, Mauern und Pflastersteine herab. Knochen und schwarze Federn landeten direkt vor seinen Füßen und er trat einen Schritt zurück. Sein Mund verzog sich zu einem grimmigen Lächeln. „Wie du willst, Afrikaner, lass uns ein neues Spiel beginnen“, murmelte er.
Von ihren Fenstern aus hatten auch die Stadtbewohner die abscheulichen Vögel vom Himmel stürzen sehen. Vorsichtig traten die Menschen jetzt wieder auf die Straßen hinaus, wandten sich ihren Nachbarn zu, schüttelten die Köpfe und raunten: „Ist es jetzt vorbei? Wir dachten, das Ende der Welt sei gekommen.“
Im selben Moment kam eine kleine Prozession die Hauptstraße herauf: ein Junge auf einem Kamel und hinter ihm fünf Kinder auf entkräfteten Pferden. Eines der Kinder ritt plötzlich neben das Kamel, nahm seine verschlissene Kopfbedeckung ab und ein Schwall goldblondes Haar fiel über seine Schultern.
„Ich bin Berenice, die Tochter von Esteban Díaz“, rief das Mädchen, „und ich bin gekommen, um den Tod meines Vaters zu rächen! Wo ist sein Mörder?“
Jemand zeigte zu einer Gasse, die von der Hauptstraße wegführte, ein paar andere nickten zustimmend und eine Frau rief ihr zu: „Er ist im Haus von Tariq, dem Spielzeugbauer. Tariq ist gestorben, aber seine Frau lebt immer noch dort.“
„Der Hexenmeister hält sie gefangen“, fügte ein alter Mann hinzu.
„Geh nicht dorthin, Kind“, meldete sich eine weitere Frau zu Wort. „Du kannst deinen Vater nicht rächen. Er wurde von einem Hexer getötet. Warte auf die Soldaten.“
„Das ist Timoken.“ Beri wies mit der Hand auf ihn. „Er ist ein Magier und er hat gerade die grässlichen Kreaturen besiegt, die unsere Stadt bedroht haben.“
Ehrfurchtsvoll starrte die Menge zu dem Jungen auf dem Kamel hinauf. Er musste in der Tat in einen Kampf verwickelt gewesen sein. Sein weißes Gewand war über und über mit Blut befleckt, Gesicht und Hände wiesen tiefe Kratzspuren auf und etwas Goldenes schimmerte in seinem Haar. War das etwa eine Krone?
Timoken rutschte vom Rücken des Kamels und seine Freunde saßen ab. Ein paar Kinder rannten zu ihnen und hielten die Zügel. Sie waren stolz, dass ein Junge, der nicht älter war als sie selbst, die schrecklichen Vogelwesen besiegt hatte.
Ein Junge deutete zu der schmalen Gasse, die nur ein paar Schritte hinter ihm lag. „Der Hexenmeister und seine Begleiter sind dort“, sagte er. „Wir haben sie gesehen.“
„Welche Tür?“, fragte Timoken.
„Wo das Kamel aufgemalt ist“, antwortete ein kleines Mädchen.
Timoken spürte die erwartungsvollen Blicke der Menge auf sich. Er durfte sie jetzt nicht enttäuschen. Doch bevor er dem Hexenjungen gegenübertrat, musste er sein Schwert und seinen Schild mit einem Zauber belegen. Sie hatten ihn nicht so gut beschützt, wie sie sollten. Er setzte sich auf die Pflastersteine und legte sich das Schwert auf den Schoß. In der Sprache des verborgenen Königreiches beschwor er die Waffe, ihn zu
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