Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
Vom Netzwerk:
Max Pfauser das Wort!«
    »Ich?«, fragte der ganz erschrocken. »Was soll ich denn sagen?«
    »Esel!«, sagte Thomas. »Du sollst vorschlagen, was wir auf das Plakat drucken!«
    Max Pfauser blickte sich hilflos um. »Schreibt irgendwas«, stotterte er schließlich.
    Thomas wandte sich unwillig ab. »Paul!«, rief er. »Du hast das Wort!«
    »Ich habe Hunger!«, platzte der dicke Paul heraus.
    Wir mussten schrecklich lachen. Thomas auch. »Geheimrat, jetzt bist du dran!«, forderte er mich auf.
    Ich schob meine Brille zurecht. »Wir drucken Folgendes«, begann ich. »›Kinder von Timpetill! Kinder von Timpetill!‹ drucken wir!«, wiederholte ich.
    »Das haben wir schon gehört!«, rief jemand.
    »Mund halten!«, schrie Thomas.
    »›Kinder von Timpetill!‹«, fuhr ich fort. »›Kommt alle auf den Geißmarkt! Ihr kriegt Milch und Semmeln! Bringt euch Gläser und Tassen mit! Wenn wir gefrühstückt haben, werden wir beraten, was wir dann anfangen! Gebt dem Oskar einen Tritt! Er kann euch nichts zu essen und zu trinken verschaffen! Die Eltern haben uns verlassen! Weiß der Kuckuck, wann sie wiederkommen! Wir sitzen in der Tinte! Aber wir dürfen den Mut nicht verlieren! Wir wollen gemeinsam versuchen, die Karre in Schwung zu bringen! Sonst kommen fremde Leute, die stecken überall ihre Nasen hinein, und wir dürfen nicht Pieps sagen! Das wollt ihr doch nicht! Wir meinen es gut mit euch! Piraten sind auch willkommen! Es geschieht ihnen nichts! Wir wollen unsere Ernährung in die Hand nehmen! Weil wir sonst alle den Gürtel enger schnüren müssen und bald nichts mehr zu futtern haben! Wir werden uns schon irgendetwas ausdenken!‹ Dann müssen wir noch was drunterschreiben!«, brach ich ab.
    »Bravo, Geheimrat!«, riefen die andern.
    »Der kann reden wie Federwischer!«, stieß Karl Benz bewundernd hervor.
    Thomas schlug vor, dass wir alle unsere Namen unter das Plakat setzen.
    »Und wir nennen uns ›Die Retter in der Not‹!«, rief Marianne.
    Ihr Vorschlag wurde mit großem Beifall begrüßt. Wir machten uns über die Setzkästen her, zogen alle Schubladen heraus und suchten nach recht dicken Buchstaben. Die Kinder wollten die allergrößten, die es gibt. Ich war dagegen. »Die nehmen zu viel Platz weg«, sagte ich. »Die ganz großen nehmen wir nur für die Überschrift.«

    Ich begann jetzt, die Zeilen zu setzen, hatte aber mit einem Mal wieder vergessen, was wir drucken wollten. Wir steckten die Köpfe zusammen und schrieben den endgültigen Wortlaut des Aufrufs nieder. Wir machten ihn kurz, weil die Zeit drängte. Dann nahm ich die Lettern aus den Kästen und reihte einen Buchstaben an den andern. Die Kinder sahen mir gespannt zu. Ich vergaß auch die Zwischenräume nicht. Dafür gibt es die sogenannten Spatien. Das weiß ich aus meinem Buch »Die Welt der Erfindungen«. Ich arbeitete sehr rasch. Wir hatten es furchtbar eilig. Als ich mit dem Satz fertig war, umwickelte ich ihn mit einer Schnur, damit er nicht auseinanderfiel. Dann liefen wir in den Maschinenraum. Dort steht die große Schnellpresse. Einen Augenblick wusste ich nicht recht weiter. Ich dachte scharf nach: Dann fiel mir ein, dass der ganze Zeilenblock in einen eisernen Rahmen geschraubt wird. Ich fand den Rahmen auf einem Arbeitstisch. Daneben lagen die Bestandteile zum genauen Einpassen des Satzes in den Rahmen. Ich probierte solange herum, bis ich die richtige Anordnung heraus hatte. Nachdem ich die Schnur vom Zeilenblock abgemacht hatte, befestigte ich ihn mit Hilfe eines dazugehörigen Schraubenschlüssels unverrückbar in dem Rahmen. Nun setzte ich ihn in die Schnellpresse an seinen Platz, und das Drucken konnte losgehen. Thomas und Max Pfauser hatten inzwischen einen Haufen gleichgroßer Zettel herbeigeschleppt.
    Ich schaltete den Hebel für den elektrischen Antriebsmotor ein. Doch, oh Schreck!, die Maschine rührte sich nicht.
    »Wir Dummköpfe!«, schrie Robert Punkt. »Es gibt doch keinen Strom!«
    »Da haben wir den Salat!«, stöhnte Ernst Werner.
    Thomas sah mich missbilligend an. »Geheimrat, du hast dich blamiert«, brummte er.
    »Nur nicht gleich die Flinte ins Korn werfen!«, erwiderte ich und dachte tief nach.
    »Kitzel doch die Maschine ein bisschen, vielleicht läuft sie dann!«, höhnte Fritz Schlüter.
    Mein Blick fiel auf das große Schwungrad an der Seite der Schnellpresse.
    »Wenn man das in Bewegung setzen könnte, müsste die Maschine doch drucken!«, dachte ich mir.
    Ich lief rasch um die Presse und versuchte es. Aber

Weitere Kostenlose Bücher