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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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die Milch. Und vielleicht finden wir noch Brot und Semmeln bei Frau Weißmüller.«
    »In Bollners Bäckerladen gibt’s bestimmt noch was«, meinte ich.
    »Todsicher!«, rief er. »Aber nun Abfahrt! Wird höchste Eisenbahn!« Dabei trat er auf eine Weiche meiner Eisenbahn am Fußboden. »Oh je!«, entschuldigte er sich. »Es ist etwas kaputtgegangen!«
    »Macht nichts«, sagte ich. »Das werde ich schon wieder in Schuss bringen. Wir haben ganz andere Sorgen! Komm!«
    Ich steckte rasch meine Uhr und meinen Füllfederhalter ein und schob Thomas zur Tür hinaus. Wir sprangen die Treppe hinunter. Unten sagte Thomas zu mir: »Nimm Papier mit, Geheimrat! Wir brauchen Zettel für die Schlüssel.«
    Ich lief rasch durch die Wohnung in unser Geschäft und nahm mir einen Schreibblock vom Ladentisch. Dann schloss ich ab und verstaute den Schlüssel in meiner Hosentasche. Draußen wartete Thomas ungeduldig auf mich. Der Geißmarkt war hundeleer. Die Kirchturmuhr zeigte Viertel nach sechs. Die Sonne tauchte hinter dem Rathaus auf. Der Himmel war blau. Es war ziemlich frisch. Wir liefen im Trab in die Langengasse.
    »Herrliches Wetter«, sagte ich.
    »Leider«, erwiderte Thomas. »Regen wäre mir lieber. Dann würden die Piraten zu Hause bleiben, und wir hätten es leichter.«
    Vor Hases Fahrradgeschäft blieben wir stehen. Wir hoben den Rollladen hoch und gingen hinein. Drinnen schlichen wir uns an die Wohnungstür und lauschten.
    »Hans und Erwin schlafen noch!«, flüsterte Thomas. Er drückte vorsichtig die Klinke der Tür nieder. Sie ging auf. Wir blickten um die Ecke. Der Schlüssel steckte im Schloss.
    »So ein Glück!«, raunte ich.
    Thomas zog den Schlüssel heraus. Dann schlossen wir die Tür im Laden ab. In der Tür, die zur Straße führt, steckte der Schlüssel ebenfalls. Wir schlossen die Ladentür von außen ab und ließen die Rollläden wieder herunter.
    »So, das hätte geklappt!«, triumphierte Thomas.
    Ich lehnte den Schreibblock gegen die Hauswand, holte meinen Füllfederhalter hervor und schrieb auf die erste Seite: »Hase. Wohnungstür.« Dann riss ich das Blatt ab und wickelte den Schlüssel hinein. Auf das zweite Blatt schrieb ich: »Hase. Ladentür.« und packte den andern Schlüssel hinein. Die beiden Paketchen steckte ich in die Tasche. Nun kam das nächste Geschäft dran. Pütz’ Bonbonladen. Hier hatten wir auch wieder Glück. Wir machten dasselbe wie vorhin und zogen weiter. Von einem Laden zum andern. Meine Hosentasche schwoll immer mehr an. In Meiers Spielwarenhaus hatten wir Pech. Beide Schlüssel steckten nicht.
    »Wir müssen den Emil rausklopfen«, sagte Thomas entschlossen.
    Wir gingen durch die Wohnung und guckten in alle Zimmer. Im letzten lag Emil Meier und schlief. Der ganze Fußboden war mit Spielsachen bedeckt. Er musste den halben Laden ausgeräumt haben.
    Thomas rüttelte ihn wach. »Emil! Aufwachen!«
    Emil fuhr erschrocken hoch. Er schrie auf und wurde kreidebleich.
    Ich rief ihm rasch zu: »Keine Bange! Wir wollen nur die Schlüssel zum Laden!«
    »Hilfe!«, schrie er verzweifelt.
    »Quatsch nicht!«, fuhr Thomas ihn an. »Wir krümmen dir kein Haar!«
    »Was wollt ihr denn von mir?«, fragte er fassungslos.
    »Die Ladenschlüssel, Idiot!«, schnauzte ich ihn an. »Wir wollen absperren, damit die Piraten nicht mehr reinkönnen!«
    Emil war selber Pirat. Das wussten wir. Deswegen waren wir so energisch. Er kam allmählich zu sich und sah uns verschlagen an. »Ich weiß nicht, wo die Schlüssel sind«, log er.
    »So, mein Püppchen! Das weißt du nicht?!« Thomas pfiff zwischen den Zähnen. »Na, dann werden wir sie auch ohne dich finden. Geheimrat, sieh dich einmal um! Ich werde diesen Liebling so lange im Auge behalten.«
    Die Schlüssel suchen war leichter gesagt als getan. Wo sollte ich sie in der fremden Wohnung entdecken. Ich wollte gerade hinausgehen, als mein Blick auf Emils Hose fiel, die unordentlich in einer Ecke lag. Ich steuerte drauf zu. Da schrie Emil: »Lass deine Pfoten von meiner Hose!«
    »Ruhe, mein Junge!«, sagte Thomas. »Sonst muss ich dir den Mund stopfen!«
    Emil verstummte. Ich griff in seine Hosentaschen. Natürlich waren beide Schlüssel darin.
    »Besten Dank!« Thomas grinste.
    Wir liefen rasch in den Laden und probierten die Schlüssel aus. Emil kam im Schlafanzug hinter uns her und schimpfte: »Das werden wir euch heimzahlen!«
    Er war nicht feige. Aber wir kümmerten uns gar nicht um ihn. Wir schlossen die Türen ab wie bei den andern Läden und

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