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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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ließen die Rollläden herunter. Die Schlüssel verschwanden in meiner Hosentasche. Dann gingen wir weiter.
    Emil riss ein Fenster auf, steckte den Kopf heraus und schrie hinter uns her:
    »Ihr Ochsen!!«
    Bei Diepenheuer erlebten wir dasselbe Theater. Aber die beiden kleinen Diepenheuers waren keine solche Helden wie Emil. Sie rückten widerspruchslos die Schlüssel heraus. Nun fehlte uns nur noch die Konditorei von Mendes. Hier waren keine Schlüssel. Es war auch niemand zu Hause. Fritz Mendes schlief sicherlich bei seinem Freund. Wir wussten uns zu helfen. Wir packten alle Torten und Süßigkeiten in einen Schrank und schlossen ihn ab.
    Die Arbeit war fertig. Jetzt nahmen wir unsere Beine in die Hand und rannten in die »Stiege«.

12
    Siebzehn Retter in der Not
    In Wanks Schusterwerkstatt war es bummvoll. Unsere Freunde von gestern waren vollzählig versammelt. Karl Benz, Fritz und Erna Schlüter waren gekommen; Otto und Trudi Rabe; Max, Walter und Gustav Pfauser; Ludwig Keller, Robert Punkt und Ernst Werner. Sogar der dicke Paul war erschienen. Er sah sehr zerstreut und verschlafen aus, hatte sich aber heldenhaft aufgerafft, um uns nicht im Stich zu lassen. Marianne saß quietschvergnügt auf einem Arbeitstisch, zwischen Werkzeug und halbfertigen Schuhen. Sie war wieder wie aus dem Ei gepellt. Ihre Zähne blitzten nur so vor Sauberkeit.
    Thomas sprang auf einen Schemel und fuchtelte mit der Faust.
    »Wir müssen zusammen durch dick und dünn gehen!«, schrie er. »Wir können die Eltern nicht mit der Laterne suchen. Vielleicht wollen sie uns nur prüfen. Wir müssen die Prüfung mit Schneid bestehen. Sonst kommen lauter fremde Leute. Die stecken ihre Nasen überall rein, und wir dürfen nicht einmal Pieps sagen. Zum Kuckuck noch mal! Wir schaffen den Mist hier ganz alleine. Reißt euch zusammen, ihr Hammelbeine!«
    »Jawohl!«, riefen wir alle wie aus einem Munde.
    Fabelhaft, wie der Thomas die verängstigsten Kinder anstachelte.
    Marianne richtete ihre blanken Kulleraugen begeistert auf ihn. »Auf mich kannst du dich verlassen, Thomas!«
    Nur Röschen Traub blickte bekümmert drein. Ihre »Kleinen« daheim hatten noch kein Frühstück bekommen. Am liebsten hätte sie wieder losgeheult. Aber Thomas’ wegen traute sie sich nicht.
    Der dicke Paul meldete sich aufgeregt zu Wort. »Zuerst müssen wir die Ernährungsfrage in Angriff nehmen!«, meinte er geschäftig.
    »Versteht sich«, erwiderte Thomas. »Das ist sehr wichtig. Wenn der Schornstein rauchen soll, muss geheizt werden. Aber es geht nicht, dass die Kinder einfach die Geschäfte plündern. Wir müssen die vorhandenen Lebensmittel vernünftig einteilen.«
    »Na, und wie denkt ihr euch die Geschichte?«, wollte Robert Punkt wissen.
    »Alles schon in Butter!« Ich holte den Haufen Schlüssel aus meiner Tasche. »Thomas und ich haben die großen Geschäfte in der Langengasse und auf dem Geißmarkt bombensicher abgeschlossen. Hier sind die Schlüssel. Die kleinen Kramerläden weiter draußen sind nicht so wichtig. Dort ist sowieso nicht viel zu holen.«
    »Großartig! «, riefen alle Kinder durcheinander. »Das habt ihr fein gemacht!«
    Ich war sehr stolz auf das Lob. Thomas auch. »Die Schlüssel verstecken wir gut«, sagte er. »Aber ihr müsst alle schwören, das Versteck nicht zu verraten!«, fügte er drohend hinzu.
    »Wir schwören!«, kam es einstimmig zurück.
    »Und wo tun wir sie hin?«, fragte ich.
    »Vielleicht bei mir!«, erwiderte Thomas.
    »Nein! Blödsinn!«, brüllte Fritz Schlüter. »Die Piraten werden sie bei dir zuerst suchen!«
    Marianne sprang vom Tisch herunter und zappelte mit beiden Händen. »Halt! Ich weiß was! Ich lege die Schlüssel in unseren Eisschrank. Dort finden sie sie bestimmt nicht.«
    Wir rannten sofort los in die Pfarrgasse. Marianne wollte mit den Schlüsseln zu ihrer Wohnung hinauflaufen, aber ich hielt sie noch zurück. »Wart eine Sekunde!« Ich kramte in den Schlüsseln und fischte die von Frau Weißmüllers Milchgeschäft und Bollners Bäckerladen heraus. »Die brauchen wir«, erklärte ich den Kindern. »Das sind die ›Futter-Schlüssel‹!«
    Marianne ging ins Haus. Erna und Trudi begleiteten sie. Wir anderen warteten solange auf der Straße.
    »Gibt es bald Frühstück?«, fragte der dicke Paul.
    »Schnür den Gürtel enger!«, erwiderte Thomas. »Es ist erst sieben!«
    »Oh!«, sagten viele. Sie machten lange Gesichter.
    »Wir haben noch eine wichtige Sache zu erledigen«, fuhr Thomas fort. »Spitzt die Ohren

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