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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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angetrieben wird. Die Turbine ist mit einer Dynamomaschine gekoppelt. Die Dynamomaschine erzeugt den Strom. Wenn wir also die Turbine einschalten, haben wir wieder elektrischen Strom und können auf dem Herd im ›Goldenen Posthorn‹ kochen.«
    Zuerst waren die Kinder still und schauten mich nur bewundernd an. Dann rief Pussi Tucher: »Herrje! Ist der aber gescheit!«
    »Ja, weißt du denn, wie man das alles in Schwung bringt?«, fragte Karl Benz.
    »Ein Kinderspiel«, erwiderte ich verächtlich. »Das hab’ ich schon x-mal gelesen. Ich gucke mir die Maschinen ein bisschen an und habe den Kniff sofort raus. Es sind doch nur ein paar Hebel einzuschalten.«
    Jetzt herrschte wieder großer Jubel.
    »Dann haben wir heute Abend auch wieder Licht!«, rief jemand erfreut.
    »Natürlich«, sagte ich herablassend.
    »Und ich habe mich gestern Abend so schrecklich gegruselt«, klagte Lotte Dröhne.
    »Schadet euch gar nichts!«, meinte Thomas lachend. Er klopfte mir anerkennend auf die Schulter. »Junge, wenn du das mit den Turbinen und Dynamos, oder wie die Dinger heißen, in Ordnung kriegst, setzen wir dir ein Denkmal!«
    »Wird schon schiefgehen«, sagte ich achselzuckend. Ich stand mit einem Mal im Mittelpunkt. Die Kinder drängten sich um mich und staunten mich an. Sie wollten natürlich alle mit ins Elektrizitätswerk gehen, aber ich sagte, dass ich mir nur ein paar helle Köpfe aussuchen würde, die mir helfen sollten. Es wäre zu gefährlich, wenn sie alle mitkämen.
    Marianne lachte plötzlich laut auf. Sie sah Thomas spitzbübisch an. »Darf ich fragen, wie ihr kochen wollt, wenn ihr kein Wasser habt?«, fragte sie mit unterdrückter Schadenfreude.
    Jetzt war Thomas ein bisschen verdattert. »Das habe ich vergessen!«, gestand er.
    »Quitt!«, rief Marianne lustig.
    Die andern fanden es gar nicht komisch. Sie verzweifelten sofort wieder und brachen in Wehklagen aus.
    »Vielleicht holen wir uns Wasser aus dem Timpebach«, schlug jemand vor.
    »Pfui! Das Wasser darf man nicht trinken, sagt meine Mutter.« Lieschen Kunkel war ganz entrüstet.
    »Wir können auch so viel Wasser, wie wir brauchen, gar nicht schleppen«, meinte Thomas.
    »Macht euch keine Sorgen!«, sagte ich. »Wenn das Elektrizitätswerk funktioniert, kann ich auch das Wasserwerk anstellen. Die Pumpmaschine ist elektrisch. Ein Hebelgriff und dann arbeitet sie wieder!« Die Kinder klatschten vor Freude in die Hände. Sie zerquetschten mich beinahe. Jetzt wurde mir doch ein bisschen bange vor meinem eigenen Mut. Ich hatte die technischen Kenntnisse aus meinen Büchern, aber ob ich sie auch richtig anwenden würde, war noch nicht heraus. Mit Werkmeister Giese vom Wasserwerk war ich gut befreundet. Er hatte mir oft die Maschinen gezeigt und den Betrieb erklärt. Leider hatte ich vieles schon wieder vergessen. Aber ich nahm mir vor, in meinen Büchern nachzuschauen, wenn es nicht klappen sollte. »Probieren geht über studieren«, dachte ich mir. »Dem Mutigen gehört die Welt.« Herr Giese hatte immer gesagt: »Diese modernen Maschinen, mein Junge, die kann selbst ein kleines Kind bedienen!« Daran erinnerte ich mich jetzt. Hoffentlich hatte er nicht übertrieben.
    Thomas riss mich aus meinem Brüten. »Aber wie kommen wir hinein in das Elektrizitätswerk?«, fragte er.
    »Das ist allerdings der springende Punkt«, erwiderte ich. »Wenn wir die Schlüssel nicht finden, sind wir aufgeschmissen!«
    »Die Eltern werden die vielen Schlüssel doch nicht mitgenommen haben!«, rief Robert Punkt.
    »Sie werden sie aber verteufelt gut versteckt haben!«, warf Max Pfauser ein.
    »Kinder!«, schrie Fritz, der Sohn des Magistratsobersekretärs Müller, aufgeregt. »Mein Vater hat mir erzählt, dass im Rathaus alle Ersatzschlüssel für die städtischen Betriebe aufbewahrt werden.«
    »Donnerwetter!«, rief ich. »Das nenne ich Glück!«

14
    Schalter, Pumpen und Turbinen
    Wir durchstöberten das ganze Rathaus und fanden im Zimmer Nummer 2 ein Brett, an dem die Ersatzschlüssel hingen. Jeder Schlüssel war an einem Pappschildchen befestigt, auf dem genau verzeichnet stand, wozu er gehörte. Ich nahm die Schlüssel für das Elektrizitätswerk und Wasserwerk an mich. Dann suchte ich unter den Jungen auf dem Geißmarkt vier der klügsten und ältesten aus, von denen ich wusste, dass sie gute Schüler waren. Sie sollten den Kontrolldienst in den beiden Betrieben übernehmen, da ich natürlich keine Zeit dazu hatte. Ich wählte Erwin Bernreither, Emil Meißner, Karl Lampe

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