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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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Schwungrad dreht sich rascher, und der Dynamo gibt mehr Strom.«
    »Bravo!«, lobte ich die beiden.
    Thomas wurde ungeduldig. »Wir müssen weiter!«, drängte er. »Passt auch gut auf, Erwin und Emil, schließt das Tor hinter uns ab und lasst niemanden herein! Die Parole ist: ›Hurra, Timpetill!‹«
    »Jetzt rasch ins Wasserwerk!«, rief ich.
    Wir eilten hinaus. Erwin winkte uns noch vergnügt nach und schloss das Tor hinter uns ab. Draußen holten wir Karl Lampe und August Kunkel ab, die inzwischen aus Langeweile Murmel gespielt hatten, und liefen die paar Schritte zum Wasserwerk hinüber.
    Hier ging die Sache viel schneller als im Elektrizitätswerk. Zuerst schaltete ich in einem isolierten Nebenraum den Starkstrom ein, dann setzte ich die Pumpmaschine in Tätigkeit. Den richtigen Hebel hatte ich gleich gefunden. Die Pumpen holen das schöne klare Grundwasser aus der Tiefe.
    Die beiden Kontrollposten Karl und August hatten weiter nichts zu tun, als das Manometer zu beobachten, das den Wasserdruck in der Hauptleitungsröhre anzeigt. »Wenn der Druck fällt, müsst ihr die Maschine schneller laufen lassen«, erklärte ich ihnen. »Wenn er steigt, müsst ihr die Maschine drosseln!«
    »Kinderleicht!«, erwiderte Karl Lampe.
    Thomas befahl ihnen, das Wasserwerk verschlossen zu halten, und machte sie gleichfalls mit der Parole »Hurra, Timpetill!« bekannt.
    Thomas, Heinz und ich marschierten dann im Sturmschritt zum Geißmarkt zurück. »Wasser, Licht und Strom hätten wir!«, sagte ich nicht ohne Stolz. »Jetzt heißt es, die Arbeit organisieren.«
    »In spätestens einer Stunde muss unser Arbeitsplan fertig sein«, sagte Thomas energisch. »Und hinterher rufen wir gleich alle Kinder, die zu uns gehören, auf dem Geißmarkt zusammen und sagen ihnen, was sie zu tun haben.«
    »Auf dem Geißmarkt können wir leicht von den Piraten gestört werden«, meinte ich.
    »Nehmen wir doch den Festsaal im Rathaus«, rief Heinz, »da haben alle Kinder Platz!«

15
    Ludwig Keller schlägt den Gong
    Die Versammlung im Festsaal des Rathauses war fabelhaft. Die Kinder waren hin und weg, als sie sahen, wie wir die Geschichte aufgezogen hatten. Der Saal hatte eine richtige kleine Bühne. Auf der Bühne, dicht an der Rampe, hatten wir drei lange Tische nebeneinander aufgestellt. Dahinter saßen auf Stühlen die siebzehn Retter in der Not. In der Mitte saß Thomas auf einem hohen Lehnstuhl; links von Thomas ich und Marianne; an beiden Seiten anschließend Heinz Himmel, Robert Punkt, Erna, Trudi und so weiter.
    Die Kinder quetschten sich aufgeregt durch die Türen in den Festsaal. Zuerst entstand ein großes Gedrängel und Geschubse um die Plätze. Jeder wollte in der ersten Reihe sitzen. Es dauerte ziemlich lange, bis sie alle untergekommen waren. Sie füllten sämtliche Sesselreihen; der Saal war gesteckt voll. Dann machten sie mit den Klappsitzen Radau. Sie schlugen sie andauernd auf und nieder. Dabei schrien sie alle wild durcheinander. Thomas gab Ludwig Keller ein verabredetes Zeichen. Der nahm einen großen Gong, den wir hinter der Bühne gefunden hatten, und schlug mit einem Holzknüppel kräftig drauflos. Das gab einen Höllenlärm. Die Kinder setzten sich erschrocken nieder. Sie verstummten und schauten erwartungsvoll zu uns hinauf, als ob wir jetzt eine Vorstellung geben würden. Wir machten feierliche Gesichter. Nur Max Pfauser und der dicke Paul grinsten verlegen und wussten nicht, wo sie mit ihren Händen und Füßen hinsollten. Ludwig Keller schlug wieder dreimal den Gong. Thomas stand auf. Er räusperte sich und blickte starr vor sich nieder auf den Tisch. Er hatte ein bisschen Lampenfieber. Die Sonne schien durch die geöffneten Fenster auf die regungslosen Köpfe der Kinder. Alle Augen waren neugierig verwundert auf Thomas gerichtet. Es blieb eine Weile ganz still. Thomas begann, ein wenig stockend zu reden. Dann gab er sich einen Ruck und blickte mutig in den Saal.

    »Kinder«, sagte er, »die Karre fängt an zu laufen. Geheimrat hat die Maschinen wieder in Schwung gebracht. Wenn es keinen Bruch gibt, sind wir fein raus! Wir haben Wasser und elektrischen Strom. Wir können das Licht anknipsen. Wir können im ›Goldenen Posthorn‹ kochen. Wir können uns auch wieder waschen. Was die Schmutzfinken unter uns nicht gerne hören!«
    Gelächter. Die Kinder waren baff, dass Thomas da oben stand und frisch und frei von der Leber weg redete.
    »Wir kriegen aber noch mehr zu tun!«, fuhr Thomas mit erhobener Stimme fort.

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