Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
Vom Netzwerk:
und August Kunkel. Die vier fühlten sich mächtig geschmeichelt, dass sie für solche ehrenvollen Posten ausersehen waren. Sie wurden gleich sehr aufgeregt und konnten es kaum abwarten, ihren Dienst anzutreten. Alle anderen Kinder wollten uns gerne zu den Werken hinausbegleiten, aber Thomas war dagegen.
    »Ihr müsst auf dem Geißmarkt bleiben und ihn bewachen, bis wir zurückkommen!«, erklärte er ihnen. »Ihr werdet heute noch alle irgendetwas zu tun kriegen.«
    »Au fein! Was denn?«, riefen sie erfreut.
    »Das weiß ich jetzt noch nicht«, fuhr Thomas fort. »Wir werden nachher darüber beraten. Spielt solange Verstecken oder Fangen, später werdet ihr sicher keine Zeit mehr dazu haben!« Dann wandte er sich an Marianne: »Du passt mit Max Pfauser und Fritz Schlüter auf, dass die Kinder inzwischen keinen Unfug machen! Wir kommen so rasch wie möglich zurück.«
    Marianne war sofort Feuer und Flamme und rief den Kindern zu:
    »Kommt! Wir spielen Räuber und Soldaten!«
    Ich sah noch, wie die Kinder einen dichten Kreis um Marianne bildeten, wobei sie lachend durcheinander schwatzten, dann bog ich mit Thomas, Heinz Himmel und den vier anderen Jungen um die Ecke der Langengasse. Wir marschierten in großem Tempo drauflos. Das Elektrizitätswerk liegt am Timpebachweg. Wir mussten zuerst zum Bahnhofsplatz. Von dort ist es nicht mehr weit. Unterwegs fragte ich Thomas: »Was sollen denn die Kinder zu tun kriegen?«
    »Na, so kann es doch nicht bleiben«, erwiderte er. »Sie müssen alle arbeiten, damit die Sache den richtigen Schwung bekommt. Wir müssen die Ernährung organisieren. Wir müssen die Stadt sauber halten. Und vor allem müssen wir uns gegen die Piraten schützen. Die werden uns doch bestimmt nicht kampflos die Herrschaft überlassen!«
    »Bestimmt nicht!«, sagte Erwin Bernreither. »Als ich das Plakat gelesen hatte und zum Geißmarkt rannte, traf ich Willi Hak. Er schimpfte auf euch und sagte, dass Oskar euch schon das Handwerk legen würde.«
    »Siehst du!« Thomas nickte mir zu. »Wir müssen unseren Kindern erst einmal zeigen, was wir wollen. Sonst laufen sie alle zu den Piraten über!«
    »Wir sollten den Piraten zuvorkommen!«, warf Heinz Himmel ein.
    »Klar«, erwiderte Thomas. »Aber das geht nur, wenn wir die anderen Kinder davon überzeugen, dass wir ihnen helfen können. Je eher sie alle vernünftig beschäftigt werden, desto stärker ketten wir sie an uns.«
    »Tadellos!« Ich staunte, wie großzügig Thomas die Sache in die Hand nahm.
    »Aber es ist einfach unmöglich«, fuhr er fort, »dass immer nur drauflos geschwätzt wird und jeder seinen Dickschädel durchsetzen will!«
    »Wir müssten einen genauen Plan ausarbeiten«, meinte ich, »und dann den Kindern sagen: ›So! Das und das kriegt ihr zu tun, und nun ran an die Arbeit!‹«
    »Das Plakat habt ihr doch fabelhaft gemacht!«, rief Emil Meißner. »Setzt euch zusammen und entwerft auch noch den Plan!«
    »Er hat recht!«, bekräftigte Thomas. »Wenn wir zurück sind, trommeln wir die siebzehn Retter in der Not zusammen und verfassen eine regelrechte Arbeitseinteilung!«
    »Dann müssen wir aber jetzt schnell machen!«, sagte ich. »Die Arbeitseinteilung wird eine Masse Zeit kosten.«
    Thomas lachte. »Ich werd’ euch schon gehörig zwiebeln, damit es schnell geht!«
    Wir waren beim Elektrizitätswerk angekommen. Karl Lampe und August Kunkel mussten draußen bleiben und auf uns warten, sie sollten nachher zum Wasserwerk mitkommen. Ich schloss das Tor auf, und wir überquerten den Hof. Vor uns lag die Maschinenhalle, ein kleines quadratisches Gebäude mit vielen hohen Fenstern. Gleich anschließend befindet sich die Freiluft-Transformatorenanlage. Die riesigen Porzellan-Isolatoren fielen uns besonders auf. Von ihnen zweigt die Hochspannungsleitung in die verschiedenen Stadtteile ab. Ich erklärte den ehrfürchtig staunenden Jungen, dass diese Anlage dazu dient, den hochgespannten Strom in eine niedrigere Spannung umzuformen. »In den großen Behältern ist Öl. Es verhindert die gefährliche Funkenbildung und kühlt die starke Hitze, die durch das Umformen entsteht, ab.«
    Dann zeigte ich auf das lange, dicke Rohr, das steil den Schafberg herunterkommt und in die Maschinenhalle mündet. »Durch dieses Rohr wird das Wasser von dem kleinen Stausee oben der Turbine zugeführt«, sagte ich. »Das Wasser fällt mit ungeheurer Wucht auf das Turbinenrad und treibt es dadurch an. Man kann den Zufluss mit Hilfe eines Schiebeventils regulieren

Weitere Kostenlose Bücher