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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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hinüber. Aus dem Ufergebüsch, das ziemlich weit entfernt war, traten mehrere Jungen. Sie blieben am Rand des Gemeindeackers stehen und tuschelten miteinander. Ich erkannte ganz deutlich Willi Hak an seinem roten Schopf. Die Piraten hatten alle große Weidenknüppel in den Händen. Es waren vielleicht fünfzehn bis zwanzig Jungen.
    Willi legte die Hand wie einen Trichter an den Mund und brüllte:
    »Macht, dass ihr wegkommt, sonst hauen wir euch den Buckel voll!«
    »Schuftet ruhig weiter!«, höhnte ein anderer. »Die Kartoffeln werden wir uns bald holen!«
    Unsere Schutztruppler griffen sofort nach ihren Haselnussstöcken. Thomas rief: »Vorwärts, folgt mir!« und rannte in großen Sätzen über den Kartoffelacker auf die Piraten zu. Die Schutztruppler stürmten mutig hinter ihm her. Die Piraten waren über den plötzlichen Angriff so erschrocken, dass sie blitzschnell Reißaus nahmen. Bevor Thomas den Timpebach erreicht hatte, waren die Feinde schon spurlos verschwunden. Er gab die Verfolgung auf und kehrte lachend zurück. »Denen haben wir aber Beine gemacht«, sagte er ingrimmig.
    Jetzt gingen wir mit doppeltem Eifer an die Arbeit. Die Säcke füllten sich rasch. Nach kurzer Zeit waren zwanzig Stück voll. Marianne meinte, dass wir nun genug hätten. Wir trugen die Säcke mit vereinten Kräften zum Auto und luden sie auf. Dann nahm ich meinen Platz am Steuer ein, Marianne setzte sich neben mich, und ich lenkte das Auto vorsichtig auf die Straße. Thomas und Max Pfauser stellten sich an der einen Seite des Wagens aufs Trittbrett; der dicke Paul, Otto Rabe und Heinz Himmel an der andern Seite. Die Schutztruppler mussten nebenher marschieren. Ich fuhr sehr langsam, damit sie mitkommen konnten.
    Bis zum Bahnhof ging alles großartig. Aber als wir über den Bahnhofsplatz hoppelten, machte der Motor plötzlich Puff und versagte. Der Wagen rollte noch ein bisschen weiter und blieb schließlich stehen.
    »O je!«, sagte Marianne. »Das Auto mag nicht mehr!«
    Thomas lief nach vorne und drehte an der Kurbel. Doch der Motor sprang nicht an. Dann versuchte Max Pfauser sein Glück. Vergebens – die Maschine streikte.
    »Was ist los?«, fragte Thomas mich.
    Ich zuckte die Achseln. »Vielleicht ist was gebrochen«, meinte ich. Ich kletterte von meinem Sitz herunter und öffnete die Motorhaube. Thomas, Heinz Himmel und einige andere drängten sich um mich und schauten über meine Schulter in die Maschine. Da war aber nichts zu entdecken. Ich holte mir rasch aus dem Werkzeugkasten einen Schraubenschlüssel und machte die Zündkerzen los. Ich putzte sie mit einem Wolllappen und setzte sie wieder ein. Dann versuchte ich selbst, den Motor anzuwerfen. Er rührte sich nicht. Ich wischte mir den Schweiß ab und blickte ziemlich ratlos auf den Wagen:
    »Es ist irgend etwas Kompliziertes kaputt«, seufzte ich.
    Der dicke Paul legte prüfend die Hand auf den Zylinderblock, zog sie aber mit einem Aufschrei zurück: »Pfui Teufel! Ich habe mich verbrannt!«, schrie er und pustete auf seine Finger.
    Plötzlich rief Karl Benz, der hinten am Wagen stand: »Es ist doch gar kein Benzin im Tank!«
    Wir rannten zu ihm hin. Er hatte die Verschlusskappe des Benzinbehälters abgeschraubt und seinen Stock hineingesteckt. Er zog ihn heraus, der Stock war völlig trocken.
    »Das ist ja eine schöne Bescherung!«, brummte Thomas. »Jetzt sitzen wir fest«, sagte Heinz Himmel.
    »Vielleicht können wir Benzin holen«, schlug Otto Rabe vor.
    Ich schüttelte verneinend den Kopf. In Timpetill gibt es nur eine Tankstelle in der Kollersheimer Straße, und die war fest verschlossen. Das wusste ich. »Benzin können wir nicht beschaffen«, sagte ich.
    »Schieben wir doch die Karre«, rief Max Pfauser.
    »Versuchen wir es!«, befahl Thomas. Ich setzte mich ans Steuer, und die andern stemmten sich hinten gegen das Auto. Aber so sehr sie sich auch anstrengten, der Wagen bewegte sich nicht vom Fleck. Er war durch die vollen Kartoffelsäcke viel zu schwer.
    »Und wenn wir wieder die Droschke nehmen?«, fragte Marianne.
    »Unmöglich«, sagte Thomas. »Die Droschke steht noch auf dem Geißmarkt. Wir müssten sie erst holen. Dann können wir höchstens fünf Säcke darin transportieren. Wir müssten also viermal hin und her fahren. Das würde bis heute nacht dauern.«
    »Schadet doch nichts«, meinte Heinz Himmel.
    »Und ob!«, erwiderte Thomas. »Wir müssen so rasch wie möglich zum Geißmarkt zurück. Die Piraten haben irgendetwas vor. Sie werden allmählich

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