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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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erstatten! Dann könnt ihr Kakao trinken gehen ins ›Goldene Posthorn‹!«
    Die drei zogen enttäuscht weiter. Ich schaltete den Gang ein und fuhr ab. Diesmal gelang es mir schon besser. Es ging gar nicht mehr so ruckartig. Aber kaum war der Wagen in Schwung, als Walter Hundert um die Ecke der Wiesengasse gelaufen kam und uns heftig zuwinkte. Ich bremste so rasch, dass ich beinahe gegen einen Laternenpfahl gestoßen wäre. In letzter Sekunde zog ich die Handbremse. Die Insassen des Wagens wurden mächtig durcheinandergerüttelt. Marianne flog vom Sitz und fiel auf die Knie. Aber sie stand schnell wieder auf und sagte:
    »Fein kannst du bremsen.«
    »Ein bisschen plötzlich«, brummte Thomas.
    Walter Hundert hatte uns eingeholt. »Die Piraten schneiden dicke Stöcke im Reckenwald ab!«, rief er. Er war furchtbar aufgeregt und keuchte schwer.
    »Aha, sie bewaffnen sich!«, sagte Thomas stirnrunzelnd.
    »Ich habe ein Gespräch belauscht zwischen Willi Hak und Oskar«, berichtete Walter Hundert weiter. »Die Piraten haben Hunger. Die Würste in Herrn Stettners Fleischerladen sind alle!«
    Thomas schwang sich aus dem Wagen und sprang auf die Straße. »Was haben sie noch gesagt?«, fragte er gespannt.
    »Willi sagte, dass viele Piraten sich schon beklagen, weil es nichts mehr zu essen gibt. Oskar schrie darauf: ›Dann müssen wir losschlagen!‹«
    »Die Piraten planen bestimmt einen Gewaltstreich«, sagte ich.
    »Vielleicht wollen sie die Lebensmittelgeschäfte plündern«, meinte der dicke Paul ängstlich.
    »Irgend etwas ist faul im Staate Dänemark«, bemerkte Thomas nachdenklich. »Wir müssen uns beeilen, damit wir noch rechtzeitig die Kartoffeln in Sicherheit bringen!«
    »Also dann mit Volldampf voraus!«, sagte ich.
    »Wart noch einen Augenblick!«, rief Thomas mir zu. »Pass auf!«, befahl er Walter Hundert. »Du rennst, so rasch du kannst, zu Fritz Schlüter! Überbringe ihm folgende Befehle von mir: Vor den Lebensmittelgeschäften in der Langengasse und auf dem Geißmarkt sind Wachen aufzustellen. Alle Schutztruppenpatrouillen, die unterwegs sind, sollen durch Kuriere sofort zum Hauptquartier zurückgeholt werden! Die gesamte Schutztruppe wird in Alarmzustand versetzt. Vor dem Rathaus muss die Wache verdoppelt werden! Verstanden?«
    »Jawohl!«, erwiderte Walter Hundert. Er machte kehrt und lief die Kollersheimer Straße hinunter zum Geißmarkt.
    Thomas kletterte wieder ins Auto. Wir fuhren ab. Ich schaltete den dritten Gang ein. Wir rasten jetzt mit großer Geschwindigkeit unserm Ziel zu. Ich umklammerte das Steuer mit beiden Händen, konnte aber trotzdem nicht verhindern, dass der Wagen keinen geraden Kurs hielt. Aber da die Straße völlig menschenleer war, schadete es nicht viel. Bald bogen wir in den Timpebachweg ein und sahen schon von weitem den Gemeindeacker. Die Jungen von der Schutztruppe lagen zwischen dem Kartoffelkraut auf den Knien. Einige gruben mit bloßen Händen die Kartoffeln aus, andere mit kurzen Spaten, die sie im Geräteschuppen gefunden hatten. Als die Kinder uns mit dem Auto ankommen sahen, sprangen sie überrascht auf. Ich machte eine kühne Kurve und sauste direkt in das Kartoffelfeld hinein, wo ich bremste und anhielt. Thomas, Otto, Max Pfauser, Heinz Himmel und der dicke Paul kletterten heraus und liefen zu den Schutztrupplern. Marianne trippelte hinterher. Ich blieb beim Wagen, um bei stillstehendem Motor noch tüchtig das Kuppeln und Schalten zu üben. Dann eilte ich den anderen zu Hilfe. Inzwischen hatten Thomas und Max Pfauser mit mehreren Jungen Säcke aus dem Schuppen geholt und verteilten sie an uns. Ich riss die Kartoffelpflanzen heraus, schüttelte tüchtig die Erde ab und warf die Kartoffeln in den Sack. Marianne arbeitete neben mir. Sie hatte eine Harke erwischt und machte ihre Sache sehr gut. Nach wenigen Minuten fingen wir an zu schwitzen. Das andauernde Bücken war anstrengend und tat im Rücken weh. Der dicke Paul ächzte und jammerte zum Gotterbarmen; trotzdem gab er sich große Mühe, um nicht zurückzubleiben. »Nur Mut, Paul!«, ermunterte ich ihn.
    »Ich habe nie gewusst, dass Kartoffeln so viel Arbeit machen«, stöhnte er.
    »Ja, essen lassen sie sich viel leichter«, rief Marianne lachend. Sie borgte sich von mir ein Taschentuch und band es sich wie eine Bauernmagd um ihre blonden Locken, die ihr immer wieder in die Augen fielen. Plötzlich schrie Max Pfauser: »Achtung! Da hinten sind die Piraten!« Wir richteten uns auf und blickten zum Timpebach

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