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Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Timpetill - Die Stadt ohne Eltern: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Winterfeld
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aufzuhalten. Bumms! Es gab einen Ruck, und ich flog mit dem Kopf aufs Steuerrad. Der Motor ging aus. Der Wagen stand.
    Ich war gegen den Brunnen gefahren. Durch den Aufprall kam der heilige Matthäus ins Schwanken, ein vielstimmiger Entsetzensschrei ertönte, und die Steinfigur schlug krachend aufs Pflaster.
    Wunderbarerweise ging der heilige Matthäus nicht kaputt. Nur die Nase brach ab.
    Aus dem Rathaus stürzten jetzt Ludwig Keller, Robert Punkt und ihre Adjutanten heraus. Aus dem Gendarmerieamt und dem »Goldenen Posthorn« kamen Schwärme von Schutztrupplern. Unser Geschrei hatte sie alarmiert.
    Sie umringten uns und schauten verblüfft auf das Lastauto und den Heiligen.
    Mir brummte der Schädel, und ich tastete vorsichtig meine Stirn ab.
    Marianne sprang aufs Trittbrett und legte mitfühlend den Arm um mich.
    »Ist dir was passiert?«, fragte sie besorgt.
    »Nein. Nichts. Ich kriege nur eine Beule«, seufzte ich.
    »Zum Teufel, was war denn nur los?«, wollte Thomas wissen. Er schaute mich vorwurfsvoll an.
    »Ich weiß nicht«, stotterte ich. »Ich habe gar kein Gas gegeben, und das Biest fuhr trotzdem immer weiter und weiter!«
    »Ja, rückwärts!«, sagte Thomas ironisch.
    »Ich muss doch auch ausprobieren, ob ich rückwärts fahren kann«, verteidigte ich mich. Plötzlich fiel mein Blick auf den Handgashebel am Steuerrad. Jetzt wurde mir blitzartig alles klar. Ich war versehentlich mit dem Arm gegen den Hebel gekommen und hatte ihn ahnungslos auf volle Fahrt geschoben. Deswegen hatte auch die Bremse versagt. Ich sprang aus dem Auto und sah mir die Bescherung an. Dem Auto war nicht viel passiert. Nur der rechte hintere Kotflügel war etwas eingedrückt.
    »Den klopfen wir schon wieder gerade«, tröstete mich Hans Knollmeier. Sein Vater ist der Schmied von Timpetill.
    »Was wollt ihr denn mit dem Auto?«, prasselten von allen Seiten die Fragen auf uns herab.
    »Wir holen Kartoffeln«, erklärte Thomas. »Wirst du fahren können?«, wandte er sich an mich.
    Ich nickte eifrig.
    »Jetzt bin ich im Bilde«, sagte ich. »Ich werde ganz langsam fahren, dann geht’s schon!«
    »Aber um Gottes willen nicht rückwärts!«, kicherte der dicke Paul. Ich beachtete ihn gar nicht.
    »Und was soll mit dem Heiligen geschehen?«, fragte Fritz Schlüter.
    »Seht zu, wie ihr ihn wieder da oben hinaufkriegt!«, erwiderte Thomas. »Die Feuerwehr hat einen Kran! Holt euch den!«, schlug ich vor.
    »Fabelhaft!«, schrien die Jungen von der Schutztruppe. Fritz Schlüter rannte mit ihnen davon, um den Kran zu holen.
    »Die Nase könnte man wieder ankleben«, meinte Marianne. »Welche Nase?«, fragte ich erstaunt.
    »Na, die vom Matthäus!«, erwiderte sie.
    »Ach so!«, sagte ich. Die Nase hatte ich vergessen.
    »Ich hole Leim von zu Hause!«, meldete sich August Faber, der Sohn des Tischlermeisters. Er war Gruppenleiter bei der Schutztruppe.
    »Tut, was ihr könnt!«, sagte Thomas. »Es wird höchste Eisenbahn, dass wir abfahren!«
    Ich setzte mich wieder ans Steuer.
    Max Pfauser warf den Motor an. Marianne ließ sich neben mir auf dem Fahrersitz nieder; Thomas, Otto Rabe, Heinz Himmel und der dicke Paul kletterten auf den Wagen.
    Ich schaltete den ersten Gang ein, gab Gas und kuppelte ein. Das Auto fuhr mit einem plötzlichen Ruck ab. Die Jungen, die hintendrauf standen, purzelten durcheinander. Die Kinder auf dem Platz brachen in ein schallendes Gelächter aus. Ich ging rasch in den zweiten Gang und gab ordentlich Gas.
    Mit beängstigender Geschwindigkeit fegte das Auto um die Ecke der Langengasse. Dann bogen wir winkend und hupend in die Kollersheimer Straße ein. Jetzt schrien die zurückbleibenden Kinder: »Hurra!« Einige Jungen rannten noch eine Weile hinter uns her, aber bald blieben sie atemlos zurück und blickten uns bewundernd nach.

20
    Zu viel Schweiß und zu wenig Benzin
    Unterwegs trafen wir Paul Koppel, Hubert Funk und Stephan Klotz. Sie kamen aus dem Reckenwald zurück, wo sie nach den Eltern Ausschau gehalten hatten. Als wir mit dem Auto an ihnen vorbeifuhren, blieben sie verdattert stehen und rissen die Augen auf. Ich bremste und brachte den Wagen zum Stehen. Thomas winkte die drei Spione heran.
    »Habt ihr die Eltern gesehen?«, fragte er sie.
    »Nein«, sagte Stephan Klotz. Er blickte mich staunend an. »Kolossal, du kannst Auto fahren?«
    »Na, so ein bisschen«, erwiderte ich freundlich.
    »Nehmt uns doch mit!«, bat Paul Koppel.
    »Leider nicht zu machen«, sagte Thomas. »Ihr müsst Robert Punkt Meldung

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