Tims gefährlichster Gegner
sein?
Tim trat zu Gerlinde Reitz, die
soeben ihr Gespräch mit Sabine beendet hatte und ihm sein Handy zurückgab.
»Frau Reitz, können wir davon
ausgehen, dass alle Taschen des CV-Anzugs leer waren?«
»Ganz bestimmt, Tim. Ich
überprüfe das genau. Bei jedem Stück. Mir würde nichts entgehen. Aber ich habe
noch nie etwas gefunden. Denn die Ware kommt ja direkt aus der chemischen
Reinigung. Anders werden die Sachen von mir und meinen Kollegen gar nicht
angenommen.«
»Wie verläuft der Vorgang? Ich
meine, wie kommen Sie an die Ware?«
»Bei den Kommissionsstücken,
das heißt, wenn ich mit Ware handele auf fremde Rechnung, also im Auftrag, ist
es immer der gleiche Ablauf. Der so genannte Bringer — also der bringende Kunde
— überlässt mir die Ware. In Kommission, in seinem Auftrag, biete ich sie an.
Vorher haben wir uns auf einen Preis für den Bringer geeinigt. Auf den schlage
ich meinen Anteil drauf, denn das ist ja mein Geschäft. Für drei Monate bleibt
die Ware im Angebot. Wenn sie dann nicht verkauft ist, kriegt sie der Bringer
zurück. Falls er verzichtet, geht die Ware zur Kleiderspende.«
»Okay. Sie haben nun den Anzug
verkauft. Der Bringer kriegt sein Geld, Sie nehmen Ihren Anteil. Verschwindet
damit der Bringer aus Ihren Unterlagen?«
»Nein. Die Abrechnung muss ich
aufheben. Damit ich im Falle einer Steuerprüfung alles belegen kann.«
»Sie haben also Unterlagen über
den Bringer?«
Gerlinde nickte. »Die
Abrechnung. Die Telefonnummer des Bringers und die Kommissionsnummer.«
»Können Sie bitte nachsehen,
wer den CV-Anzug gebracht hat?«
»Kein Problem. Ich erinnere
mich, dass es zwei junge Frauen waren. Sie brachten mehrere Anzüge. Zwei waren
völlig neu, die anderen wenig getragen, allerdings nicht gereinigt. Diese
Anzüge konnte ich also zunächst nicht annehmen. Aber die Frauen kamen nach ein
paar Tagen abermals und alles war okay.«
»Bitte, Frau Reitz, ich brauche
Namen und Adresse, gebe es auch weiter an Gabys Vater. Denn die Sache wird
jetzt heiß zum Fingerverbrennen.«
»Die eine, erinnere ich mich,
hatte sich ein Bein gebrochen und trug einen Gipsverband. Nein! Den Arm! Ja,
den Arm!«
Fünf Minuten später notierte
Karl den Namen Daniela Wizonski in sein Merkbuch und die Telefonnummer. Die
andere Frau war bei dem Kommissionsgeschäft nicht in Erscheinung getreten.
Als TKKG das Geschäft
verließen, häkelte der Maiabend blaue Schatten in Gassen und Winkeln.
Tim sagte: »Erst kümmern wir
uns um die Frau. Dann um Krummi. Dass sie dem sofort auf den Pelz rücken, ist
unwahrscheinlich. Aber lange wird's nicht dauern. Um diese Zeit ist er im
Internat und...«
»Für heute Abend ist er
eingeteilt als EvD (Erzieher vom Dienst)«, fiel ihm Klößchen ins Wort.
»Er muss also da sein.«
»Und ist damit relativ sicher«,
nickte Tim. »Denn auf dem Schulgelände fallen ja Fremde sofort auf.«
»Manchmal fühle ich mich schon
wie in ’nem militärischen Sperrgebiet«, nölte Klößchen. »Mandl«, er meinte den
Hausmeister, »will jetzt am Tor zu dem Privat-kein-Durchgang-Schild noch eine
englische Version anbringen. Keep out! No Trespassing (Halt! Betreten
verboten ).«
»Dass wir jetzt bloß nichts
vergeigen!«, warnte Gaby. »Ich muss Papi verständigen. Krummi braucht
Personenschutz. Und wenn die drei ihn angehen, schnappt die Falle zu.« Sie
griff zum Handy und wählte abermals.
Hm!, dachte Tim. So einfach
wird es leider nicht sein. Denn blöd sind die drei nicht.
14. Vorhut
der Kripo
TKKG benötigten elf Minuten bis
zur Weingold-Straße. Nummer 41 war ein schmuckloses Stadthaus mit vier
Stockwerken, die Haustür stand offen. Die Anordnung der Klingelknöpfe verriet,
dass D. Wizonski und D. Mitsorge im zweiten Stock wohnten,
gemeinsam. TKKG — Tim voran — stiegen die Treppe hinauf. Hinter einer Tür hörte
man leise Klaviermusik. Jemand übte das Gebet einer Jungfrau und gleich
danach den Gesang der Meermädchen, war: aber von Konzertreife noch
Lichtjahre entfernt.
Tim klingelte bei
Wizonski-Mitsorge. Unten fiel die Haustür ins Schloss. Leise Männerstimmen.
»Wespe kommt«, sagte Gaby,
beugte sich übers Treppengeländer und spähte hinunter. »Aber ohne Papi. Hat
wahrscheinlich Wichtigeres zu tun. Jacoby ist dabei, der neue Assi von
Kommissar Wunderling.«
Hm!, dachte Tim. Mit der
Streitmacht erschrecken wir die Damen. Aber das macht nichts.
Vor ihm wurde die Tür geöffnet
und er sah sich einer rothaarigen, ziemlich hübschen Frau gegenüber.
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