Tims gefährlichster Gegner
aber Tim kam ihr zuvor. »Wespe, du liegst völlig richtig. Aber
weil Gabys Vater verhindert ist wegen noch dringlicherer Aufgaben, muss doch
irgendwer auf euch aufpassen. Wir verstehen uns als Stichwortgeber, damit ihr
die richtigen Fragen stellt.«
»Hast du das gehört, Jacoby?«,
grinste Wespe. »Dieser freche Nachwuchs will ständig dabei sein.«
»Es wäre gegen die Vorschrift«,
nickte Jacoby und rückte am Knoten seiner korrekt sitzenden Krawatte, »aber
wenn wir uns danach richten, kommen wir vermutlich nicht weiter.«
»Mein Kollege hat entschieden«,
stellte Wespe fest. »Die drei Junior-Bullen und das Junior-Kälbchen dürfen also
mit. Ich vermute, Gaby, dieser Krawattenträger ist verliebt in dich.«
»He!«, verwahrte sich Jacoby.
»Ich bin verlobt.«
»Na und? Bin ich auch. Und
trotzdem verliebt in Gaby.«
TKKG und die beiden Kriminaler
standen in der Weingold-Straße, die eine Einbahnstraße ist. Der Dienstwagen,
ein mausgrauer BMW aus der vorvorletzten Modellreihe, parkte halb schräg auf
dem Gehsteig, wodurch auch der Radweg blockiert wurde. Hinter dem Scheibenwischer
steckte ein Reklamezettel für ein indisches Restaurant.
Gaby klopfte Wespe auf die
Schulter. »Wenn ich mal in Stimmung bin, schenke ich dir ein Lächeln. Und nun
schließ den Wagen auf, Knalltüte, wir wollen einsteigen.«
TKKG quetschten sich in den
Fond. Wespe glitt hinters Lenkrad. Jacoby zog erst das Jackett aus und legte es
sorgfältig zusammen, bevor er sich auf dem Nebensitz niederließ und die
Bügelfalten seiner Hose glatt strich.
Sie fuhren zum Mäfär-Block,
parkten und gingen zu dem mittleren Gebäude. Tim fand den richtigen
Klingelknopf und ließ drei Sekunden den Daumen darauf. Etwas länger dauerte es,
bis in der Sprechanlage die Stimme zu hören war.
»Ja?«
»Herr Lissenfuhl?«, fragte
Wespe.
»Ja.«
»Ich bin Kriminalassessor
Bienert vom Dezernat Schwerkriminalität. Wir haben ein paar Fragen an Sie, Herr
Lissenfuhl.«
Stille. Dann: Ȁh... ich... Ja,
gut. Kommen Sie hoch. Vierter Stock. Wohnung 411.«
Tim sah seine Freunde an. Alle
waren gespannt. Würde sich jetzt zeigen, wie alles zusammenhing und was es auf
sich hatte mit dem pflaumenblauen Designeranzug?
Als sie im vierten Stock aus
dem Lift stiegen, stand Lissenfuhl in seiner Wohnungstür. Tim und Gaby
erkannten ihn sofort. Und merkten auch, wie er bei ihrem Anblick
zusammenzuckte.
Wespe wies sich aus und gab
keine Erklärung ab für die Anwesenheit der vier Jugendlichen. Lissenfuhl ging
in seine Wohnung voran. Er hatte sich umgezogen, trug jetzt schwarze
Collossalo-Jeans und einen Rollkragenpulli aus schwarzer Seide.
»Bitte nehmen Sie Platz.« Seine
Stimme war ausdruckslos.
Jene Lieselotte aus dem
Polizeipräsidium hatte zwischenzeitlich Leander Jacoby angerufen und
ausführlich Daten übermittelt aus Lissenfuhls krimineller Karriere. Man wusste
Bescheid. Tim hatte Wespe gebeten, die Befragung eröffnen zu dürfen. Leander
Jacoby hatte zwar mit Maulsperre kämpfen müssen, als Wespe das Vorhaben cool
abnickte. Aber der schrille Kriminalassessor wusste, was er tat. Immerhin
verstehen er und Tim sich mindestens so gut wie ungleiche Brüder.
»Heute Nachmittag, Herr Lissenfuhl«,
begann Tim, »waren Sie im Secondhandshop Dresscode. Bei Frau Reitz, der
Inhaberin, haben Sie sich mit erheblichem Nachdruck erkundigt, an wen sie im
letzten Sommer einen pflaumenblauen Caldo-Versatscho-Designeranzug verkauft
hat. Einen Anzug, den Ihre Exfreundin Daniela Wizonski dort in Kommission
gegeben hat. Weshalb und wie ist allen bekannt und wir müssen das hier nicht
erörtern. Jedenfalls haben Sie von Frau Reitz keine Auskunft erhalten. Wenig
später aber standen Sie zufällig hinter deren Tochter Sabine, als wir — meine
Freundin Gaby und ich — uns vor dem Geschäft mit ihr unterhielten. Unter
anderem auch über Sie, der Sie ziemlich harsch aufgetreten sind, und über Ihren
ominösen (unheilvollen) Anzug. Dabei fiel der Spitzname des Käufers, der
Mutter und Tochter Reitz sehr wohl bekannt ist, den sie aber einem aggressiven
Typ wie Ihnen nicht preisgeben wollten. Sie, Herr Lissenfuhl, haben den Namen
gehört. Soweit alles richtig?«
Der Mann starrte Tim an. »Ich
weiß nicht, wovon du redest.«
»Aha. Dann mal weiter. Als wir
später nochmals mit Frau Reitz über diesen seltsamen Vorgang sprachen, wurden
Sie, Herr Lissenfuhl, exakt beschrieben. Gaby und ich haben uns sofort
erinnert. Aber nun spitzt sich die Angelegenheit zu. Denn der Spitzname
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