Tina Turner - Die Biografie
sie mit dem Vogel.
Während Phil die Instrumentalspur und die Tonspur mit dem Backgroundgesang aufnahm, besichtigte Tina einmal das Studio, um sich anzuschauen, wie er arbeitete. Ehrfürchtig bemerkte sie, dass er 75 Musiker und 25 Sänger nur allein für „River Deep – Mountain High“ in das Studio hineingezwängt hatte. Es hing so viel von diesem Lied ab, dass Phil, Berichten zufolge, stundenlang an den einzelnen Tonspuren herumbastelte. Bob Krasnow erzählte, dass jeder wichtige Studio-Sessionmusiker des Musikbusiness an diesem Song mitarbeitete, einschließlich Glen Campbell, Leon Russell, Sonny Bono und Hal Blaine.
Cher erinnerte sich später: „Ich weiß noch, wie Phil mir den Song vorspielte und wie aufgeregt er dabei war.“ Und Tina erzählt: „Er stand voll und ganz hinter diesem Projekt – das war etwas, woran er ganz stark glaubte. Ich muss noch dazu sagen, dass Dutzende von Backgroundsängern daran beteiligt waren – das war ein ganzer Chor! Wo man hinsah, standen Menschen, der ganze Raum war voller Sänger.“ (19)
Nachdem sie zwei Wochen lang geprobt hatte, war für Tina nun endlich der Tag gekommen, an dem sie in die Gold Star Studios ging und ihre Leadstimme aufnahm. Dies geschah am 7. März 1966. Als sie um 14 Uhr in Begleitung von Bob Krasnow dort ankam, waren lediglich Phil und sein Ingenieur Larry Levine vor Ort. Spector ließ sie das Lied unzählige Male singen. Es dauerte nicht lang, bis ihr in der Aufnahmekabine der Schweiß ausbrach. Nassgeschwitzt zog sie dann irgendwann ihr Hemd aus und stand nun im BH da. Die Aufnahmen dauerten noch bis spät in die Nacht.
Tony Hall, ein englischer Werbeleiter, wurde damit beauftragt, die Radiosender in Großbritannien mit diesem energiegeladenen Song vertraut zu machen. Hall, selbst langjähriger Tina Turner-Fan, erinnert sich noch daran: „Als wir die Probeaufnahme zum ersten Mal hörten, flippten wir regelrecht aus. Das war ohne Frage die aufregendste Platte des Jahres! Aber wie gut würde sie sich verkaufen? Ich konnte das, ehrlich gesagt, überhaupt nicht einschätzen. Ich wusste bloß, dass es eine Schande gewesen wäre, wenn all die Liebe, die Phil und die Turners da hineingesteckt hatten, vergeblich gewesen wäre. Die Platte musste einfach eine Zuhörerschaft finden. Bis dato (im Jahre 1966) fehlte von ihr in den US-amerikanischen Top 100 noch jegliche Spur. Aber da sahen wir es nur als noch größere Herausforderung an, sie in Großbritannien auf den Weg zu bringen. Aus diesem Grunde schickte ich fast allen Radiomoderatoren des Landes persönliche, handgeschriebene Briefe, in denen ich sie inständig bat, dem Publikum die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Urteil zu bilden.“ (20)
In Amerika wurde die Platte bei keinem Radiosender vom Publikum angenommen. In England erwies sie sich hingegen als ein Riesenerfolg. „Die Reaktionen waren überaus positiv“, erklärt Tony Hall, „und es kamen plötzlich ständig Nachbestellungen. Es sah danach aus, als würde die Platte auf jeden Fall in den Top 20 landen. Auf der Grundlage dieser hohen Verkaufszahlen wandte ich mich an Johnnie Stewart, den Produzenten der quotenstarken BBC-Fernsehsendung Top of the Pops und bat ihn, sein amerikanisches Filmteam zu beauftragen, ein Video von den Turners zu drehen. Mit Hilfe von Jim Fitzpatrick in Los Angeles spürte man die Turners schließlich mitten während einer hektischen 90-tägigen Tour auf. Das Ergebnis davon war der aufregendste Film seiner Art, der je in Großbritannien gezeigt wurde. Die Wärme, die Schnelligkeit und die Stimmung von Tinas lebendiger Bühnenshow, die von Ike überwacht und von dem wilden Tanz der Ikettes begleitet wurde, waren einfach grandios. Wir konnten es kaum glauben, dass die schöne Tina in Wirklichkeit eine glücklich verheiratete Mutter von ‚vier‘ Kindern war. Die Platte kletterte die Charts stetig weiter hinauf. Top 20, Top 10, Top 5, Top 3. Und in Amerika? Da passierte gar nichts. Ehrlich gesagt, haute uns das hier (in England) total um. Es war wirklich so, wie Phil (Spector) selbst sagte: ‚Wir können eigentlich nur annehmen, dass man in England Talent und aufregende Musik mehr zu schätzen weiß, als dies in den USA der Fall ist.‘“ (20)
Hall lag – wie die restliche Welt auch – mit der Einschätzung, Tina führe ein „glückliches Eheleben“, völlig falsch. Er ahnte ja nicht, wie es hinter verschlossenen Türen im Privatleben der Turners zuging! Aber er war ohne Zweifel in der Lage, sofort
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