Tina Turner - Die Biografie

Es kann gut sein, dass Ike deswegen auf die Idee kam, Tina in diese Richtung zu lenken. Doch eines zeichnete die Platte zumindest aus: Sie war das erste offizielle Solo-Album von Tina Turner. Es wurden mehrere Stücke dafür aufgenommen. Darunter befanden sich allerdings auch zehn Songs, die jahrelang unveröffentlicht blieben. Heute sind sie auf verschiedenen Sammelalben zu hören. Soul Deep und Simply Tina gehören beispielsweise dazu. Unter den anderen Country-Songs waren aber auch Tinas Version von Tammy Wynettes „Stand By Your Man“ und „You Ain’t Woman Enough To Take My Man“ von Loretta Lynn. Ohne Zweifel hätte es wohl besser gepasst, wenn sie ein Lied mit dem Titel „If Your Are Woman Enough – PLEASE Take My Man Away!“ (Wenn du Frau genug bist, nimm mir BITTE meinen Mann ab!) gesungen hätte …
    Die einzige Ike & Tina-Single, die es 1974 in die Charts schaffte, hieß „Sexy Ida (Part 1)“. Sie gelangte auf Platz 65 der amerikanischen Pop-Charts. Was das Thema Plattenerfolge anging, so gab die Single dem Duo wieder ein wenig Auftrieb. Ike hatte zudem damit begonnen, seine ersten Soloalben aufzunehmen und herauszubringen, von denen sich jedoch keines je vernünftig verkaufte. Er verlor langsam völlig das Gefühl dafür, welche Sachen eine reelle Chance hatten, sich auf dem Markt durchzusetzen.
    Ike tätigte auch eine Reihe von Fehlinvestitionen, wodurch sein einst profitables Unternehmen an diversen Stellen Geld verlor. Anscheinend brachten nur noch die Live-Auftritte in Europa ihre Kasse zum Klingeln. Das amerikanische Publikum ist sehr sprunghaft, und da die beiden mit keinen neuen Plattenhits aufwarten konnten, nahm die Anzahl der Konzerttermine in den Staaten immer weiter ab.
    „Immer wieder gab es Höhen und Tiefen, aber Ike sorgte dafür, dass unsere Band weitermachen konnte. Schließlich träumte er davon, es auf eine bestimmte Anzahl von Top-Ten-Songs zu bringen. Ike wollte mit Chart-Musik Erfolg haben und auch dafür bekannt sein, dass seine Songs es bis in die Charts schafften. Er hoffte darauf, von der Plattenindustrie entsprechend anerkannt zu werden. Als Musikerin und Produzentin habe ich die Erfahrung gemacht, dass eigentlich die meisten Leute genau darauf aus sind. Und das war das Ziel, auf das auch er hinarbeitete“, so Tina. (10)
    Ike beschloss, Bolic Sounds von einem Studio mit 24 Tonspuren in eines mit 36 zu verwandeln. Dies gab ihm noch mehr Möglichkeiten, an seinen Songs herumzubasteln. Das ging so weit, dass er so viele Klangschichten übereinander legte, dass das Ganze kaum mehr einen Sinn ergab. Seine ursprünglich guten Songideen ruinierte er irgendwann dann immer durch seine ganze Bastelei. „Je mehr Spuren ihm im Plattenstudio zur Verfügung standen, desto mehr nutzte er auch“, erklärt Tina. „Dadurch passierte es dann, dass er ziemlich viel Musik einfach überspielte. Ikes Drogenkonsum und die Tücken der Technik waren eine unglücklich Mischung, die dazu führte, dass die Sachen irgendwie verlorengingen.“ (10)
    Die vier Söhne des Paares fingen nun ebenfalls an, Drogen zu nehmen. Mit Ike als Vorbild und aufgrund der Tatsache, dass im Studio immer tonnenweise Kokain zur Verfügung stand, kann man sich nur allzu leicht ausmalen, wie naheliegend es für die Jungs war, auch in diese Falle zu tappen.
    Ikes eigener Drogenkonsum, seine Gewaltausbrüche und sein unberechenbares Verhalten nahmen in jener Zeit noch weiter zu. Tina wusste nie, wann sie das nächste Mal von ihm Schläge zu erwarten hatte, noch aus welchem Grund oder auch womit er sie schlagen würde. Für gewöhnlich verschloss er plötzlich die Tür des Raumes, in dem sie sich gerade aufhielten – und da wusste Tina, dass es nun wieder losging.
    Ikes unbändigen Zorn und seine Gewalt bekam nicht nur Tina zu spüren. Ann Thomas verprügelte er ebenfalls. Und auch Rhonda Graam wurde von ihm geschlagen, wenn diese am Steuer des Autos saß, in dem die beiden gerade fuhren. Oft zog er sie auch an den Haaren und riss sie ihr büschelweise aus.
    Tina sagte über Ike: „Er war ein böser Mensch und wie besessen.“ (4) Wenn sie nachts im Bett lagen, bestand Ike darauf, in Tinas Armbeuge zu schlafen. Bewegte sie sich, so wurde sie von ihm im Schlaf geboxt. Tina war Ikes Gefangene und wurde regelmäßig von ihm malträtiert und geschlagen.
    Bei Flugreisen bestand Ike stets darauf, drei nebeneinanderliegende Plätze zu buchen. Tina saß dann am einen Ende der Sitzreihe, Ann Thomas am anderen und Ike setzte