Tina und Tini 08 - Das Raetsel der Marzipantorte
dafür, daß die jungen Herrschaften gut bewirtet werden. Auf Wiedersehen!“
Der dicke Herr Ellermann verschwand so schwungvoll wie er erschienen war.
„Nett, nicht wahr?“ fragte Tini.
„Sehr nett. Mal sehen, ob sein Sohn genauso ist.“
„Dann können wir ihn ja gleich nach der piepsenden Torte fragen!“
„Eben.“
Herr Ellermann hat Sorgen
Andreas Ellermann war ein pausbäckiger Junge mit lockigen rotbraunen Haaren. Hätte er nicht eine Brille getragen, hätte man ihn für einen etwas zu groß geratenen Posaunenengel halten können, wie sie in manchen Kirchen den Altar umschweben. Er besuchte die achte Klasse des Landschulheims Bergheim erst seit wenigen Wochen und hatte noch keine Freunde gefunden. Das war auch nicht leicht, denn als einziger Externer, der nach dem Unterricht nach Hause zurückkehrte, während die Internatsschüler sich im Speisesaal versammelten, hatte er außerhalb der Schulstunden keine Gelegenheit, mit den Bergheimer Jungen und Mädchen zusammen zu sein.
Tina und Tini waren es, die Tobbi veranlaßten, sich um Andreas zu kümmern. Der schüchterne Junge blühte förmlich auf, als er merkte, daß man sich für ihn zu interessieren begann. Er war nett, aufgeweckt und unkompliziert, sein einziger Fehler war seine katastrophale Unsportlichkeit, unter der er — als Sohn eines Herstellers von Sportartikeln — besonders litt. Er war über eine Fünf im Turnen nie hinausgekommen, meistens hatte er sogar eine Sechs.
„Hättest du nicht Lust, am Nachmittag ein wenig mit uns zu trainieren?“ schlug Tini ihm schließlich vor. „Ich bin ziemlich gut im Turnen...“
„Ziemlich? Sie ist eine Leuchte! Sie ist auf dem Mast eines Segelschiffs zur Welt gekommen und klettert wie ein Affe!“ unterbrach Tina die Freundin.
„Glaub ihr kein Wort, sie übertreibt schamlos. Aber ich glaube wirklich, ich könnte dir helfen. Wir suchen uns einen Platz, wo uns niemand zuschaut, und üben die Sachen, die dir besonders schwer fallen.“
„Das würdest du tun?“ Andreas strahlte Tini an. „Das wäre ja riesig! Weißt du — vor manchen Sachen habe ich einfach Angst. Zum Beispiel davor, daß mich ein Ball trifft. Oder, daß ich wo runterfalle...“
„Das kriegen wir schon hin, keine Sorge. Wir werden ganz systematisch vorgehen.“
Schon am nächsten Tag trafen sie sich nachmittags hinter der alten Kapelle auf der Wiese. Tina, Tini und Tobbi hatten Bälle mitgebracht. Hier kam selten jemand vorbei, Andreas brauchte nicht zu befürchten, daß seine Nachhilfestunde von irgend jemandem beobachtet wurde.
Sie begannen damit, sich aus nächster Nähe die Bälle zuzuwerfen. Mit der Zeit vergrößerte Tini den Abstand zu Andreas, bei jedem Wurf ging sie einen Schritt zurück oder wich zur Seite aus, während er wie ein Felsen in der Landschaft nicht von seinem Platz wich und höchstens die Arme ein wenig weiter ausstreckte. Klar, daß der Ball ihm immer öfter entglitt oder an ihm vorbeirollte.
„Punkt eins“, sagte Tini, „egal, was los ist, schau den Ball immer an. Dann brauchst du auch keine Angst davor zu haben, daß er dich trifft. Verfolge ihn mit den Augen, bis du ihn in Händen hältst, kapiert? Punkt zwei, geh mit dem Körper mit. Du mußt nicht nur mit den Händen fangen, sondern mit deinem ganzen Körper. So, das üben wir jetzt mal.“
Es dauerte eine Weile, bis Andreas wirklich herausbekommen hatte, daß er den Ball anschauen mußte und nicht Tini. Immer wieder schaute er zwar im ersten Augenblick richtig hin, aber dann verlor sein Blick den auf ihn zufliegenden Ball wieder und landete bei Tini, während die Hände ins Leere griffen. Aber schließlich ertappte er sich bei seinem Hauptfehler, er zwang sich, den Ball nicht aus den Augen zu lassen — und siehe da, es klappte! Andreas lachte überrascht und glücklich auf. Automatisch hatte sein Körper die Bewegung mit vollzogen.
„Prima! Genau so! Das üben wir jetzt mal aus allen Richtungen und Entfernungen.“
Andreas war über seine neuen Fähigkeiten so erfreut, daß er gar nicht aufhören mochte. Aber Tini beschloß, noch ein wenig Konditionstraining hinzuzufügen. Zu viert liefen sie eine Strecke, machten Lockerungsübungen für Arme und Beine, übten Handstand, rollten rückwärts und vorwärts, machten Bodenturnen und schließlich noch ein paar Kraftübungen, bis alle vier erschöpft zu Boden sanken und es sich an der von der Frühlingssonne durchwärmten Friedhofsmauer bequem machten.
„Das war klasse!“ keuchte
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