Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tinnef

Tinnef

Titel: Tinnef Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Pittler
Vom Netzwerk:
heimlich, still und leise über die Bühne gehen lassen, oder wir ringen Sie da jetzt zu Boden und fixieren Sie. Was ist Ihnen lieber?“
    Baumgarten blieb die Sprache weg. „Das ist doch … unerhört! … So eine … Frechheit!“
    „Also, Herr Baron, komm ma jetzt mit oder nicht?“ Pokorny mimte den Gelangweilten und betrachtete während des Aussprechens dieser Worte seine Hand, die er mehrmals schnell zur Faust ballte. Das damit verbundene Signal blieb Baumgarten nicht verborgen. „Ich weiche der Gewalt … aber unter Protest. … Ich garantiere Ihnen, das wird Folgen haben … für Sie beide!“
    „Ja, ja, ist schon recht. Eine da!“ Pokorny schubste Baumgarten sanft in Richtung Wagen. Bronstein wandte sich an den Stehposten. „Sie sollten den diensthabenden Unteroffizier davon in Kenntnis setzen, dass er ab sofort bis zur Ablösung das Kommando hat. Der Herr Oberleutnant ist nämlich vorübergehend … indisponiert.“
    Während der Fahrt fluchte Baumgarten wie ein Rohrspatz und fand immer abenteuerlichere Formulierungen, mit denen er Bronstein und Pokorny einen baldigen Tod wünschte. Er glich in nichts einem Edlen von, sondern schien weit mehr ein Bierkutscher oder Hutschenschleuderer zu sein. Mit der Zeit gingen seine Verbalinjurien sogar Pokorny auf die Nerven: „Jetzt halt einmal die Pappn, du Safensiader. Sonst hau i da die Gummiwurst übers Happel. Hast mi?“
    Pokornys mit blecherner Stimme vorgetragene Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht, denn endlich verstummte Baumgarten und brütete den Rest der Fahrt wütend vor sich. Um von vornherein allfälligen Konflikten mit Nechyba aus dem Weg zu gehen, ließ Bronstein den Fahrer auf die Elisabethpromenade zuhalten, wo er Baumgarten einige Minuten vor elf Uhr in eine Zelle sperren ließ. „So, das hätt ma“, sagte er aufgeräumt zu Pokorny, „jetzt geh’n wir einmal etwas essen, und nachher schau’n wir weiter.“ Pokorny ließ sich das nicht zweimal sagen und folgte seinem Chef ins nächste Wirtshaus.
    Reichlich zwei Stunden später waren die beiden rundum satt und restlos zufrieden. Auf eine Frittatensuppe war ein Stephaniebraten mit Erdäpfelpüree samt gerösteten Zwiebeln gefolgt. Dann hatten sie sich noch einen Kapuziner gegönnt, zu dem sie, weil es gerade so passte, auch noch eine Virginier geraucht hatten. Endlich sah Bronstein auf die Uhr und meinte: „Jetzt miassat er waach sein.“
    Sie gingen zurück ins Polizeigefangenenhaus und ließen sich dort den Herrn Oberleutnant vorführen. Noch ehe dieser auf dem spartanischen Sessel Platz genommen hatte, fuhr ihn Bronstein schon an: „Du hast den Mészáros umbracht, und ich kann’s dir auch beweisen. Du hast nämlich einen dilettantischen Fehler g’macht. Also ist es besser, du legst nieder, sonst geht’s dir wie deinem Opfer und du baumelst von einem Strick. Aber im Hof vom Einserlandl …“
    „Das ist lächerlich, das muss ich mir nicht anhören! … Wissen Sie überhaupt, mit wem Sie es zu tun haben, Sie Unglücksmensch? Wenn mein Vater erfährt, dass Sie mich hier festhalten – und das wird er –, dann kommt er über Sie, und dann bleibt von Ihnen nichts übrig, aber auch schon überhaupt nichts.“
    „Da schau her“, schnarrte Bronstein mit vorgetäuschter Über legenheit, „aufmucken tun wir. Na dir werden wir die Wadeln schon nach vorne richten, du Hühnerdreck.“ Bronstein kam mit seinem Gesicht ganz nah an jenes von Baumgarten heran. Dann schrie er so laut, als wäre er eben von einem Bajonett durchbohrt worden: „Nummerier deine Baner, weil gleich nehm ich dich auseinander!“
    Baumgarten war zwar sichtlich erschrocken, aber er bewahrte die Fassung: „Mit roher Gewalt erreichen Sie gar nichts, Sie unzivilisierter Mensch. Sie haben kein Recht, mich hier festzuhalten. Ich betone noch einmal, dass ich mit dem Hinscheiden meines Kameraden Mészáros nicht das Geringste zu tun hatte. Mehr gibt es von meiner Seite zu dieser Sache nicht zu sagen.“
    „Oh doch“, mischte sich jetzt Pokorny ein, „mit dem Sessel, mit dem hast dich verraten. Wenn’s wirklich Selbstmord gewesen wär, dann wär der anders g’legen. Is er aber ned. Also war’s Mord. Und du bist der Mörder.“
    „Absurd. Absolut absurd. Ich habe mit der ganzen Angelegenheit nichts zu schaffen. Und wenn Sie mir endlich sagen würden, wann diese Tat überhaupt stattgefunden haben soll, dann bin ich mir sicher, dass ich Ihnen ein entsprechendes Alibi beibringen kann.“
    „Ah“, ätzte Pokorny, „er

Weitere Kostenlose Bücher