Titan 10
Doc!« riß Blakes Stimme ihn aus seinen Gedanken. »Sie gehen jetzt erst einmal beiseite, wenn Dr. Brown Hilfe braucht, werde ich jetzt einspringen. Ich habe die ganze Nacht wie ein Wickelkind geschlafen, bis heute morgen. Habe nicht einmal das Telefon gehört und wußte auch nicht, was hier geschehen ist, bis ich zum Tor kam. Sie ruhen sich jetzt erst einmal aus.«
Ferrel atmete erleichtert auf. Blake mußte zwar stockbesoffen gewesen sein, als er nach Hause kam – was erklären mochte, weshalb er das Telefon nicht gehört hatte –, aber seine animalische Vitalität hatte den Alkohol längst restlos verkraftet. Er sah aus wie immer, nur daß er nicht spitzbübisch grinste, als er neben Dr. Brown trat, um Jorgenson kurz zu untersuchen.
»Gott sei Dank sind Sie jetzt hier, Blake. Wie geht es Jorgenson?«
Browns Stimme war monoton; die Worte kamen im Rhythmus ihrer Finger. »Dann und wann schlägt das Herz wieder aus eigener Kraft, aber dieser Zustand hält nie lange an. Zumindest geht es ihm nicht schlechter als vorher.«
»Gut. Wenn wir es noch eine halbe Stunde schaffen, können wir ihn in eine Herz‐Lungen‐Maschine legen. Wo ist Jenkins?«
»Eine Maschine? Ach, die von Kubelik. Natürlich, als ich noch an der Mayo‐Klinik war, arbeitete er bereits daran. Bis dahin bringen wir Jorgenson auf jeden Fall durch, Dr. Ferrel.«
»Wo ist Jenkins?« wiederholte er scharf, als sie keine Anstalten machte, seine Frage zu beantworten.
Blake deutete auf Ferrels Büro, dessen Tür jetzt geschlossen war. »Dort drinnen. Aber lassen Sie ihn in Ruhe, Doc. Ich habe alles mit angesehen, und er macht sich furchtbare Vorwürfe. Er ist ein guter Junge, aber eben nur ein Junge, und die Ereignisse dieser Nacht hätten uns alle umwerfen können.«
»Das weiß ich auch.« Ferrel ging auf sein Büro zu, um sich dort eine Zigarette anzuzünden. Blakes ausgeruhtes Gesicht war wie eine Insel in einem Meer von Nervosität, Übermüdung und Erschöpfung. »Keine Angst, Dr. Brown, ich mache ihn schon nicht zur Schnecke, Sie brauchen Ihren Mann gar nicht so vehement zu verteidigen. Es war meine Schuld, ich wollte ja nicht auf ihn hören.«
Brown warf ihm einen kurzen, dankbaren Blick zu, und er schämte sich seiner überspitzten Reaktion, als er sich nach Jenkins erkundigt hatte. Wenn das noch lange so weiterging, würden sie bald alle in schlimmerem Zustand als der Junge sein, der mit dem Rücken zur Tür saß. Er hob den Kopf nicht, als Ferrel einen Arm auf seine Schulter legte, und seine Stimme klang seltsam gepreßt.
»Ich bin zusammengebrochen, Doc, ich habe völlig versagt. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen! Ich stand dort, Jorgenson mochte sterben, wenn ich mich nicht zusammenreißen würde, die ganze Fabrik würde in die Luft gehen, und das alles wegen mir. Ich redete mir ein, ich sei schon in Ordnung und könnte weitermachen, aber dann klappte ich zusammen. Ich schrie wie ein Baby! Dr. Jenkins, Arzt für Nervenkrankheiten!«
»Ja. Hier, trinken Sie das, oder muß ich Ihnen die Nase zuhalten und es Ihnen einflößen?« Das war ganz simple Psychologie, aber sie half. Ferrel gab ihm den Drink, und er leerte ihn in einem einzigen Zug. Dann zündete sich Ferrel eine Zigarette an und ließ sich in seinen Sessel fallen. »Sie haben mich gewarnt, Jenkins, Sie mit dieser Aufgabe zu betreuen, und ich habe nicht darauf gehört, also wird Sie niemand zur Verantwortung ziehen. Aber ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
»Nur zu, was macht das schon aus?« Vom etwas lebhafteren Ton seiner Stimme zu urteilen hatte Jenkins sich ein wenig erholt.
»Wußten Sie, ob Ihre Frau Jorgenson versorgen konnte? Und haben Sie Ihre Hände weggezogen, bevor die von Sue über den Ihren lagen?«
»Sie sagte mir, sie würde es schaffen. Vorher wußte ich es nicht, nur, daß die anderen nicht dazu in der Lage waren. Ich glaube, ja, Doc, ihre Hände waren über den meinen. Aber …«
Ferrel nickte, befriedigt, daß seine Vermutung zutraf. »Genauso habe ich es mir vorgestellt. Sie sind nicht zusammengebrochen, wie Sie es sich einreden wollen. Sie haben gewußt, daß Sue Sie ablöste, haben die Arbeit einfach einem anderen übertragen. Wenn man das ›Zusammenbrechen‹ nennt, bin ich auch zusammengeklappt. Ich sitze hier, rauche, rede mit Ihnen, und an sich müßte ich mich um Jorgenson kümmern. Aber zwei andere helfen ihm, einer davon völlig ausgeruht, die andere frischer als wir es noch sind. Was halten Sie davon?«
»Darum geht
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