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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Wenn ich mit dir in die Welt deines Verstandes gehe – oder wenn du auch allein gehst –, finden wir etwas, das von der sogenannten wirklichen Welt gar nicht so verschieden ist. Zuerst mag das so scheinen, da der Patient mit allen möglichen Phantasien, Irrationalitäten und schrecklichen Erfahrungen behaftet ist. Aber jeder lebt in solch einer Welt. Als ein klassischer Gelehrter den Satz ›Die Wahrheit ist seltsamer als die Erfindung‹ prägte, mag er daran gedacht haben. Wo immer wir uns auch befinden, was immer wir auch tun, sind wir von Symbolen umgeben, von so gewohnten Dingen, daß wir gar nicht darauf achten und sie überhaupt nicht bemerken. Wenn dir jemand genau schildern würde, was er sah und dachte, während er zehn Meter eine Straße entlangging, würdest du das verzerrteste, verschwommenste und unvollständigste Bild erhalten, auf das du je gestoßen bist. Und niemand betrachtet seine Umgebung mit solch einer Aufmerksamkeit, bis er einmal an einen Ort wie diesen kommt. Die Tatsache, daß er auf Vergangenes zurückblickt, spielt dabei gar keine Rolle; was zählt, ist, daß er jetzt klarer sieht, als er je zuvor dazu in der Lage gewesen ist, einfach weil er es einmal versucht.
    Jetzt zu den ›dreiunddreißig‹. Ich glaube, es gibt keinen schlimmeren Schock, als herauszufinden, daß man das Gedächtnis eines anderen in sich trägt. Das Ego ist zu wichtig, um es derart aufzugeben. Aber überlege: All deine Gedanken laufen in kodierter Form ab, und du hast einen Schlüssel für nur zehn Prozent von ihnen. Nun kommst du zu einem Kode, der dir abstoßend erscheint. Siehst du nicht ein, daß der einzige Weg zum Schlüssel darin liegt, aufzuhören, nicht daran zu denken?«
    »Sie meinen, ich hätte begonnen, mich mit… mit den Erinnerungen eines anderen daran zu erinnern?«
    »Dir erschien es eine Weile so, und das hat etwas zu bedeuten. Versuchen wir, die Bedeutung herauszufinden.«
    »Na schön.« Ich fühlte mich elend und müde. Und auf einmal begriff ich, daß dieses Übelkeitsgefühl und diese Müdigkeit ein Versuch waren, mich von den Gedanken abzuhalten.
    »Baby ist drei«, sagte er.
    »Baby ist vielleicht… drei, dreiunddreißig, ich, du, Kew, du.«
    »Kew!« schrie ich. Stern sagte nichts. »Sehen Sie, ich weiß nicht warum, aber ich glaube, ich weiß, wie ich dorthin gelange, und das ist nicht der richtige Weg. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich es anders versuche?«
    »Du bist der Doktor«, sagte er. Ich mußte lachen. Dann schloß ich die Augen. Dort, durch die Ecken der Hecken wuchsen Wiebel und Giebel von Fenstern bis in den Himmel. Rein war der Rasen, sauber und grün, und die Blumen blüh’n und schienen Angst zu haben, ihre Blütenblätter abzuwerfen und die Ordnung zu stören.
    Ich ging in meinen Schuhen die Auffahrt hinauf. Ich mußte Schuhe tragen, und meine Füße konnten nicht atmen. Ich wollte nicht zu dem Haus gehen, hatte aber keine andere Wahl.
    Ich ging die Stufen zwischen den großen weißen Säulen hoch und schaute die Tür an. Ich wünschte, ich könnte durch sie hindurchsehen, aber sie war zu weiß und zu dick. Über der Tür befand sich ein fächerförmiges Fenster, aber es war zu hoch. Auf jeder Seite der Tür waren ebenfalls Fenster, aber ihr farbiges Glas versperrte die Einsicht. Mit der Hand schlug ich gegen die Tür und ließ Dreck auf ihr zurück.
    Nichts geschah, also klopfte ich noch einmal. Die Tür wurde aufgerissen, und eine große, magere Farbige stand vor mir. »Was willst du?« fragte sie.
    Ich sagte, daß ich Miß Kew sprechen müßte. »Nun, Miß Kew sieht nicht gern welche von deiner Sorte.« Sie sprach zu laut. »Dein Gesicht ist schmutzig.« Da begann ich wütend zu werden. Ich bereute es schon wieder, überhaupt hierher gekommen zu sein, wo man im hellen Tageslicht an anderen Leuten vorbeigehen mußte. »Mein Gesicht geht Sie überhaupt nichts an«, sagte ich. »Wo ist Miß Kew? Los, suchen Sie sie!« Sie keuchte. »So kannst du mit mir nicht sprechen!« »Ich will überhaupt nicht mit Ihnen sprechen«, sagte ich. »Lassen Sie mich hinein.« Ich wünschte, Janie wäre hier. Janie wäre an ihr vorbeigekommen. Aber jetzt stand ich vor diesem Problem. Und ich löste es gar nicht gut. Sie schlug mir die Tür vor der Nase zu, bevor ich sie verfluchen konnte.
    Also begann ich gegen die Tür zu treten. Dabei sind Schuhe wirklich Klasse. Nach einer Weile riß sie die Türe so plötzlich auf, daß ich dabei fast hingefallen wäre. Sie hatte einen Besen geholt.

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