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Titan 11

Titan 11

Titel: Titan 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Sachen gleichzeitig arbeitet, wird das Unterbewußtsein oft verwirrt. In deinem Fall erkenne ich jetzt, was du sagen willst. Um diese enge Verbindung zwischen euch Kindern zu erhalten oder wieder herzustellen, mußtet ihr Miß Kew loswerden. Aber ich sehe darin keine Logik. Ich begreife nicht, warum dieses ›Eins‐sein‹ es wert war, eine neugefundene Sicherheit zu zerstören, die ihr bereits genossen habt.«
    »Vielleicht war es das auch nicht wert«, sagte ich verzweifelt.
    Stern beugte sich vor und deutete mit seiner Pfeife auf mich. »Doch, das war es, denn deshalb hast du getan, was du nun einmal getan hast. Vielleicht sieht jetzt alles ganz anders aus. Aber als du es getan hast, war es nur wichtig für dich, Miß Kew auszuschalten und die alte Ordnung wieder herzustellen. Warum, weiß ich nicht – und du auch nicht.«
    »Wie können wir es herausfinden?« »Nun, gehen wir zu dem ungemütlichsten Teil, wenn du dazu bereit bist.« Ich legte mich nieder. »Ich bin bereit.« »In Ordnung. Erzähle mir alles, was geschah, kurz bevor du sie getötet hast.«
    Ich tastete mich durch diesen Tag, versuchte, das Essen zu schmecken und die Stimmen zu hören. Etwas kam und ging und kam erneut: das Gefühl der harten, sauberen Bettücher. Ich wollte es beiseite schieben, da es ja am Tagesanfang vorkam, aber es kam zurück, und ich bemerkte, daß es das Ende des Tages war.
    »Was ich Ihnen gerade erzählt habe«, sagte ich, »das über die Kinder, die sich so benehmen wie andere Leute und nicht wie sie selbst, und daß Baby nicht redet und jeder glücklich war und ich schließlich Miß Kew töten mußte – ich habe lange gebraucht, um darauf zu kommen, und es war schwer, den Entschluß dazu zu fassen. Ich glaube, ich lag im Bett und dachte vier Stunden lang darüber nach, und dann stand ich auf. Alles war dunkel und ruhig. Ich ging aus dem Zimmer, durch das Wohnzimmer und in Miß Kews Schlafzimmer und habe sie getötet.«
    »Wie?« »Mehr ist nicht da!« schrie ich so laut, wie ich nur konnte. Dann beruhigte ich mich. »Es war schrecklich dunkel… und ist es immer noch. Ich weiß nicht. Ich will es auch nicht wissen. Sie hat uns geliebt, das weiß ich. Aber ich mußte sie töten.« »In Ordnung, schon gut«, sagte Stern. »Ich glaube, es hat keinen Zweck, dich so zu quälen. Du bist…«
    »Was?«
    »Du bist ziemlich stark für dein Alter, nicht wahr, Gerard?«
    »Ich glaube schon, auf jeden Fall stark genug.«
    »Ja«, sagte er. »Ich sehe diese Logik immer noch nicht, von der Sie gesprochen haben.« Ich begann, mit der Faust auf die Couch zu schlagen und stieß mit jedem Schlag eine Silbe aus. »Wa‐rum – muß‐te – ich – sie tö‐ten?« »Hör auf damit«, sagte er. »Du wirst dir weh tun.« »Ich will mir auch weh tun«, meinte ich. »Ah?« sagte Stern. Ich stand auf, ging zum Schreibtisch und trank etwas Wasser. »Was soll ich nun machen?«
    »Erzähl mir, was geschehen ist, nachdem du sie getötet hattest. In der Zeit, bevor du hierher kamst.«
    »Nicht viel«, sagte ich. »Es war ja erst letzte Nacht. Ich ging zurück zu meinem Zimmer, irgendwie betäubt. Ich zog mich an, nur die Schuhe nicht, die trug ich in der Hand. Dann ging ich hinaus, spazierte lange umher, versuchte zu denken und ging schließlich ins Postbüro, als es öffnete. Miß Kew hatte mich oft die Post holen lassen. Ich fand diesen Scheck von dem Preisausschreiben vor, löste ihn ein, eröffnete ein Konto und hob elfhundert Dollar ab. Dann kam ich auf die Idee, daß mir ein Psychiater helfen könnte, suchte den ganzen Tag einen und kam schließlich hierher. Das ist alles.«
    »Hattest du keine Schwierigkeiten, den Scheck einzulösen?«
    »Ich habe nie Schwierigkeiten, die Leute tun zu lassen, was ich von ihnen will.« Er hustete überrascht. »Ich weiß, was Sie jetzt denken – ich konnte aber nicht erreichen, daß Miß Kew tat, was ich wollte.« »Das auch«, gestand er ein.
    »Wenn ich das getan hätte«, sagte ich, »wäre sie nicht mehr Miß Kew gewesen. Aber bei dem Bankkassierer – ich brachte ihn nur dazu, ein Bankkassierer zu sein.«
    Ich sah ihn an und bemerkte plötzlich, warum er die ganze Zeit mit der Pfeife spielte. So konnte er sie anstarren, aber man war nicht in der Lage, seine Augen dabei zu sehen.
    »Du hast sie getötet«, sagte er, und ich bemerkte, daß er das Thema wechseln wollte, »und damit etwas zerstört, das dir wertvoll war. Aber es war dir nicht so wertvoll wie die Gemeinschaft mit den anderen Kindern. Und

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